Heute bin ich blond (2013)

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Heute bin ich blond, DE, 2013 • 117 Min • Regie: Marc Rothemund • Mit: Lisa Tomaschewsky, Karoline Teska, David Rott, Peter Prager, Maike Bollow • FSK: ab 6 Jahren • DVD-Start: 25.10.2013 • Offizielle Website

 

Handlung

Heute bin ich blondDas Leben könnte so schön sein: Verständnisvolle Eltern, ein Einfamilienhaus in Hamburg, ab und an mit der besten Freundin durch Antwerpen bummeln, Partys, Jungs und das Studium – Einführung in die Geschlechterforschung – fängt auch bald an. Doch für Sophie (Lisa Tomaschewsky) gibt es eines Tages ein böses Erwachen. Mit 21 Jahren lautet die Diagnose: Krebs. Der Tumor sitzt im Brustfell, kann operativ nicht entfernt werden und ist außergewöhnlich aggressiv. Also beginnt die Chemotherapie und damit die Zeit des Bangens. Zum Glück hat Sophie Freunde und Familie, die ihr während ihrer Zeit in der Klinik beistehen. Außerdem lernt findet sie in den Pflegern Bastian (Daniel Zillmann) und Frauke (Katrin Pollitt), der ebenfalls erkrankten Chantal (Jasmin Gerat) und ihrem Schwarm Rob (David Rott) Verbündete gegen den Krebs. Selbst, als ihre Haare beginnen, auszufallen, will sie die Kontrolle über ihr Leben nicht abgeben. In einem Perückengeschäft entscheidet sie sich für eine neue Lebenseinstellung: „Heute bin ich blond“

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Hintergrund

Heute bin ich blond (5)Das Leben schreibt die besten Geschichten. Oder? Wenn man die Niederländerin Sophie van der Stap fragt, vielleicht nicht die „Besten“, aber zumindest die Interessantesten. Denn die Geschichte von Sophie, dem „Mädchen mit den neun Perücken“, ist ihre eigene. 2005 wurde bei ihr der Tumor entdeckt, der sich in ihrer Lunge festgesetzt hatte. Ihre Erfahrungen während der Behandlung verarbeitete sie in dem Buch „Meisje met negen pruiken“. In ihrer Heimat avancierte der Roman zum Bestseller, 2008 erschien das Buch erstmals in deutscher Sprache. Vier Jahre später kommt die Verfilmung in die deutschen Kinos. Die Hauptrolle übernahm Lisa Tomaschewsky. Die 25-Jährige spielt damit ihre erste Hauptrolle in einem Kinofilm in „Heute bin ich blond“.

 

Kritik

Heute bin ich blond (2)Das Leben und das Kino sind zwei paar Schuhe. Auch wenn Texttafeln zu Beginn von diversen Horrorfilmen uns stets glauben machen wollen, das gleich zu Sehende würde auf „wahren Begebenheiten“ beruhen (von Klassikern wie „Blair Witch Project“ oder „Texas Chainsaw Massacre“ bis zu aktuellen Film wie „The Conjuring“) und etliche Biopics jede Oscar-Season mit dem Versprechen, „auf der wahren Geschichte von…“ zu basieren, um einen kleinen Goldjungen buhlen (dieses Jahr unter anderem „Lee Daniels' The Butler“, „Captain Phillips“, „Twelve Years a Slave“, „Inside Llewyn Davis“ und zu viele mehr). Am Ende steht die sowohl beruhigende wie auch ernüchternde Erkenntnis: Das Leben mag zwar die sprichwörtlich schönsten Geschichten schreiben, aber die wenigsten davon sind kinotauglich. Als Drehbuchautor wäre „das Leben“ entweder schlecht bezahlt oder gleich arbeitslos, weil über jedes eingereichte Skript mindestens ein Dramaturg nochmal drüber schauen müsste.

Auch Hauptdarstellerin Tomaschewsky wiederholt gegen Ende des Filmes geradezu mantraartig, dass „alles echt“ wäre. Die Figuren, die Schicksalsschläge, die Tränen, das Lachen. Natürlich möchte sich niemand anmaßen, Buchautorin van der Stap, von der diese Sätze stammen, der Lüge zu bezichtigen. Aber man sollte trotzdem die Augen nicht davor verschließen, dass eine Chemotherapie selten so einer klassischen Lehrbuch-Dramaturgie folgt.

Heute bin ich blond (3)„Heute bin ich Blond“ mag auf einer wahren Geschichte beruhen, das macht seinen Umgang mit dem Thema Krebs aber nicht unangreifbar. Dass sich Regisseur Marc Rothemund (beziehungsweise Autorin van der Stap) einen Einzelfall herausgreifen, ist nicht weiter verwerflich und in gewissem Sinne auch selbstverständlich. Das Problem ist, dass sie durch die Fokussierung auf einen (glücklichen!) mehr als nur gefährlich nah in Richtung Erbauungskitsch rücken. Nicht jeder Krebspatient hat eine gut situierte Familie, die einem täglich vegane Biogerichte ans Krankenbett bringen. Nicht jeder Krebspatient kann sein Schicksal in hübschen Bildern (Kamera: Martin Langer) auf der großen Kinoleinwand sehen. Und vor allem: Nicht jede Krebstherapie hat ein Happy End (inklusive Feuerwerk).

Es mag Grundsatzkritik am Genre sein, welches „wahre Geschichten“ nutzt, sie in ein formelhaftes Dramaturgie-Korsett zwängt, um sie bekömmlich zu machen. Unter diesen Gesichtspunkten mag man Rothemunds Film tatsächlich wenig vorwerfen (Drehbuch gut, Schauspieler gut, Kamera sehr gut, etc.). Dennoch bleibt wie immer der fade Nachgeschmack, dass man hier ein durchaus ambivalentes Thema als im Grunde arges Rührstück präsentiert bekommt.

Heute bin ich blond (4)Natürlich hat Kino – und im weiteren Sinne: die Poetik, um auch noch den guten, alten Aristoteles mit in die Sache zu verwickeln – die Aufgabe, Ideale zu zeigen. Ideelle Situation mit Menschen, die vorbildlich handeln und dadurch dem Zuschauer ein gutes Vorbild sind. „Heute bin ich Blond“ ist aber zu oft absehbar und dadurch belehrend. Am Ende wird für Sophie alles gut. Denn wer Willen und Stärke aufbringt, der kann alles schaffen. Auch das Unwahrscheinliche, wie einer Krebsart mit 15%iger Überlebenschance ein Schnippchen schlagen. Man muss nur das Leben in vollen Zügen genießen und sich stets neu erfinden. Die Figur der Chantal (Jasmin Gerat) setzten Rothemund und van der Stap der heilen Welt von (Film-)Sophie entgegen, doch der Charakter bleibt eine Randnotiz. Der Kernthese des Filmes ist klar: Das Leben ist schön! In dessen Tradition steht auch „Heute bin ich Blond“.

 

Fazit

Natürlich kann man sich ganz diesem Idealismus hingeben, daran ist nichts Verwerfliches. Wo sonst sollte man das auch als im Kino? Und, wie gesagt, „Heute bin ich Blond“ ist rein handwerklich betrachtet ein, im wahrsten Sinne des Wortes, schöner Film. Aber man sollte die Augen nicht davor verschließen, dass man hier eine gefilterte und geschönte Variante „des Lebens“ zu sehen bekommt.

 

DVD-Extras

Ein zehnminütiges Making-Of, jeweils ungefähr 15-minütige Interviews mit Regisseur Rothemund, den Hauptdarstellern Tomaschewsky und Rott sowie Autorin van der Stap, zehn Minuten Outtakes und die beiden Kinotrailer. Standard also. Wirklich Bahnbrechendes erfährt man nicht, die Inhalte der Interviews und des Making-Ofs überschneiden sich teilweise, zumindest wirken die Befragten in den Gespräch recht locker und authentisch. Wenn man die Extras auslässt, verpasst man auch nicht viel.

 

Informationen zur Veröffentlichung

Die deutsche DVD und BluRay von Universum Film sind ab dem 25.10.2013 im Handel erhältich.

Neben dem Film in der deutschen Sprachfassung, wahlweise mit deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte liegen bei den Veröffentlichungen folgende Extras vor:

Heute bin ich blond (7)• Audiokommentar mit Regisseur Marc Rothemund
• Outtakes
• Making of
• Interviews mit Marc Rothemund, Sophie van der Stap, Lisa Tomaschewsky und David Rott
• Trailer

 

 

(© Universum Film)

 

Trailer

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