Hercules, USA 2014 • 98 Min • Regie: Brett Ratner • Mit: Dwayne Johnson, Ian McShane, Rufus Sewell, Ingrid Bolsø Berdal, John Hurt, Aksel Hennie, Reece Ritchie, Rebecca Ferguson • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 4.09.2014 • Deutsche Website
Handlung
Hercules (Dwayne Johnson) ist nicht der Held, für den ihn die Welt hält. Er ist ein gebrochener Mann, dessen Glanzzeiten hinter ihm liegen und der mit einer Truppe ihm treu ergebener Gefährten durchs antike Griechenland zieht und seine Dienste als Söldner dem meistbietenden zur Verfügung stellt. Seine glorreichen Kämpfe gegen mythische Kreaturen sind nichts anderes als eine Erfindung seines schmächtigen Neffen Iolaus (Reece Ritchie), die dazu genutzt werden, um Hercules’ Marktwert zu steigern. In Wahrheit ist es ein tragisches Ereignis, das ein dunkles Licht auf die Vergangenheit wirft, an die er sich lieber nicht erinnern würde. Sein neuster Auftraggeber ist der König von Thrakien (John Hurt), dessen hübsche Tochter Ergenia (Rebecca Ferguson) Hercules und seine Männer anheuert, um die gefürchteten Heerscharen des grausamen Rhesus (Tobias Santelmann) an ihrem Vordringen ins Land aufzuhalten. In Falle eines Erfolgs wird die Söldnertruppe so fürstlich entlohnt, dass Hercules sich endlich seinen Traum erfüllen und sich zur Ruhe setzen kann. Leichter gesagt als getan. Um zu triumphieren, muss Hercules erst seinen inneren Helden heraufbeschwören und sich seinen tiefsten Ängsten stellen.
Kritik
Seit Dwayne Johnson sich vor mehr als einem Jahrzehnt von der Schauspielerei im Wrestling-Ring zur Schauspielerei im Kino wechselte, wurde er immer als ein würdiger Nachfolger von muskelbepackten Actionhelden wie Arnold Schwarzenegger gesehen. Er hat die Physis, die Ausstrahlung und dieses Augenzwinkern, die man für den Part benötigt. Das passende Vehikel für seine Talente hat Johnson aber leider nicht gefunden. In Filmen wie Fast & Furious Five, G.I. Joe – Die Abrechnung oder Pain & Gain ist er stets eine sehr willkommene Ergänzung im Cast und hat mehr als genug bewiesen, dass er mehr drauf hat, als nur seine Muskeln in der Sonne glänzen zu lassen. Immer wenn er aber in den Mittelpunkt eines Films gestellt wurde, war der Film um ihn herum seinen Talenten meist nicht ganz gewachsen, sei es denn Scorpion King, Welcome to the Jungle oder Snitch – Ein riskanter Deal. Leider gehört auch Hercules dazu. Hercules ist nicht Johnsons Terminator oder Predator, es ist bestenfalls Johnsons Running Man. Trotz der Rolle, die auf seinen muskulösen Leib wie maßgeschneidert ist, muss die Suche nach einem perfekten Film für sein Können weitergehen.
Wie auch bei vielen anderen seiner Filme, ist es keinesfalls die Schuld des Mimen. Trotz der interessanten Besetzung, die Regisseur Brett Ratner um ihn herum im Film versammelt hat, steht und fällt Hercules mit seinem charismatischen Hauptdarsteller. Dwayne Johnson mag seinen Wrestler-Beinamen „The Rock“ in Filmen schon länger abgelegt haben, doch noch nie wurde seine Statur diesem so gerecht wie in Hercules. Sein Hercules mag kein Halbgott sein in dieser Mythos-Revision, doch er hat keine Schwierigkeiten damit, ein Pferd im Galopp mit bloßen Händen aufzuhalten. Wer braucht dann noch Superkräfte? Natürlich dürfen auch diesmal die Muskeln in der Sonne glänzen. Doch Johnson bringt nicht nur die physische Ausstrahlung zu der Rolle, auch die humorvollen und sogar die wenigen dramatischen Momente schultert er mit Leichtigkeit. Er gibt für die Rolle alles und hat wirklich bessere Filme verdient.
Der Fokus auf Johnson war wahrscheinlich eine kluge Entscheidung, führte jedoch zwangsläufig auch dazu, dass seine Gefährten und die anderen Darsteller des Films kaum mehr als Schablonen sind. Das ist bei einem Schauspieler von Ian McShanes Kaliber besonders schade, der hier als hellseherischer Amphiaraus eine kaum nenneswerte Leistung abliefert. Auch Rufus Sewell, der mal ausnahmsweise in einem großen Film keinen Bösewicht spielt (auch wenn man allein durch seine Anwesenheit erwartet, dass er jederzeit Hercules in den Rücken fällt), hinter lässt keinen Eindruck. Ingrid Bolsø Berdal, die einzige Frau im Männerverband, darf ordentlich in den Arsch treten und beweist sich als eine sexy Amazone. Man wird aber nie das Gefühl los, dass sie eigentlich nur da ist, um mit ihrem bauchfreien Outfit für Augenschmaus zu sorgen. Noch mehr trifft das eigentlich auf Irina Shayk zu, die trotz starker Präsenz im Marketing im gesamten Film etwa so lange zu sehen ist, wie in dem Trailer und die Hälfte dieser kurzen Zeit spärlich bekleidet verbringt. Der einzige wirklich interessante Charakter neben Johnsons Hercules ist Aksel Hennies (Headhunters) Krieger Tydeus, der im ganzen Film nur ein einziges Wort von sich gibt und alleine durch seine wilde Mimik und seinen extrem enthusiastischen Einsatz in den Actionszenen in Erinnerung bleibt.
Diese inszeniert Regisseur Brett Ratner ohne große Patzer, aber auch ohne viel Einfallsreichtum. Immerhin wird die Action nicht durch blitzschnelle Schnitte oder einen übermäßigen Einsatz an CGI-Effekten verunstaltet. Das 3D kommt leider selten gut zum Einsatz und wurde dieses Jahr in The Legend of Hercules überraschend besser umgesetzt (der einzige Aspekt, in dem jener Film diesem etwas voraushat). Wer jedoch nach dem Trailer mit der Erwartung eines Fantasyfilms in Hercules reingeht, wird sein blaues Wunder erleben. Seine Kämpfe gegen den nemëischen Löwen, den erymanthischen Eber und gegen die Hydra entstammen im Film lediglich ausgeschmückten Erzählungen, Träumen oder Halluzinationen und sind im Trailer bereits in nahezu ganzer Länge zu sehen.
Hercules ist ein Film, den ich mit 14 bestimmt für „hammergeil“ befunden hätte und wahrscheinlich werden die 12-16-jährigen von heute das auch tun. Doch mit meinen heutigen Augen sehe ich einen wirklich charismatischen Star in einem Film, der sich nur gelegentlich über den Durchschnitt erhebt.
Fazit
Flott erzählt, mit soliden Actionsequenzen versehen und von seinem imposanten Star souverän getragen, gelingt es Hercules trotzdem nicht, aus dem Gros von ähnlichen Filmen in irgendeiner Art und Weise herauszustechen oder sich als definitiver „Hercules“-Film zu etablieren. Es ist allerdings der bessere Hercules-Film, der dieses Jahr in die Kinos kommt.