Ausstellungslogo © 2014 Odysseum Köln
Alle Generationen haben ihre Bücher und Filme, mit denen sie groß geworden sind und die sie durch ihre Kindheit, Jugend bzw. junges Erwachsenenalter begleitet haben. Das müssen (können aber) nicht zwingend die besten Werke ihrer jeweiligen Gattung sein, doch man wird immer ein nostalgisch-sentimentales Verhältnis damit haben, weil sie einen eben während der prägenden Lebensabschnitte begleitet habe. Für die einen sind es die Spielberg-Filme der Achtziger, für die anderen Stallone, Schwarzenegger und andere Actionhelden ihrer Zeit und für die Kids von heute werden es vermutlich die Comicbuchverfilmungen von Iron Man, The Avengers und Co sein. Ich bin 28 und die Coming-Of-Age-Phase von vielen in meiner Generation wurde von Harry Potter begleitet – sowohl in Romanform als auch in Filmform. Als "Harry Potter und der Stein der Weisen" 1997 in Großbritannien in die Buchläden kam, konnte niemand – am wenigsten noch die damals arbeitslose Autorin Joanne K. Rowling – ahnen, zu welchem zeitlosen Phänomen Harry Potter werden würde, zunächst als Bücherrehe und kurze Zeit darauf als Film-Franchise, das zur umsatzstärksten Filmreihe aller Zeiten wurde und Warner Bros. Pictures Einnahmen in Höhe von mehr als $7 Milliarden über zehn Jahre bescherte.
Ich, für meinen Teil, habe die Romane geliebt, sie geradezu verschlungen und habe natürlich auch jeden Film im Kino gesehen, manchmal sogar mehrmals. Obwohl die meisten der Harry-Potter-Filme gut bis sehr gut sind, kamen sie nur selten an die Brillanz der Buchvorlagen heran und werden nie zu meinen Lieblingsfilmen gehören. Nichtsdestotrotz vermisse ich die Zeit, in der man sich auf einen neuen Harry-Potter-Teil im Kino freuen konnte. Als 2007 der finale Roman in die Läden kam, konnte man die Trauer über das Ende der Serie mit dem Gedanken überwinden, dass man sich damals noch auf drei weitere Kinofilme freuen durfte. Doch 2011 war der Zauber endgültig vorbei (abgesehen vom geplanten Ableger Fantastic Beasts, der unter Rowlings Ägide und David Yates' Regie in den kommenden Jahren als Dreiteiler entstehen wird). Die Harry-Potter-Filme gehören eben zu meinem Heranwachsen als Filmfan einfach dazu und ich werde immer gute Erinnerungen an sie haben.
Diese konnte ich am 1. Oktober auf spektakuläre Weise wieder aufleben lassen, als ich der Presse-Preview der Harry-Potter-Ausstellung im Kölner Erlebnismuseum Odysseum beiwohnte. Waren zur Ausstellungs-Ankündigung im April noch James und Oliver Phelps (die in der Filmreihe die Weasley-Zwillinge Fred und George gespielt haben) nach Köln angereist, gab es auch zur Ausstellungseröffnung vorgestern Starbesuch – Matthew Lewis, der Darsteller von Neville Longbottom, kam zur Preview am Morgen und schritt später bei der offiziellen Eröffnungsgala über den roten Teppich. Mit ihm haben wir am darauffolgenden Tag auch ein Interview geführt, doch das gibt es erst später in einem separaten Artikel.
