"Hannibal" S03E04 "Aperitivo" Kritik

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Der Artikel enthält einige "Hannibal"-SPOILER zur besprochenen Folge!

Nach einigen technischen Problemen kehren wir etwas verspätet in die Welt von "Hannibal" zurück und werden mit der neuen Folge "Aperitivo" zurück in die Vergangenheit geschleudert. Dem Namen des appetitanregenden Getränks gerecht werdend steigert die Folge die Spannung und gibt außerdem endlich preis, welche der Charaktere die zweite Staffel überlebt haben, und mit welchen Narben sie nun leben müssen. So beginnt auch die Folge schon gleich mit zwei Personen, von denen wir längere Zeit nichts mehr gesehen haben: Mason Verger und Dr. Frederic Chilton. Trotz all dem Make-up fällt einem unweigerlich auf, dass Joe Anderson für Michael Pitt einspringen musste, der nach seinem genialen Auftritt in Staffel 2 leider die Serie verließ, doch das nimmt dem Charakter nicht seinen unheimlichen Charme.

Die beiden stehen sich als Opfer des Kannibalen gegenüber, jeder mit seinen eigenen Spuren im Gesicht und jeder auch auf der Suche nach ihrem Peiniger. Doch während Mason Verger eine pompöse Rache an Hannibal Lecter plant ist Dr. Chilton wohl eher interessiert daran den Serienmörder in seine Anstalt zu bekommen, um sich mit ihm zu beschäftigen. Somit kommt es zu keiner Einigung der beiden, und nachdem sie nicht nur optisch ihre wahren Gesichter entblößen, gehen die beiden wieder auf getrennten Wegen.

Now we can talk face to face.

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Hannibal Aperitivo Kritik

Auch kehren wir zurück ans Krankenbett von Will Graham, der kurz noch Abigails Silhouette sieht, bevor eigentlich Frederic an seinem Bett steht, natürlich eine klare Anspielung an die fantastische Episode "Primavera". Auch mit ihm hält er ein kleines Pläuschchen und versucht ihn als Verbündeten zu gewinnen, doch nachdem Will keine Lust hat noch eine Freundschaft mit einem seiner Psychiater zu vertiefen, muss Dr. Chilton die Absage akzeptieren, jedoch nicht ohne noch einen sehr schön formulierten Spruch abzulassen:

The optimist believes we live in the best of all possible worlds. The pessimist fears this is true.

Zu guter Letzt lässt sich Chilton auch bei Dr. Alana Bloom blicken, deren schicksalhafter Sturz aus Staffel 2 ihr einige Brüche zugefügt hat, weswegen sie sich von nun an wie Chilton mit einem Krückstock durch den Alltag kämpfen muss. Doch auch hier findet er nicht wirklich Anklang, und während er scheinbar alle Seriencharaktere abklappert und wir zunehmend Sympathie zu ihm bekommen, merken wir auch, wie stark sich die restlichen Charaktere voneinander isoliert haben und inzwischen gänzlich andere Ziele verfolgen. Sehr klar wird dies auch bei einem erneuten Besuch des Schauplatzes, an dem sich das Gemetzel abspielte. Alana Bloom rollt mit einem Rollstuhl an und trifft auf Will Graham, der es ablehnt mit ihr zu reden, stattdessen mit Abigail in seinem "Mind Palace" allein sein will. Auch er hat einen sehr starken Satz, den er uns um die Ohren haut:

Friendship with Hannibal is blackmail elevated to the level of love. A mutually unspoken pact to ignore the worst in one another in order to continue enjoying the best.

Hannibal Aperitivo Kritik

Überhaupt besteht diese Folge weniger aus Handlung oder gar einem Storyverlauf, nein immer wieder werden neue Dialogszenen zwischen zwei Charakteren aufgebaut, die die Spannung auf die Spitze treiben sollen. Auch Jack Crawford und Will Graham sehen sich wieder und die Frage drängt sich auf, warum Will Hannibal am Ende der zweiten Staffel vor Jack gewarnt hatte. Die Antwort scheint irgendwie logisch, kommt jedoch gleichzeitig mit einer ungemein düsteren Fassungslosigkeit:

Because he was my friend and I wanted to run away with him.

Schon in der letzten Folge "Secondo" deutete sich immer mehr an, dass Will alles andere als der nette Protagonist der Serie ist. Diesen Will Graham gibt es schon lange nicht mehr. Doch heißt das, dass Will sich immer noch danach sehnt, mit Hannibal zusammen zu sein, weil er sich von ihm verstanden fühlt wie von keinem anderen? Man sollte nicht vergessen, dass dieses Verständnis zu großen Teilen einfach nur aus Manipulation besteht, und dem gezielten brechen des Vertrauens zueinander von beiden Seiten. Wills Position in all dem wird immer deutlicher, nimmt seinen eigentlichen Plan aber trotzdem nicht vorweg, der, wie so vieles in der Serie, im Dunkeln weiter verborgen lauert.

Jack Crawford muss sich in der Zeit mit dem Tod seiner Frau herumschlagen, den er zwar am Ende verursacht, doch der schließlich unausweichlich immer näher rückte. Unglaublich schön inszeniert wirken die folgenden Szenen, in denen Jack und Bellas Hochzeit zusammen mit Bellas Beerdigung verschmelzen (eine Inszenierung die erneut stark an "Primavera" erinnert, wo Will Grahams ärztliche Behandlung mit Abigails Bestattung verschmolz). Marc Jobst, der Vincenzo Natali nach den ersten drei Folgen nun als Regisseur ablöst, versteht sein Handwerk und beschert uns viele detaillierte Nahaufnahmen und schön gefilmte Szenen der tatsächlich existierenden Charaktere, nachdem Natali ja oft sehr stark ins surreale driftete.

Hannibal Aperitivo Kritik

Auch sehr interessant gestaltet ist die Szene, in der sich Dr. Bloom mit Mason Verger trifft. Mit auffälliger Colorkey-Technik wird die Farbe Rot auf Alanas Lippen und auf ihrem Kleid stark hervorgehoben, der Hintergrund, vor dem die beiden sich unterhalten, wirkt beinahe wie ein Greenscreen und lässt die Begegnung umso markanter im Gedächtnis bleiben. In dieser Szene wird auch Alanas Motivation klarer, als sie sich als Masons neue Therapeutin überraschend interessiert daran zeigt, Dr. Lecter in seine Falle schnappen zu lassen. Welche Rolle dabei Masons Pfleger Dr. Cordell Doemling noch haben wird liegt vorerst in den Sternen.

Die Spannung steigt weiter ins Unerträgliche. Auch diese Folge gestaltet sich eher als ruhig, doch macht sie umso mehr Spaß dadurch, dass Dr. Chilton uns von einem unserer altbekannten Charaktere zum nächsten führt und uns dieser Aperitif noch mal als kleiner Happen dienen soll, bevor es in Italien wieder zur Sache geht und wir uns auch endlich wieder auf Hannibal Lecter freuen dürfen, der in dieser Folge ja in persona gar nicht auftaucht. Chilton beendet schon sein erstes Gespräch mit Mason Verger mit den Worten, die wohl jetzt an die nächsten Folgen gerichtet sind:

Happy Hunting…

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