Ghostbusters, USA 2016 • 116 Min • Regie: Paul Feig • Mit: Kristen Wiig, Melissa McCarthy, Kate McKinnon, Leslie Jones, Chris Hemsworth, Neal Casey • FSK: n.n.b. • Kinostart: 4.08.2016 • Deutsche Website
Handlung
Dr. Erin Gilbert (Kristen Wiig) und Dr. Abby Yates (Melissa McCarthy) sind eigentlich Freundinnen seit Kindheitstagen, interessiert am Paranormalen und haben gemeinsam ein Sachbuch verfasst, das die Existenz von Geistern postuliert. Dieses machte die beiden zum Gespött in der wissenschaftlichen Gemeinde. Während Abby ihrem Glauben treu blieb, kehrte Erin den Theorien und damit auch ihrer besten Freundin den Rücken. Mehrere Jahre vergehen und Erin steht kurz davor, einen Lehrstuhl an der prestigeträchtigen Columbia University von New York angeboten zu bekommen, als plötzlich ihr Buch auf Amazon auftaucht und droht, ihren Ruf als seriöse Wissenschaftlerin zu diskreditieren. Wutentbrannt konfrontiert sie Abby, die mittlerweile gemeinsam mit der exzentrischen wie genialen Nuklearingenieurin Holtzmann (Kate McKinnon) das Paranormale erforscht und offenbar kurz vor einem Durchbruch steht. Wie das Schicksal es so will, kommt dieser mit der Ankunft der mittlerweile skeptischen Erin. Nach einer hautnahen (und schleimigen) Begegnung mit einem Geist, glauben die drei an die größte Entdeckung ihres Lebens. Zu blöd, dass der Rest der Welt sie für Schwindler hält. Um es allen zu beweisen, müssen sie einen Geist einfangen. Dazu gründen sie das Institut für metaphysische Untersuchungen und gehen gemeinsam mit der U-Bahn-Angestellten Patty (Leslie Jones), ihres Zeichens Expertin für New Yorker Geschichte, auf Geisterjagd. Dabei kommt das Geisterjägerinnen-Quartett finsteren Vorkommnissen auf die Spur. Wenn New York am Rande einer Apokalypse steht, stellt sich dann allen die Frage: "Who you gonna call?"
Kritik
Ich bin sicherlich noch nicht so weit, mich als einen Veteran unter Filmfans zu bezeichnen, doch mehr als mein halbes Leben lang sind Filme mein größtes Hobby gewesen und sind mit der Zeit auch zu einem großen Teil meines privaten und beruflichen Lebens geworden. In all den Jahren ist mir kein anderer Film begegnet, dem noch Monate vor seinem Kinostart so viel Hass und Ablehnung entgegenschlug, wie Paul Feigs Remake von Ghostbusters, das kommenden Monat auch in unseren Kinos startet. Liest man manche Kommentare zum Film durch, könnte man meinen, er sei eine Adaption von "Mein Kampf" produziert vom Ku-Klux-Klan. Zumindest in gewissen Schichten wäre ein solcher Film vermutlich immer noch auf bessere Resonanz gestoßen als Ghostbusters. Die Hasstiraden reichten von genereller Ablehnung gegenüber jeglichen Remakes des beliebten Originalsfilms (verständlich) über leicht (?) misogyn angehauchte Anmerkungen, die unterstellten, Ghostbusters haben grundsätzlich nur Männer zu sein, bis hin zu ganz offenen Angriffen auf das Aussehen der Hauptdarstellerinnen des Films, was zwangsläufig die Frage aufwirft, ob der Hass auch so groß gewesen wäre, wenn alle Darstellerinnen dem Schönheitsideal Hollywoods entsprächen und regelmäßig die Cover von GQ, Vanity Fair oder Esquire zierten. Für gewöhnlich würde eine solche, hauptsächlich auf das World Wide Web beschränkte Kontroverse nicht den Einzug in meine Filmkritik finden, doch in diesem Fall erreichte sie solche Ausmaße, dass man schlicht nicht umhin kommt, sie anzusprechen.
Doch auch falls jemand hoffte, dass Ghostbusters die Mutter aller Remakes wird, den Hatern einen riesigen Mittelfinger zeigt und zu einem eigenständigen Meisterwerk wird, muss ich sie an dieser Stelle enttäuschen. Denn nach erfolgter Sichtung des Films, ist es mir rätselhafter denn je, wie ein so harmloser Film so viel Hass auf sich ziehen konnte. Denn genau das ist der neue Ghostbusters: harmlos. Das kann man als Kompliment in den Augen derer auffassen, die das Schlimmste befürchteten, oder auch als Vorwurf, denn der Geschlechtertausch der Protagonisten ist wirklich das mit Abstand größte Risiko, das die Macher auf sich genommen haben. Die Tatsache, dass es Frauen sind, spielt innerhalb des Films eine bestenfalls untergeordnete Rolle. Wer also eine feministische Botschaft über Frauen, die sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten, erhofft (oder befürchtet), muss diese woanders suchen. Ghostbusters ist kein schlechter Film, aber er spielt sehr auf Nummer sicher. Es ist ironisch bis absurd, dass es Vorwürfe hagelte, der Film würde das Erbe des Originals und die Kindheiten vieler Filmbegeisterter vergewaltigen (ja, genau das Wort fiel des Öfteren im Kontext), denn das Original wird hier äußerst respektvoll behandelt. Manchmal bedeutet das liebevolle Verneigungen (die bis in die Szene nach dem Abspann hineinreichen), gelegentlich auch direkte Kopien. Sogar Ray Parker Jr.s Ohrwurm wird mindestens genau so viel wenn nicht mehr Platz eingeräumt wie Missy Elliotts neuem Song. Einen Preis für Originalität wird Ghostbusters nicht gewinnen, nicht einmal unter Blockbuster-Remakes. Doch was am Ende zählt, ist, dass der Film Spaß macht, und das hat er hauptsächlich seiner Besetzung zu verdanken.
Ausgerechnet der Aspekt des Films, um den sich der Großteil der Kontroverse dreht, ist auch die Rettung des ansonsten etwas redundant wirkenden Werks. Der erste Blick auf die Zusammenstellung der Figuren lässt vielleicht den Anschein erwecken, man hätte direkte Pendants zu Peter, Ray, Egon und Winston aus den Originalfilmen zusammengestellt. Wir haben schließlich auch hier die Skeptikerin, die kindlich begeisterte Glaubende, die sozial etwas ungeschickte Technikerin und die afroamerikanische Figur, die als letzte zum Team hinzukommt und mit dem wissenschaftlichen Geschwafel der anderen wenig anfangen kann. Mit Sicherheit haben sich Paul Feig und Katie Dippold bei ihrem Drehbuch von diesem Grundgerüst inspirieren lassen, doch Wiig, McCarthy, McKinnon und Jones lassen ihre Figuren sich auf eigene Weisen entfalten. Wem es vor einer schrillen McCarthy à la Brautalarm oder Taffe Mädels graut, kann unbesorgt sein, denn sie schraubt ihre laute Art für den Film deutlich runter. Sowohl McCarthy als auch Wiig spielen ihre Rollen zurückhaltend, etablieren aber schnell echte Freundinnen-Chemie miteinander. Leslie Jones’ Patty ist wirklich kein Vergleich zu Ernie Hudsons Winston. Hudson in allen Ehren, doch in Ivan Reitmans Filmen war Winston immer noch "der vierte Ghostbuster", dessen Persönlichkeit keine Rolle spielte. Nicht alle improvisierten Einlagen der "Saturday Night Live"-Komikerin zünden, doch der Charakter fühlt sich wie ein echtes und wertvolles Mitglied des Teams an.
Es ist aber Kate McKinnons Holtzmann (ja, sie hat auch einen Vornamen), mit der der Film für viele stehen oder eben fallen wird. Abgesehen von der Affinität für das Technische, ist keine Spur von Egon Spengler in ihr und das ist auch gut so. In jeder ihrer Szenen geht eine unbändige, sehr schräge Energie von ihr aus. Sie ist unvorhersehbar, sarkastisch, kokett und manchmal einfach nur durchgeknallt, als sei sie in einem Paralleluniversum zum Rest des Films. Manche Zuschauer wird sie auf die Palme treiben, für mich war McKinnon ein reiner Genuss. Der einzige, der mit ihr mithalten kann, wenn auch mit einer traditionelleren Performance, ist Chris Hemsworth als Kevin, der gutaussehende, aber grenzdebile Sekretär der Ghostbusters. Wer das mittelprächtige Vacation-Remake aus dem letzten Jahr gesehen hat, weiß um das komödiantische Talent des Marvel-Stars, doch hier bringt er es auf ein ganz neues Level und dieses erreicht im Abspann seinen Höhepunkt.
Wie die meisten bereits wissen, erwarten die Zuschauer Gastauftritte von nahezu allen Stars des Originalfilms. Diese wirken mal mehr, mal weniger aufgesetzt, wobei gerade die letzten beiden Cameos punkten. Leider geht auch die Rolle von Neal Casey, dem eigentlichen Bösewicht des Films, kaum über ein erweitertes Cameo hinaus, was schade ist, denn in seinen wenigen Szenen zeigt er durchaus Potenzial.
Während die meisten Lacher des Films auf die Konten von McKinnon und Hemsworth gehen, ist Ghostbusters durchweg amüsant, auch wenn das Zwerchfell nur selten stark beansprucht wird. Nach einem sehr guten Aufbau macht der Film gerade gegen Ende den Fehler, den Fokus mehr auf effektreiche, große Actionsequenzen gegen die Geister (der Marshmallow-Mann lässt grüßen) zu verschieben. Die Effekte sehen fabelhaft aus, das Geister-Design ist innovativ (aber natürlich wird auch hier an jeder Ecke dem Original behuldigt), doch damit kann man die Zuschauer im Jahre 2016 auch nicht mehr vom Hocker reißen, ebenso wenig wie mit größtenteils überflüssigem 3D. Man wünscht sich mehr Interaktion zwischen den Hauptdarstellerinnen, doch der Film spendiert stattdessen jeder Dame eine eigene Actionsequenz (und auch hier ist McKinnons Auftritt das große Highlight). Und dann ist der große Showdown beinahe abrupt vorüber und die Gefahr eines drohenden Weltuntergangs nie wirklich spürbar. Aber immerhin sind die vier Geisterjägerinnen wieder beisammen, sodass man als Zuschauer ihre Chemie weiter auskosten kann.
Fazit
Der neue Ghostbusters ist vermutlich der harmloseste Film aller Zeiten, um den es je eine große Kontroverse gab. Wenn man Paul Feigs unterhaltsamer Neuverfilmung etwas vorwerfen kann, dann ist es, dass sie zu sehr auf Nummer sicher spielt, keine Risken angeht, wenig Neues beisteuert und das Original auf einen sehr hohen Podest stellt. Die toll aufeinander eingespielte Besetzung, mit Kate McKinnon und Chris Hemsworth als Most Valuable Players, rettet den Film vor der Mittelmäßigkeit.
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