Nachdem das Fantasy Filmfest 2015 in Köln in den ersten fünf Tagen mit diversen kleineren und größeren Höhepunkten durchaus zu begeistern wusste, war Tag 6 leider eher durchwachsen und am siebten Tag ging es weiter bergab. Keiner der drei gesehenen Filme hat einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen. Während der Geisterhorror Demonic durchschnittliche, unaufregende Genrekost vom Reißbrett bot, war Body, der erste Film des Tages, leider ein absoluter Reinfall. Der französische Streifen Night Fare schnitt noch am besten ab und hätte auch das Zeug zu einem kleinen Triumph gehabt, wäre da nicht das blöde Ende gewesen, das mir schon den einen oder anderen französischen Thriller in Vergangenheit ruiniert hat. Ausführlicher gibt es alles unten nachzulesen:
TAG 7
Holly (Helen Rogers), Cali (Alexandra Turshen) und Mel (Lauren Molina) sind drei gelangweilte junge Mädels, die es an Heiligabend im luxuriösen Haus von Calis steinreichem Onkel ordentlich krachen lassen – bis Holly irgendwann auffällt, dass das Haus gar nicht dem lieben Onkelchen gehört, sondern wildfremden Leuten. Die drei treten eine hektische Flucht an, rennen dabei aber den Hausmeister (Genre-Multitalent Larry Fessenden) um, der die Treppe runterfällt und mit offenbar gebrochenem Genick leblos liegen bleibt. Doch was tun? Polizei rufen, sich für die Taten verantworten und in den Knast gehen oder vielleicht die Situation zu eigenen Gunsten inszenieren? Schließlich kann ein Toter seine Seite der Geschichte nicht erzählen…
Body ist nach einem sehr simplen Muster gestrickt, bei dem drei durchschnittliche Leute in eine Ausnahmesituation geraten und Freundschaften und Moralvorstellungen einer harten Probe unterzogen werden. Die Charakterkonstellation ist dabei schon klar, noch bevor es überhaupt mit dem Hauptplot losgeht. Cali ist die partygeile, rücksichtslose und nicht sehr helle Bitch (und dementsprechend natürlich die einzige Blondine unter den drei), Helen ist die Gutmütige und Rechtschaffene im Bunde, die das ausgeprägteste Gewissen hat und Mel hat als graues Mäuschen eigentlich nicht wirklich eine eigene Meinung und lässt sich mal von Cali, mal von Helen zu irgendwas überreden. Solche Figurenzusammenstellungen kennt man bereits aus zig Filmen und auch das Dilemma der Hauptfiguren kommt einem irgendwie bekannt vor. Dass trotz nur 75-minütiger Laufzeit die erste halbe Stunde eigentlich nur mit blödem, langweiligem Gelaber der drei Schauspielerinnen verbracht wird, ist eigentlich unverzeihlich. Auch der plötzliche und absolut nicht zur Handlung beitragende Auftritt des Freundes einer der Hauptfiguren wirkt vollkommen deplatziert. Der Plot von Body reicht allenfalls für einen längeren Kurzfilm aus und auch dieser wäre immer noch keine Offenbarung. Keine der Figuren verdient auch nur ein Körnchen Sympathie und wenn das Filmende nach einer deutlich länger gefühlten als tatsächlichen Laufzeit dann da ist, beginnt der Film bereits damit, aus dem Gedächtnis zu schwinden. 1,5/5
Warum machen es handwerklich gute gemachte französische Thriller immer wieder? Nach einem sehr spannenden Aufbau, der den Zuschauer fesselt und einige Fragen aufwirft, wird das Ganze durch einen wirklich weit hergeholten, fast schon beliebig wirkenden Twist am Ende ruiniert. Das hat mir schon den Genuss von Das Imperium der Wölfe, Miserere und The Brotherhood of Tears beim Fantasy Filmfest etwas versauert und auch dem ansonsten sehr ordentlichen und kurzweiligen Night Fare tut die abwegige Wendung gegen Ende keinen Gefallen. Die etwa 70 Minuten davor weiß der größtenteils englischsprachige (da einer der Protagonisten Engländer ist) in bester Hitcher – Der Highwaykiller– bzw. Joyride-Manier zu unterhalten.
Chris (Jonathan Howard) und Luc (Jonathan Demurger) wollen eine nachtlang in Paris ordentlich einen draufmachen. Die beiden Jungs sind nicht gerade Chorknaben und haben ordentlich was auf dem Kerbholz, doch während Engländer Chris versucht, seine Vergangenheit hinter sich zu lassen, steckt Luc noch tief in Drogengeschäften drin. Den Taxifahrer um seine Rechnung zu prellen gehört da noch zu den eher kleineren Vergehen. Der imposante Taxifahrer sieht das aber anders und heftet sich an die Fersen der beiden. Mit unheimlicher, fast unmenschlich anmutender Präsenz lässt er sich weder von Gangstern noch von der Polizei aufhalten und hinterlässt eine Blutspur durch Paris.