Im April angekündigt, gehörte Harry Potter: The Exhibition mit Sicherheit zu den am sehnlichsten erwarteten Ausstellungen in Deutschland seit langem. Erstmals vom Veranstaltungsservice Global Experience Specialists (GES) in Zusammenarbeit mit Warner Bros. Pictures 2009 in Chicago ins Leben gerufen, tourte die einzigartige Ausstellung seitdem von den USA über Kanada, Australien, Japan und Singapur bis nach Schweden, wo sie in Norrköping zum ersten Mal auf europäischen Boden präsentiert wurde. Köln ist die zweite europäische und erste (und einzige) deutsche Station der Wanderausstellung, die die Besucher hinter die Kulissen aller acht Harry-Potter-Filme bringt. Viele deutsche Städte bewarben sich um das Privileg, diese gefragte Ausstellung zu sich bringen zu können, doch das Kölner Erlebnismuseum Odysseum setzte sich mit seinem Konzept durch (was mich als in der Nähe lebenden Bonner freut). Einziger Wermutstropfen für viele, der bereits bei der Ankündigung der Ausstellung im April bekannt wurde: die Eintrittspreise, die (einschließlich des restlichen Museums) für einen Erwachsenen ohne Ermäßigung bei €29,95 liegen und für Kinder, Schüler, Studenten und andere Ermäßigungsberechtigte €23,95 betragen. Eine happige Summe, doch die Frage ist, was wird dafür geboten? Das kann ich Euch in meinem ausführlichen Test zur Ausstellung verraten. Darüber hinaus habe ich außerdem noch Interviews mit Andreas Waschk, der als Geschäftsführer vom Odysseum die Ausstellung nach Köln gebracht hat und Robin Stapley, dem Kreativdirektor und Vice President von GES, geführt. Beide findet Ihr auf der zweiten Seite des Artikels.
Harry Potter: The Exhibition ist keine gewöhnliche Ausstellung und daher ist auch der Eintritt in die Ausstellung nicht wie in vielen anderen Museen. Man wird in Gruppen (von 20 bis 40 Leuten) hineingeführt und durchläuft zwei Räume, bevor man die Hauptausstellung betritt. Damit wird auf sehr effektive Art und Weise sichergestellt, dass man in die Welt komplett eintaucht. Die Ausstellung beginnt für die Besucher auf eine ähnliche Art und Weise, wie das erste Hogwarts-Jahr für Harry. Im ersten Raum gibt es ein Wiedersehen mit dem Sprechenden Hut. Freiwillige aus der Gruppe dürfen vortreten, sich den Hut auf den Kopf setzen zu lassen und werden in eins der vier Hogwarts-Häuser eingeteilt (in meiner Gruppe gab es mehrere Slytherin-Fans!). Danach geht es in den zweiten Raum, in dem es anfangs auf der Wand die offiziellen Filmplakate aus allen acht Filmen auf Displays zu sehen gibt (Foto links). Doch dann verdunkeln die Lichter und es wird die mittlerweile legendären Harry-Potter-Musik von John Williams angestimmt ("Hedwig’s Theme", unten zum Reinhören). Parallel dazu laufen auf allen acht Displays zahlreiche Schlüsselszenen aus den Filmen ab. Schwupps und ich war wieder drin, vor 13 Jahren als ich mich auf den Release des ersten Films gefreut habe und in den Jahren danach. Gänsehaut für alle Harry-Potter-Fans ist an dieser Stelle garantiert. Eine bessere Einführung hätte es eigentlich nicht geben können.
https://youtu.be/zCNHVMIYqiA
Durch den Rest der Ausstellung kann man selbst durchlaufen. Zunächst geht es am Hogwarts-Express vorbei (wegen der Größe das einzige Exponat, das nicht original aus den Filmen stammt) und schon befindet man sich mittendrin. An der Wand das Portait der Fetten Dame, die den Eingang zu den Räumen des Hauses Gryffindor bewacht. Bald steht man zwischen den Nachbildungen eines Teils des Gryffindor-Schlafsaals, von Dolores Umbridges Büro und zwischen den ausgestellten Kostümen der Hauptdarsteller. Zur Ausstellung gibt es einen Audio-Guide, in dem die Kostümbildner und Set-Designer selbst zu Wort kommen und einige interessante Hintergrundinfos zu vielen Exponaten verraten. Ebenfalls sieht man zu Beginn der Ausstellung mehrere Schaukästen, in denen die kleineren Besitztümer der jeweiligen Hauptcharaktere versammelt sind (Foto rechts zeigt Hermines Schaukasten). So findet man in Harry Potters Glaskasten u. a. die Original-Brille aus den Filmen, seinen Zauberstab und die "Karte des Rumtreibers", während man in Rons Schaukasten seinen zusammengeflickten Zauberstab und sein Quidditchtrikot sieht.
