Guardians of the Galaxy Vol. 2, USA 2017 • 137 Min • Regie: James Gunn • Mit: Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Bradley Cooper, Kurt Russell, Michael Rooker, Vin Diesel, Karen Gillan, Elizabeth Debicki • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 27.04.2017 • Website
Handlung
Jedermanns Lieblings-Weltraumhalunken sind zurück! Nachdem sie die Galaxie gerettet haben, verdingen sich Star-Lord (Chris Pratt), Gamora (Zoe Saldana), Drax (Dave Bautista), Rocket (Bradley Cooper) und Groot (Vin Diesel), der noch in seiner Babyphase ist, dank ihrem neuen Ruf recht erfolgreich als Söldner. Gerade haben sie die Energiebatterien der genetisch perfektionierten, goldenen Rasse Die Sovereign, angeführt von der herablassenden Ayesha (Elizabeth Debicki), vor einem furchterregenden interdimensionalen Tentakelmonster gerettet und dafür eine ungewöhnliche Bezahlung erhalten – Gamoras Stiefschwester Nebula (Karen Gillan). Diese wollen die Guardians gegen ein hohes Kopfgeld eintauschen, das auf sie ausgesetzt wurde. Doch Rockets Habgier und flinke Finger führen dazu, dass sie schon bald von einer Armada aus ferngesteuerten Kampfschiffen verfolgt werden. In letzter Sekunde werden sie von einer einsamen Gestalt gerettet, können jedoch die Bruchlandung auf einem fremden Planeten nicht mehr verhindern. Der geheimnisvolle Retter in Not (Kurt Russell) folgt ihnen mit seinem Raumschiff und stellt sich als die letzte Person vor, die sie erwartet hätten: Peters Vater. Dieser nennt sich Ego, verfügt offenbar über immense Kräfte und möchte dass Peter ihn zu seinem Heimatplaneten begleitet. Die Freude und die Neugier hinsichtlich seiner Herkunft überwiegen jegliche Skepsis und Peter, Gamora und Drax machen sich gemeinsam mit Ego zu dessen Planeten auf. Derweil bleibt Rocket mit Baby Groot zurück, um das angeschlagene Schiff zu reparieren und Nebula zu bewachen. Doch Die Sovereign sind mit den Guardians noch nicht fertig und heuern Peters alten Bekannten Yondu (Michael Rooker) und seine Ravagers-Crew an, damit sie ihnen das Quintett zurückbringen.
Kritik
2014 war ein transformatives und entscheidendes Jahr für die Zukunft des noch verhältnismäßig jungen, aber bereits sehr erfolgreichen Marvel-Kinouniversums. Phase Eins wurde zwei Jahre zuvor mit The Avengers, dem bis dato unter den meisten Fans beliebtesten Film des MCU abgeschlossen, doch die beiden Nachfolger Iron Man 3 und Thor – The Dark Kingdom spalteten die Zuschauer. Beide waren immer noch unterhaltsame Blockbuster an und für sich, doch sie trugen kaum Neues zum großen Universum bei und es beschlich einige die Befürchtung, dass die Kollaboration von Disney und Marvel ihren Höhepunkt bereits erreicht und hinter sich gelassen haben könnte. Dann kamen zwei Filme, die uns alle eines Besseren belehrt und das Marvel Cinematic Universe von heute maßgeblich geformt haben. Der Unterschied zwischen dem nüchternen, weitgehend bodenständigen The Return of the First Avenger (OT: Captain America: The Winter Soldier) und dem bunten Weltraumspaß von Guardians of the Galaxy konnte kaum größer sein und zeigte die vielfältigen Facetten des Marvel-Universums auf. Dank Marvels Bereitschaft, mit der eigenen Formel zu experimentieren und Filmemachern, die noch nie im Blockbustergeschäft tätig waren, zwar die Richtung zu zeigen, aber ihnen ansonsten ihre kreativen Freiheiten zu überlassen, sind zwei Filme entstanden, die bis heute zu Recht zu den besten des Marvel-Universums zählen. Gerade Guardians of the Galaxy war ein Film, der durch seine Eigenständigkeit innerhalb des Marvel-Universums auch von vielen regulären Zuschauern genossen wurde, die mit den bisherigen irdischen Comicadaptionen wenig anfangen konnten. Zugleich legten beide Filme auch das Fundament für entscheidende Ereignisse von Phase Drei und die unausweichliche Zusammenführung aller Helden im großen Kampf gegen Oberbösewicht Thanos.
Natürlich legten beide Filme auch die Messlatte für ihre unmittelbaren Franchise-Nachfolger sehr hoch. Wenn man bereits sehr weit oben startet, kann man sich schwer steigern, aber dafür schnell fallen – man denke nur an Iron Man 2. Dass es aber auch anders geht, zeigten Joe und Anthony Russo mit The First Avenger: Civil War, indem sie die Einsätze erhöhten und den Superhelden-Cast des Films gegenüber dem Vorgänger mehr als verdoppelten, ohne dabei jedoch jemals den klaren Fokus auf die Geschichte zu verlieren, die sie konsequent erzählten. Mit Guardians of the Galaxy Vol. 2 wählte Regisseur und Drehbuchautor James Gunn einen etwas konservativeren Ansatz und hielt sich an dem fest, was im ersten Film bereits so gut funktionierte: sympathische Antihelden, anarchischer Humor, freche Sprüche ("Trash panda"!), ein flottes Erzähltempo, bunte Weltraumaction und ein fetziger Soundtrack. Die gute Nachricht ist, dass es fast genau so gut funktioniert wie beim ersten Mal. Natürlich kann es nur ein erstes Mal geben; und Vol. 2 hat nicht mehr den Bonus, dass wir diese schräge Welt und ihre liebenswert-schrulligen Charaktere zum ersten Mal kennenlernen dürfen. Es ist immer noch ein großartiger Spaß ohne Durchhänger oder zähen Momente, doch ohne den Neuheitswert und der Frische des Vorgängers erreicht die Begeisterung nicht ganz die schwindelerregenden Höhen des Originals.
Was dem Film jedoch an Frische und Innovation fehlt, macht er durch ein planetengroßes Herz wieder wett. Es ist schon interessant, dass gleich zwei Blockbuster, die diesen Monat in die Kinos kommen, von bunt zusammengewürfelten Outlaw-Familien handeln (der andere ist natürlich Fast & Furious 8). Familie ist das Thema, das den Film zusammenhält und den emotionalen Kern des Sequels bildet. Peters Sehnsucht nach einer Familie spielt genau so eine große Rolle wie die komplexe Beziehung zwischen Nebula und Gamora, Rockets Angst, sich an seine neu gefundenen Freunde zu binden, oder Yondus Zuneigung gegenüber Peter. Als hartgesottener Krimineller mit einem Herz aus Gold hat Michael Rooker eine noch größere Rolle als im letzten Film und macht Yondu zu einem der besten Charaktere der Fortsetzung. Die Chemie stimmt wieder zwischen allen Charakteren und man hat den Eindruck, dass sie bereits einige Zeit miteinander verbracht haben, frühere Differenzen überwunden und neue entdeckt haben. Es wird regelmäßig gezankt, doch wenn es ans Eingemachte geht, halten sie sich gegenseitig den Rücken frei – wie eine echte Familie. Guardians of the Galaxy Vol. 2 hat den größten emotionalen Kern unter allen bisherigen Filmen des Marvel Cinematic Universe, driftet jedoch nie in unnötige Sentimentalität ab. Immer wenn eine Szene droht, zu ernst zu werden, lockert James Gunn sie mit einem lustigen One-Liner auf, sodass der Film die Balance zwischen ernst und lustig halten kann. Die Charakteren und die Themen des Originals werden weiterentwickelt, ohne dass der Film seine Wurzeln verrät.
Neben James Gunn liegt es natürlich auch an der bestens aufgelegten Besetzung, dass Vol. 2 mit seinem Vorgänger mithalten kann. Noch mehr als im ersten Film gehen die komödiantischen Highlights auf das Konto von Dave Bautistas Drax (auch wenn keiner seiner One-Liner hier den Spruch mit schnellen Reflexen aus dem ersten Film erreicht). Seine Szenen mit der liebenswerten Franchise-Newcomerin Pom Clementieff als schüchterne Mantis wechseln gekonnt von urkomisch zu überraschend rührend. Und für alle Groot-Fans: die knuffige Baby-Version des lebenden Baums ist so unwiderstehlich süß, dass dies sogar für einen eigenen Witz innerhalb des Films sorgt, und hat gleich zu Filmbeginn eine unvergessliche Szene zu denn großartigen Klängen von ELOs "Mr. Blue Sky". Spätestens nach dieser wird jedes Kind (und alle jung gebliebenen Erwachsenen) einen Baby Groot zu Hause haben wollen.
Eine echte Freude bereitet auch der Auftritt von Kurt Russell, dessen Part im Marketing zum Glück recht kurz gehalten wurde. Im Gegensatz zu Fast & Furious 8 wird er hier jedoch nicht komplett verschwendet, sondern hat eine facettenreiche Rolle und kann sein natürliches Charisma zur Geltung bringen kann. Nach Auftritten in Bone Tomahawk und The Hateful 8 genießt Russell das Wiederaufleben seiner Karriere in vollen Zügen und bringt als Ego die nötige überirdische Ausstrahlung mit, mit der er jeden Raum füllt, den er betritt. Trotz seiner Verfehlungen bleibt Ego nicht unsympathisch und seine Gefühle gegenüber Peter und dessen Mutter wirken echt. An dieser Stelle gebührt ein doppeltes Riesenlob an die Effekteabteilung des Films. Zum einen sind die Verjüngungseffekte an Kurt Russell in einer Flashbackszene hervorzuheben. Diese haben in den letzten Jahren einen echten Quantensprung gemacht und Russell sieht in der besagten Szene aus, als sei er glatt von Set von Big Trouble in Little China rüberspaziert. Zum anderen – und das wird gerade die Comicleser freuen – gelingt dem Film tatsächlich eine interessante und durchaus getreue Umsetzung von Russells Charakter als der lebende Planet aus den Comics. Zudem strotzt der Film vor vielen weiteren großartigen visuellen Einfällen, von denen mindestens einer im großen Finale für Begeisterung und Beifall im Publikum sorgen sollte. Auch die 3D-Effekte sind, insbesondere für einen nachträglich konvertierten Film, überraschend gut.
Manch einer wird vielleicht bemängeln, dass Guardians of the Galaxy Vol. 2 seinem Vorgänger gegenüber nicht noch einen draufsetzen kann und der bewährten Formel treu bleibt, ohne Neues auszuprobieren oder die Geschichte auf Avengers: Infinity War bedeutend hinzuentwickeln (dessen Bösewicht Thanos wird zwar mehrfach erwähnt, taucht im Film jedoch nicht auf). Doch es ist eine beachtliche Leistung, dass er nicht nur den Spaßfaktor und die Gagdichte des Originals konstant halten kann, sondern dass ein Film mit einem sprechenden, schießwütigen Waschbär, einem wortarmen lebenden Babybaum und außerirdischen Wesen in allen Farben des Regenbogens in richtigen Momenten aufrichtig ans Herz geht, ohne zu kitschig zu wirken. Hut ab an James Gunn für das aktuell beste Franchise des Marvel-Kinouniversums.
Fazit
Man sucht sich seine Familie nicht aus, doch manchmal findet sie einen selbst, wenn man es am wenigsten erwartet. Das ist das Thema von Guardians of the Galaxy Vol. 2, der zwar nicht mehr die Frische seines Vorgängers besitzt, dafür aber den größten emotionalen Kern unter allen bisherigen Marvel-Abenteuern. Mit viel Humor, Herz, fantastischen visuellen Einfällen, einer liebevollen Weiterentwicklung seiner Hauptfiguren und einem großartigen Kurt Russsell auf dem Hoch seines Karriere-Revivals zeigen James Gunn und Marvel, wie ein gutes Sequel sein sollte. Fans des Originals werden nicht enttäuscht sein!
[…] Filmfutter 4,5/5 […]