FF: Hat die Geburt Deines Kindes Deine Aussicht auf das Leben verändert?
JS: Ja, auch jeden Fall. Es geht nicht mehr um einen selbst. Es ist das Großartigste auf der Welt. Es ist die Abrechnung mit allem. All die Klischees stimmen. Es ist der Sinn des Lebens. Das Einzige, was wirklich zählt, sind das Glück und die Gesundheit dieses kleinen Wesens. Alle haben mir das vorher gesagt, aber es ist etwas, das man selbst erleben muss. Bei manchen Dingen im Leben kann nichts die Erfahrung ersetzen.
FF: Welchen Deiner Filme wirst Du ihm zuerst zeigen?
JS: Die Mama würde sagen: "Keinen davon!" Ich meine, es gibt nicht viele meiner Filme, die er in absehbarer Zeit sehen könnte. (lacht)
FF: Vielleicht musst Du demnächst einen Kinderfilm drehen.
JS: Ich weiß nicht… Ich hatte einen ehemaligen Agenten, der immer wieder davon gesprochen hat. Aber sie versuchen ja auch, einen in jede mögliche Rolle zu stecken, oder? Ich habe kein Problem mit Kinderfilmen, ich denke sie sind großartig. Aber, ähm, ich weiß nicht, ob sie was für mich sind.
FF: Apropos Familie. Die Shaw-Familie wächst von Film zu Film. Wir lernten erst seinen Bruder kennen, gespielt von Luke Evans. Helen Mirren spielt deine Mutter. Der neue Film führt dann Shaws Schwester ein, gespielt von Vanessa Kirby. Werden wir jemals Shaws Vater treffen?
JS: Ich liebe Helen Mirren. Sie kam dazu und drehte einige Tage mit uns. Sie ist die großartigste Person für gemeinsame Szenen. Shaws Dad… hmm. Es ist interessant. Wir haben häufig darüber gesprochen, wer Shaws Dad wäre und wen wir in diese Welt für die Rolle reinbringen könnten.
FF: Wer steht auf Deiner Wunschliste für Shaws Dad? Liam Neeson vielleicht?
JS: Er könnte gut sein, weil er ein Badass ist. Michael Caine natürlich auch. Ich meine, Michael Caine wäre wirklich die ultimative Wahl. Er wäre fantastisch.
FF: Fast & Furious ist Dein größtes Franchise, aber Du hast auch einige andere. Gibt es Neuigkeiten bezüglich The Expendables 4 oder MEG 2?
JS: Es gibt Gespräche über beide. Es werden Gespräche über einen weiteren Expendables geführt. Es werden Gespräche über einen weiteren MEG geführt. Aber nichts davon steht unmittelbar an. Wir warten auf die Drehbücher und dann schauen wir weiter.
FF: Du hast viele Actionszenen und Stunts in Deinen Filmen gemacht. Was war die beängstigendste und gefährlichste Situation, in der Du je warst?
JS: Das ist leicht zu beantworten. Ich bin beim Dreh zu The Expendables 3 fast gestorben. Die Bremsen des Trucks, den ich zur Zielmarke vorfahren sollte, haben versagt, direkt an einem Dock am Schwarzen Meer, wo wir den Film drehten. Ich sollte auf die Kamera zufahren und den Truck anhalten. Ich habe diesen Lastwagen vorher noch nie gesteuert, also wollte ich eine Testfahrt vor dem eigentlichen Dreh machen. Das Getriebe ist manchmal alt und macht Probleme. Man möchte ein Gefühl für die Bremsen entwickeln. Also fahre ich diesen drei Tonnen schweren Tieflader mit etwa 30 Meilen pro Stunde, während sich die anderen Jungs auf die Szene vorbereiten. Ich komme um die Ecke, sehe die Zielmarke und drücke auf die Bremse – nichts passiert. Die Hydraulik versagt. Es gibt keinerlei Bodenhaftung. Ich fahre direkt in den 900 Kilo schweren Kamerawagen rein. Die Kameraleute verschwinden aus meinem Blickfeld und ich höre diesen furchtbaren Knall. Ich dachte, ich hätte buchstäblich die beiden Kameraleute getötet. Es war das düsterste, niederschmetterndste Gefühl, das man sich vorstellen kann, weil ich sie nicht warnen konnte.
Während ich verarbeitet habe, was passiert ist, wurde mir auch klar, dass ich über den Rand ins verdammte Meer falle. Ich musste dafür sorgen, dass ich aus dem Laster aussteige. Das Fenster war runter und ich drückte mich aus meinem Sitz zum Fenster. Just in dem Moment knallte der Laster aufs Wasser und eine massive Wasserwelle warf mich zurück. Die Fahrerkabine füllte sich innerhalb von Sekunden mit Wasser. Es war ein furchterregender Moment. Mir wurde bewusst, dass ich keine Luft vorher geholt habe, die mir mehr Zeit verschafft hätte. Als ich versuchte habe, herauszukommen, verbrauchte ich Sauerstoff und dann war ich plötzlich unter der Oberfläche und sank im schmutzigen, trüben Wasser. Ich hatte keine Luft. Ich trieb frei im Wasser und wusste nicht mehr, wo das Fenster war. Ich war desorientiert, panisch, und habe versucht, die Fassung wiederzuerlangen. Ich war buchstäblich dabei zu ertrinken. Als ich etwas spürte, was ich für das Steuerrad hielt, habe ich mich daran hochgezogen, aber mein Halfter steckte fest. Ich war am Sterben. Ich dachte: "Das ist das Ende. Hier endet alles." Ich schwankte zwischen "Ich werde es schaffen" und "Das war’s." Zu diesem Zeitpunkt setzt ein Reflex ein, der einen dazu bringt, Luft zu holen, aber man darf natürlich nicht. Ich trug meine Armeejacke, Stiefel und alles. Ich war wirklich sehr schwer im Wasser und habe mich krampfhaft hochgezogen. Ich weiß nicht, wie tief es war. Vielleicht zehn Meter, vielleicht fünf. Ich kann mich nur an meinen Reflex erinnern, den Mund aufzumachen, um nach Luft zu schnappen, und wie ich mich zwang, den Mund wieder zuzumachen. Ich habe erlebt, wie es ist, wenn man ertrinkt. Gott weiß wie, aber ich habe mich mit der ganzen Kraft hochgekämpft. Irgendwann tauchte mein Kopf über dem Wasser auf und ich überlebte. Ich war dem Tod sehr nahe. Es war nicht einmal ein Stunt. Es war lediglich eine Probe, um meine Zielposition für eine sehr einfache Aufnahme zu finden.
Es war eine schlimme Erfahrung. Die nächsten Wochen war ich einfach nur dankbar, am Leben zu sein. Man braucht eine solche Nahtod-Erfahrung, um wirklich zu schätzen, wie es ist, am Leben zu sein. Ich denke, wir sollten alle etwas Vergleichbares durchleben, damit man die richtige Perspektive aufs Leben bekommt.
FF: Wow, meine Hände schwitzen alleine vom Zuhören. Das war ja spannender als die meisten Thriller, die ich dieses Jahr gesehen habe! Vielen Dank für das tolle Interview, Jason.
von Arthur Awanesjan
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Fast & Furious: Hobbs & Shaw läuft seit dem 1. August in den deutschen Kinos. Hier ein Vorgeschmack: