Seit dem 27.02. läuft der neuste 3D-Animationsspaß von DreamWorks, Die Abenteuer von Mr. Peabody & Sherman, erfolgreich in den deutschen Kinos. Regie führte dabei niemand Geringeres als Rob Minkoff, der Macher von Der König der Löwen. Der Film erzählt die Geschichte des hyperintelligenten Hundes Mr. Peabody, der mit seinem menschlichen Adoptivsohn Sherman und dessen Schulfreundin/-feindin Penny mittels einer Zeitmaschine verschiedene Zeitepochen bereist und zahlreiche Abenteuer erlebt.
In der deutschen Fassung des Films sind u. a. die Stimmen von Matze Knop, Christian Berkel, Andrea Sawatzki und Hella von Sinnen zu hören (wir empfehlen eine Sichtung des ganz unten angefügten Synchronstimmen-Trailers!). Vergangenen Dienstag hatte ich die Gelegenheit, im Rahmen der Promotour im Kölner Luxushotel Hyatt zwei der Synchronsprecher zu interviewen – Andrea Sawatzki (Interview hier nachzulesen) und Hella von Sinnen.
Hella von Sinnen ist zweifelsohne ein der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Komikerinnen der Gegenwart. Ihren Durchbruch feierte die Bambi-Preisträgerin als Co-Moderatorin von "Alles Nichts Oder?!", doch die meisten dürften sie als Mitglied des Rate-Teams in der Comedy-Sendung "Genial daneben", in der sie zwischen 2003 und 2010 auftrat, kennen. Aber auch als Synchronsprecherin in Animationsfilmen hat die sozialpolitisch aktive Entertainerin bereits Erfahrungen gesammelt – zum ersten Mal in Der König der Löwen als sie die Stimme der Hyäene Shenzi (im Original von Whoopi Goldberg gesprochen) übernahm. In einem lustigen Interview mit Filmfutter sprach die mit einem genial-schrägen Mr.-Peabody-Outfit bekleidete Hella von Sinnen über ihre erste Synchronisation einer menschlichen Figur, über ihre kuriosen Zeitreisewünsche und darüber, welche Animationsfigur sie gerne mal synchronisiert hätte.
FF: Erzähl doch mal von Deiner Rolle in Die Abenteuer von Mr. Peabody & Sherman. Wer ist Ms. Grunion?
HvS: Also Mr. Peabody ist ein Hund, der intelligenteste Hund der Welt. Er hat Nobelpreise gewonnen, ist sehr erfolgreich und er hat einen Jungen adoptiert, Sherman. Am ersten Schultag trifft er Penny. Beide sind ineinander verknallt, aber wie es bei verknallten Kindern halt ist, zanken sie miteinander. Sherman beißt Penny, weil er es von seinem Vater, einem Hund, so kennt. Dann komme ich ins Spiel – Ms. Grunion vom Jugendamt. Sie eine strenge, dicke, autoritäre Frau, die Mr. Peabody seinen Adoptivsohn wegnehmen will. Mit ihrem ekligen rosa Kostümchen sieht sie ein bisschen aus wie Dolores Umbridge aus Harry Potter. Sie ist mehr oder weniger die Schurkin in diesem Film, doch auch für sie gibt es ein überraschendes Ende.
FF: Wie Du gesagt hast, ist Ms. Grunion die Hauptantagonistin des Films. Findest Du, dass sie trotzdem auch sympathische Seiten hat oder ist sie durchweg böse?
HvS: Hm… Ich weiß sowieso nicht, ob Menschen oder auch Animationsfiguren böse sind. Ich glaube Menschen übernehmen Funktionen – in diesem Fall die Funktion eines Staates bzw. einer Organisation und sind karrieristisch, nicht besonders glücklich und wollen andere Menschen auch unglücklich sehen. Ich glaube Grunions Motivation ist vielleicht eine andere, als von Grund auf schlecht zu sein. Ich glaube sie hatte bis jetzt in ihrem Leben noch keine gute Zeit, aber das ändert sich ja zum Glück. Ich werde das Ende jetzt nicht verraten, aber ich denke durch das Ende wird sie vielleicht neue Inspiration im Leben finden und könnte durchaus in der Lage sein, eine angenehme Persönlichkeit zu werden.
FF: In Vergangenheit hast du bereits eine Hyäne gesprochen, eine Kuh und zwei Würmer.
HvS: Genau. Ich bin eine sehr profilierte Tierstimmensprecherin und Ms. Grunion ist der erste Mensch.
FF: Ist es von der Herangehensweise an die Synchronarbeit für Dich irgendwie anders, dass es diesmal ein Mensch ist?
HvS: Eigentlich nicht wirklich. Ich habe ja auch kein putziges Tierchen wie Klopfer in Bambi gesprochen (imitiert eine kindliche Stimme), sondern sowohl die Hyäne als auch Maggie die Kuh und die Würmer waren Menschen in Tierkörpern. Ich sehe da eher den Charakter und die Rolle und fühle mich nicht in eine Kuh oder einen Wurm hineinversetzt (lacht). Aber da ich schon zwei Würmer sprach, habe ich früher, als Dirk Bach, Gott hab‘ ihn selig, noch lebte immer auch schon „Das Dschungelcamp“ nicht gerne gesehen, weil ich selbst Würmer, Asseln und anderes kleines Getier hoch respektiere und nicht möchte, dass sie benutzt werden, um Quoten reinzubringen.
FF: Wenn Du den Text einsprichst, orientierst Du dich stark an den Originalsprechern, wie beispielsweise Allison Janney, die im Original Ms. Grunion spricht?
HvS: Ich kann natürlich nicht versuchen, Allison Janney zu imitieren. Es ist aber eine tolle Anleitung für dein Ohr und eine Orientierung für dich als Schauspielerin, weil sie alle in Amerika furchtbar viel Talent haben und furchtbar professionell sind. Dann hast du zum Glück in diesem Fall einen sehr guten Regisseur, der dir immer hilft und sagt, wann man mehr oder weniger machen soll. Letztendlich stehe ich da in dieser Synchronkabine, sehe eine dicke, unsympathische Frau und versuche in diesem Moment meine Stimme in Einklang mit der Persönlichkeit zu bringen, die die Filmemacher für die Figur vorgesehen haben. Ich bin in dem Moment nicht Hella, sondern versuche mit meiner Stimme diese Spaßbremse glaubwürdig zu machen.
FF: Wie lange dauerte es überhaupt, die Figur einzusprechen?
HvS: Insgesamt zwei Tage, wobei das auch einschließlich der PR-Aufnahmen war, die man für das Bonusmaterial der DVD nutzt.
Filmfutter: Hast Du den Film bereits komplett gesehen?
Hella von Sinnen: Ich habe ihn schon auf einem kleinen Fernseher gesehen vor den Synchronaufnahmen. Das sah ein bisschen aus wie ein Louis-Vuitton-Koffer, weil der ganze Monitor voll mit Stempeln von DreamWorks und Interopa, der Synchronfirma, war. Man hat ja sehr große Angst vor Raubkopien, selbst bei Synchronsprechern scheinbar. Aber heute Abend sehe ich ihn zum ersten Mal auf der Leinwand in der Residenz (Anm. der Red: Astor Film Lounge in Köln), in 3D, und ich freue mich sehr darauf, auch dass wir es in Köln machen können.
FF: Die Residenz ist ja auch ein tolles Kino
HvS: Das Kino ist ja jetzt nach der Wiedereröffnung wunderschön! Aber ich war früher auch gerne in der Residenz. Ich hatte dort meine erste Kinopremiere. Ich habe 1982/1983 in Walter Bockmayers Kiez mitgespielt und die Premiere war in Köln in der Residenz. Das ist eine unheimlich schöne Erinnerung.
FF: Es geht im Film um Zeitreisen. Wenn Du selbst die Gelegenheit dazu hättest, in welche Zeitepoche würdest Du reisen und welche historischen Persönlichkeiten würdest Du gerne treffen?
HvS: Ich habe dazu zwei Meinungen. Einerseits würde ich gerne in die Urzeit reisen, als die Dinosaurier noch existierten. Ich interessiere mich dafür, wie die Luft damals vor der Industrialisierung roch. Entweder stank es bestialisch, weil die Dinosaurier den ganzen Tag gefurzt haben, gerade die vegetarischen, oder es war eine unfassbare saubere und spektakuläre Luft, die wir nie wieder atmen werden. Zweitens würde ich sehr gerne ins Berlin der zwanziger Jahre reisen, bevor Faschismus all die damalige Kreativität aus dem Land getrieben hat. Ich weiß, dass es eine Zeit war, in der Bisexualität, Homosexualität, Transgender kein Thema waren und es wunderbare künstlerische Ausdrucksformen gab, die dann vom Faschismus alle zertrampeltoder vertrieben worden sind. Ich würde dann sehr gerne eine Woche lang in die Kabaretts von Berlin gehen und würde wahnsinnig gerne Claire Waldorff und Marlene Dietrich treffen und mit ihnen ein Bierchen trinken.
FF: Im Film gibt es ja eine Zeitreise-Regel, dass man nie in eine Zeit reisen sollte, in der man bereits selbst existiert. Wenn Du jetzt aber die Gelegenheit hättest, Dein jüngeres Ich zu treffen und ihm etwas auf den Weg zu geben, was würdest Du der jungen Hella sagen?
HvS: Das ist eine spannende Frage. Ich würde manchmal sehr gerne das Wissen und das Selbstvertrauen von heute meinem jüngeren Ich geben, in der schweren Zeit der Pubertät, wenn du lesbisch bist, deine Eltern haben sich gerade scheiden lassen und du in diesem spießigen Gummersbach abhängst und dich das alles sehr anstrengt. Mit dem Wissen von heute hätte ich dann gerne damals den Leuten den Marsch geblasen. Das ist eine schöne Vision.
FF: Animationsfilme privat – schaust Du viel?
HvS: Ja, definitiv. Wenn man bei mir zu Hause vor dem Filmregal steht, ist die Hälfte Animationsfilme. Ich bin ein Fan von Comics, habe aktuell auch eine Sendung im Internet „aufgezeichnet.tv – Der Comic Talk“. Ich habe das Privileg in Erlangen im Comic-Salon zum dritten Mal die Verleihung des „Max und Moritz“-Preises zu moderieren, diesmal als Co-Moderatorin neben Christian Gasser. Ich bin auch mit den Zeichentrickfilmen von Disney groß geworden und ich liebe die Kunst des Zeichentrickfilms. Es ist für mich immer eine Ehre und ein Ritterinnenschlag, wenn ich wieder eine Rolle in einem Animationsfilm sprechen darf.
FF: Wenn Du auf die ganzen Animationsfilme, die Du magst, zurückblickst – fällt Dir ein Charakter ein, den Du gerne gesprochen hättest?
HvS: Ja, da fällt mir sofort einer ein. Dazu muss ich aber auch sofort sagen, dass Beate Hasenau sie perfekt synchronisiert hat – Ursula die Meerhexe in Arielle, die Meerjungfrau. Das ist die perfekte Rolle für mich, aber Beate Hasenau ist einfach göttlich und ich möchte es nicht anders hören. Aber ich weiß noch als ich im Kino saß und Dirk Bach noch zu mir sagte. „Na Helli, das bis du ja!“Ich habe heute noch Hartgummifigürchen von Ursula bei mir herumstehen, weil ich es bin! (lacht)
FF: Die einen sammeln die Figuren der Meerjungfrau und Du die der Meerhexe.
HvS: Ich habe immer die Schurkinnen gesammelt (lacht). Ich war immer eine Freundin der taffen Weiber!
von Arthur Awanesjan
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Filmtrailer
Synchronstimmen-Trailer
Synchronstudiobild © 2014 20th Century Fox