Die Ausstellung ist fast komplett in mehrere thematische Räume unterteilt, darunter den Verbotenen Wald, die Große Halle zur Zeit des Weihnachtsballs aus dem vierten Buch, Hagrids Hütte und so weiter. Die Aufteilung und die Präsentation der Exponate ist wirklich gut gelungen und wirkt zu keinem Zeitpunkt billig. Stattdessen schlägt das Herz eines Fans wirklich höher vor Freude, wenn man einige Objekte, die man auf Anhieb aus den Filmen erkennt, aus nächster Nähe betrachten kann. So ging es mir besonders bei den Weihnachtsball-Kostümen und im Setting von Hagrids Hütte, wo man auch in Hagrid überdimensionalem Sessel (Bild links) sitzen kann. Alles ist sehr liebevoll gestaltet und obwohl die Ausstellung von der Fläche her nicht sehr groß ist, wird einem doch eine ganze Menge an Exponaten auf kleinerem Raum geschickt präsentiert, sodass es nie vollgestopft wirkt. Neben Hagrid Sessel, gibt es übrigens auch einige weitere Ausstellungsobjekte, die nicht nur zum Anschauen, sondern auch zum Anfassen sind. So kann man die Alraunen aus ihren Töpfen ziehen (hier braucht man aber keine Ohrschützer) oder einen Quaffel durch die Quidditch-Ringe werfen.
Auch wenn die Filmreihe sicherlich abertausende potenzielle Ausstellungsstücke bietet und die aktuelle Ausstellung nur einen Bruchteil davon zeigt, kommt trotzdem nie das Gefühl auf, als würde etwas Essenzielles fehlen. Alle wiedererkennbaren Kostüme der Charaktere, die Horkruxe, die Heiligtümer des Todes (Foto rechts), die Zauberstäbe, die Zauberbücher und sogar die Modelle zahlreicher Kreaturen, wie der Riesenspinne Aragog, des Hippogriffs Seidenschnabel und des Kopfes des Ungarischen Hornschwanzes gibt es zu bestaunen. Staunen ist ein gutes Stichwort, denn aus dem Staunen kommt man als Fan während der Ausstellung eigentlich kaum heraus. Nur schade, dass sie dann doch recht schnell vorüber ist. Auch wenn man sich die Sachen aufmerksam anschaut und sich die Informationen des Audio-Guides anhört, ist man in einer guten Stunde durch. Angesichts der Kosten, die die Ausstellung für Familien darstellt, ist es eine ganz schön teure Stunde. Doch andererseits kann man auch keinen wirklichen Wert für das Erlebnis benennen, das einem als Harry-Potter-Fan hier bereitet wird. Denn obwohl das Wort in dem Zusammenhang schon sicherlich hunderte Male verwendet wurde, passt es eben zu gut – das Erlebnis ist einfach magisch!
Im Anschluss an die Ausstellung betritt man den Museums-Shop, in dem man zahlreiche zauberhafte Souveniers zu der Ausstellung kaufen kann – von Tassen, Filmplakaten und Sirius-Black-Fahndungsbildern bis hin zu Bertie Botts Zauberbohnen in allen (wirklich allen!) Geschmacksrichtungen und den berühmten Schokofröschen. Doch auch hier sind die Preise ganz schön ordentlich.
Harry Potter: The Exhibition kann man vom 3.10.2014 bis zum 28.02.2015 im Kölner Odysseum besichtigen. Die Eintrittskarte (als Kombiticket mit der Dauerausstellung und der Ausstellung mit der Maus) kostet für Erwachsene €29,95, für Kinder und andere Ermäßigungsberechtigte €23,95 und als Familienticket (für zwei Erwachsene und zwei Kinder) €99,95. Es empfiehlt sich angesichts des wahrscheinlichen Besucherandrangs die Nutzung des Vorverkaufs im Internet, wo man sich Zeittickets kaufen kann, mit denen man im vorgegebenen Zeitfenster, ohne anstehen zu müssen, die Ausstellung betreten kann.
Mehr Informationen zu den Öffnungszeiten des Museums und den Preisen, findet Ihr auf der offiziellen Website des Odysseum. Unten könnt Ihr einige weitere Fotos aus der Ausstellung sehen und unsere Interviews mit dem Geschäftsführer des Odysseum, Andreas Waschk und dem Mitgestalter der Ausstellung, dem Kreativdirektor Robin Stapley, auf Seite 2 lesen.
SEITE 2 (Interviews mit Andreas Waschk und Robin Stapley)
Fotos © 2014 Arthur Awanesjan, Filmfutter.com