Die Ausgangssituation ist simpel, funktionierte bereits in anderen Filmen und funktioniert auch hier gut. Ich kann nicht behaupten, Sympathie für einen unserer beiden Protagonisten empfunden zu haben, doch Regisseur Julien Seri zieht die Spannungsschraube ordentlich an und der Kickboxer Jess Liaudin, der den wortlosen Rächer der Nacht spielt, macht eine wirklich bedrohliche Figur. Er ist eine Naturgewalt, die durch nichts und niemanden aufzuhalten ist und gemeinsam mit ominösen Sprüchen über Schulden, die jeder begleichen muss, natürlich Fragen aufkommen lässt, ob etwas Übernatürliches hinter den Geschehnissen steckt. Ich schätze in manchen Fällen ist keine Erklärung besser als eine blöde und vielleicht hätte es dem Film gut getan, sein Ende einfach offen zu lassen. Denn als er sich aufmacht in den finalen Minuten aus dem Vorherigen Sinn zu machen, holt er so weit aus, dass man meint, in einem anderen Film gelandet zu sein. Eine zusätzliche Szene während des Abspanns ist dann nur noch albern. Schade. 3/5
Demonic ist mehr oder weniger die Definition eines "Fast Food"-Horrorfilms, in dem all die üblichen Elemente eines Geisterhaus-Horrorfilms verarbeitet werden. Produziert vom jungen Horror-Papst James Wan, der mit Insidious und Conjuring zwei sehr gute und erfolgreiche Vertreter des Genres in den letzten Jahren ins Leben rief (und natürlich Jahre zuvor mit Saw auch die Torture-Porn-Welle startete), ließ sich Regisseur Will Canon bei Demonic offensichtlich von seinen Filmen sehr inspirieren – aber ebenso auch von jedem anderen Geister- oder Dämonenfilm, der in den letzten 20 Jahren produziert wurde. Eine Gruppe junger Studenten, die das Paranormale erforschen, versammelt sich in einem verlassenen Haus, in dem viele Jahre zuvor nach einem okkulten Ritual zu einem Massaker kam. Natürlich ist die beste Idee, die ihnen dann in den Sinn kommt, das gleiche Ritual noch einmal zu wiederholen – mit ähnlichem Ausgang. Erzählt wird dieser Teil der Geschichte jedoch in Flashbacks, denn der Film beginnt damit, dass die Polizei im besagten Haus einige über zugerichtete Leichen und einen traumatisierten Überlebenden (Dustin Milligan) findet. Polizeipsychologin Elizabeth (Maria Bello) versucht durch ihn die Geschehnisse zu rekonstruieren und zweifelt langsam am eigenen Verstand.
Demonic mag von James Wan produziert worden sein, doch an seine toll inszenierten und ins Mark treffenden Gruselstreifen kommt er nicht heran, obwohl der Regisseur die gesamte Horror-Trickkiste hier durchgeht: zufallende Türen, schreckliche Visionen in Spiegeln, Geisterwesen, die man nur durch die Kamera sieht und "Da ist etwas hinter dir"-Momente kommen allesamt zum Einsatz. Manches davon funktioniert und ich werde nicht leugnen, dass der Film einige spannende Stellen und gelungene Jump Scares aufweist. Doch Will Canon, der mit dem Thriller Brotherhood beim Fantasy Filmfest vor einigen Jahren einen sehr gelungenen Einstand feierte, ist so sehr mit Horroreffekten beschäftigt, dass die Charaktere dabei völlig auf der Strecke bleiben. Insbesondere das Schicksal der jungen Leute, zu denen auch die eigentlich sympathische Cody Horn (Magic Mike) gehört, kümmern einen nicht die Bohne und erprobte Darsteller wie Maria Bello und Frank Grillo sind in ihren Rollen sträflich unterfordert. Der finale Twist ist zwar durchaus überraschend, doch andererseits erwartet auch jeder genreerprobte Zuschauer, dass ein Twist kommen würde, denn der Film befolgt haargenau das abgenutzte "Geisterfilme für Dummies"-Handbuch.
Demonic ist harmlose Horrorunterhaltung, mit der man sich durchaus einen ruhigen Abend daheim vertreiben kann, der aber in keiner Weise aus der schieren Masse solcher Filme hervorsticht. 2,5/5
____________________________________________________________
In der morgigen Ausgabe meines Fantasy Filmfest 2015 Tagebuchs erwarten Euch teleportierende Teenager, ein Voyeur von Beruf und die guten, alten Werwölfe.
Bisherige Ausgaben: