Iron Man 3, USA/CN 2013 • 131 Min • Regie: Shane Black • Mit: Robert Downey Jr., Gwyneth Paltrow, Don Cheadle, Ben Kingsley, Rebecca Hall, Guy Pearce • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 01.05.2013 • Deutsche Website
Handlung
Im dritten Teil der Iron-Man-Reihe ist Tony Stark (Robert Downey Jr.) zu Beginn ein gebrochener Mann. Zwar triumphierten er und seine Avengers-Kollegen über die außerirdische Invasion in New York, doch das Erlebnis hat seine Spuren bei Tony alias Iron Man hinterlassen. Er ist von Panikattacken geplagt, kann nachts nicht schlafen und gräbt sich in die Arbeit an neuen Iron-Man-Anzügen ein, Auch seine Beziehung zu „Pepper“ Potts (Gwyneth Paltrow) leidet ungemein darunter. Zu allem Übel verübt ein wahnsinniger Osama-bin-Laden-artiger Terrorist, bekannt als der Mandarin (Ben Kingsley), eine weltweite Reihe von Bombenanschlägen, ohne dabei jegliche Spuren zu hinterlassen. Dabei arbeitet er scheinbar auf ein großes Ereignis hin, das zur Weihnachtszeit stattfinden soll. Auch der kürzlich von der Regierung von War Machine zu Iron Patriot umgetaufte James Rhodes (Don Cheadle), Tonys bester Freund, kann gegen den Schurken wenig ausrichten. Als bei einem dieser Anschläge auf US-amerikanischem Boden jemand verletzt wird, der Tony nahe steht, schwört dieser „gute altmodische Rache“. Doch er weiß noch nicht, wen er da herausfordert. Bevor er sich versieht, liegt sein Anwesen in Trümmern und er selbst kommt nur knapp mit dem Leben davon. Um der Gefahr Einhalt zu gebieten, macht sich Tony auf die Suche nach Mandarins mysteriöser Waffe und entdeckt dabei eine überraschende Verbindung zu seiner Vergangenheit…
Kritik
Das Problem vieler Filme besteht heutzutage darin, dass deren Marketing-Kampagnen zu viel von dem verraten. Hat man die zahlreichen Teaser, Trailer, TV-Spots und Featurettes gesehen, so hat man das Gefühl, den ganzen Film gedanklich bereits zusammensetzen zu können. Es ist natürlich nur verständlich, dass das Studio die besten Momente des Films in den Trailern zeigen will, um so Begeisterung und Vorfreude zu erwecken. Zugleich kann man sich als Zuschauer aber auch nicht des Gefühls erwehren, mit der Ausnahme der einen oder anderen überraschenden Wendung (meist am Ende), jede wichtige Szene bereits im Vorfeld gesehen zu haben. Ich selbst habe mich dabei ertappt, wie ich bei der ersten Sichtung von The Dark Knight Rises auf ganz bestimmte Szenen und Momente gewartet habe, die ich schon aus den Trailern kannte.
Iron Man 3 ist nicht einer dieser Filme. Er ist eine Rarität; ein Film, dessen Haupthandlung sich erst beim Anschauen des fertigen Produkts offenbart. Das Überraschende daran ist, dass man gar nicht damit rechnet. Rückblickend, wird mir klar, wie wenig man von dem Film durch das Marketing im Vorfeld erfahren hat. Ein verrückter Terrorist greift bedroht die USA, greift Tony Stark persönlich an und zerstört sein Anwesen. Tony und Rhodes schlagen zurück und werden von Dutzenden ferngesteuerter Iron-Man-Anzüge unterstützt… Da endet es eigentlich auch. Ein großes Lob gilt hier der Marketing-Abteilung, die es geschafft hat, eine effektive Werbekampagne für den Film zu basteln und dabei nur vergleichsweise wenig zu zeigen. Gerade das ist hier sehr wichtig, denn für einen dritten Teil einer Superhelden-Filmreihe hält Iron Man 3 mehr Überraschungen und Wendungen bereit als man ihm zugetraut hätte (wobei er sich bei einer davon bei einem anderen Superheldenfilm der letzten Jahre bedient).
Ein Löwenanteil des Lobs für Iron Man 3 gebührt Shane Blacks Drehbuch und Regie. Black, dessen ironische Drehbücher Ende der Achtziger und Anfang der Neunziger das Action-Genre geprägt haben, übernimmt in seiner zweiten Regiearbeit die Zügel von Jon Favreau (der wieder in der Rolle des übermotivierten Security-Chefs Happy Hogan zu sehen ist). Obwohl Black noch nie einen Film in der Größenordnung von Iron Man 3 inszeniert hat, scheint es nur natürlich, dass er den Zuschlag bekam. Es ist seinem genialen (und leider unterschätzten) Regiedebüt Kiss Kiss Bang Bang zu verdanken, dass Robert Downey Jr.s Karriere eine Wiederauferstehung nach seinen zahlreichen Drogenskandalen erleben durfte. Die von Black wunderbar zynisch und selbstreferenziell geschriebene Rolle kann als eine Art Vorläufer zu dem Part von Tony Stark gesehen werden und es ist kaum eine gewagte Schlussfolgerung, dass Downey Jr. den Iron-Man-Part seiner Performance in Blacks Film zu verdanken hat. So schließt sich der Kreis und Black setzt seine Zusammenarbeit mit Downey Jr. nahtlos da fort, wo sie zuletzt aufgehört haben. Von dem Off-Kommentar in den ersten zehn Sekunden des Films an, weiß man, es mit einem Film von Shane Black zu tun zu haben. Beim besten Willen kann ich mir keinen anderen Schauspieler vorstellen, der Blacks süffisante One-Liner und blitzschnelle trockene Kommentare besser umsetzen könnte als Robert Downey Jr. Blacks Drehbuch und Downey Jr.s Umsetzung des Geschriebenen auf der Leinwand machen Iron Man 3 zum bislang lustigsten Eintrag aller Filme des neuen Marvel-Universums, das 2008 mit Iron Man begann. Es gibt sogar mindestens eine direkte Anspielung auf Kiss Kiss Bang Bang, von einem „Downton Abbey“-Gag ganz zu schweigen!
Das bringt einen unumgänglich zu dem Star des Films, dem Mann in der eisernen Maske – Robert Downey Jr.s Tony Stark sagt in der letzten Szene von Iron Man “Ich bin Iron Man“ (auch dazu gibt es hier eine nette Referenz) und wahrhaftiger könnte diese Aussage nicht sein. Robert Downey Jr. ist Iron Man, wie Harrison Ford Indiana Jones, Bruce Willis John McClane und Sylvester Stallone Rocky sind. Kaum ein Schauspieler könnte so arrogant und vergnügt herablassend spielen und dennoch so ungestraft davon kommen – weil er eben cool ist. Ihm verzeiht man das nicht nur, man wünscht sich das. Sollte Downey Jr., wie kürzlich angedeutet, als Tony Stark aussteigen wollen (seine vertragliche Verpflichtung läuft mit Iron Man 3 ab), so beneide ich die Person nicht, die in seine Fußstapfen treten muss. Doch neben dem selbstgefälligen und zynischen Stark, bekommt Downey Jr. in diesem Film die Gelegenheit, auch andere Seiten seines schauspielerischen Könnens unter Beweis zu stellen. Nachdem Tony in Iron Man 2 mit körperlicher Schwäche zu kämpfen hatte, ist es im dritten Teil seine Psyche, die angeschlagen ist. Diese Momente der Schwäche kann der Mime ebenso überzeugend darstellen, wie die der grenzenlosen Selbstüberzeugung.
Sollte dieser Hinweis auf Tonys Leiden aber jemanden dazu veranlassen zu denken, wir hätten es bei Iron Man 3 mit einem weiteren Vertreter der neuen Nolan’schen Gattung von Blockbustern zu tun (sprich: düster, böse und bedrückend) – weit gefehlt! Es wäre ein Leichtes, sich von dem durch Christopher Nolans etablierten „neuen Standard“ der Superhelden-Filme beeinflussen zu lassen. Doch genau so wie sich schon Marvel’s The Avengers diesem Trend wiedersetzt hat, will Shane Black nichts davon wissen. Zwar behandelt er seine Figuren und die Handlung mit dem Ernst und dem Respekt, den sie verdienen, doch er lässt auch nie Zweifel aufkommen, dass es sich um einen Comic-Film handelt – mit Betonung auf „Comic“. Zwar wird nichts ins lächerlich Übertriebene gezogen, doch auch in den brenzligsten Situationen (sogar gerade dann) ist Tony Stark nie um einen flotten Spruch verlegen. Sowohl Nolans Art als auch Blacks und Whedons locker–amüsante Popcorn-Unterhaltung haben gleichermaßen ihre Daseinsberechtigung und das ist auch gut so.
Neben Downey Jr. ist es Ben Kingsley als der Mandarin, der eine Gelegenheit zum Brillieren erhält. Unter allen bisherigen Bösewichten der Iron-Man-Reihe, macht der Oscarpreisträger mit Abstand den besten Eindruck (wobei die Messlatte hier nicht sonderlich hoch liegt). Der seit Jahren gerne als Bösewicht besetzter Kingsley (Prince of Persia, Der Diktator, Lucky Number Slevin), schafft es dennoch ungekannte Seiten in seiner Rolle zum Vorschein zu bringen und geht in der Rolle voll auf. Der Moment, in dem der große Masterplan des Bösewichts enthüllt wird, wird vielen Zuschauern gut im Gedächtnis bleiben.
Der Rest der Besetzung kann gut mithalten und niemand sticht negativ heraus wie Sam Rockwell in Iron Man 2. Gwyneth Paltrows Chemie mit Downey Jr. ist immer noch spürbar und die beiden gehören mit Sicherheit zu einem der besten und stimmigsten Paare in der langen Geschichte von Comicbuchverfilmungen. Don Cheadles Part wirkt verglichen zum ersten Sequel etwas reduziert, doch der Schlagabtausch zwischen ihm und Downey Jr. erinnert in seinen besten Momenten an Gibson und Glover aus Shane Blacks Lethal Weapon (ich vermisse trotzdem Terrence Howard). Guy Pearce als ein genialer Wissenschaftler und Geschäftsmann, den Tony vor langer Zeit abblitzen ließ, bildet den Gegenpart zu Tony Stark so gut, wie Sam Rockwells Justin Hammer es hätte tun sollen. Lediglich Rebecca Hall wirkt in ihrer Rolle von Starks früherer Affäre, deren Erfindung eine große Rolle in den Geschehnissen spielt, arg unterfordert.
Bei all dem wohlverdienten Lob, muss aber auch erwähnt werden, dass Iron Man 3 weit davon entfernt ist, ein perfekter Film zu sein. Einerseits meistert Black die Balance aus Comedy und Action gut. Der Angriff auf Starks Anwesen ist ein atemberaubender Anblick, in dem alles an visuellen Effekten aufgefahren wird. Das 3D ist dabei allerdings keine Erwähnung wert. Black gibt Stark auch die Charaktermomente, die in Teil 2 gefehlt haben, doch andererseits sorgt gerade das im Mittelteil des Films für einige Längen, wenn Tony die Puzzleteile zusammenzusetzen versucht, um ein Geheimnis zu enthüllen, das die Zuschauer bereits (teilweise) begriffen haben. Starks Zwischenstopp in einer Kleinstadt, in der er gezwungen ist, die Hilfe eines altklugen Jungen (Ty Simpkins) in Anspruch zu nehmen, ist zwar dank Black und Downey Jr. nicht so zuckersüß, wie sie hätte sein können, man hätte aber auch gut darauf verzichten können. Ein weiteres, nicht zu überdeckendes Problem, sind die zahlreichen Inkonsistenzen der Handlung, die sich gegen Ende häufen. Da es sich hierbei jedoch um wichtige Handlungselemente handeln, die nicht verraten werden sollen, kann ich nicht ausführlich darauf eingehen. Nur so viel sei gesagt – die Superwaffe des Bösewichts wird die eine oder andere Augenbraue hochgehen lassen. Schließlich bleibt natürlich auch die Frage, die man sich nach The Avengers bei den meisten Alleinauftritten der Marvel-Superhelden stellen wird: wieso greift nicht zumindest S.H.I.E.L.D. um Nick Fury, Black Widow und Captain America Tony unter die Arme, wenn die Gefahr so groß ist?
Gleichzeitig begrüße ich aber Letzteres. Iron Man 2 wirkte mehr wie eine Überleitung zu The Avengers denn wie ein eigenständiger Iron-Man-Streifen. Das vermeidet Black (der das Drehbuch gemeinsam mit Drew Pearce schrieb) komplett und konzentriert sich voll und ganz auf Iron Man. Natürlich ist es schwer, die Existenz der anderen Superhelden zu ignorieren. Black macht das Bestmögliche daraus: auch wenn die oben genannte Frage nicht beantwortet wird im Film, erkennt Iron Man 3 die Existenz der Avengers und die Ereignisse des vorherigen Film an und scheut sich nicht davor, diese immer wieder anzusprechen. Sogar die Marvel-übliche nach-dem-Abspann-Szene wird zum ersten Mal nicht als Verweis auf den nächsten Marvel-Film, sondern für einen amüsanten Gastauftritt genutzt.
Schließlich stellt sich Iron Man 3 als eine deutliche Verbesserung gegenüber dem zweiten Film heraus, doch der erste Iron Man bleibt weiterhin der beste Film, den Marvel seit Beginn des Avengers-Universums produziert hat. Vielleicht ist es Black und seinem Hauptdarsteller gegenüber sogar etwas unfair, doch die respektlose Frische, die Robert Downey Jr. im ersten Film an den Tag gelegt hat, hat einen Neuheitswert gehabt, den man mit keinem der Sequels erreichen kann. Die Geschichte, wie man zum Superhelden wird, kann man eben nur einmal erzählen und es scheint so, als wäre dieser Werdegang bereits der Höhepunkt von Iron Mans Leinwandkarriere. Gleichzeitig ist das auch Meckern auf hohem Niveau, denn das, was Black und sein Team uns mit Iron Man 3 bescheren, ist eine feine Mischung von Humor und Drama, aus effektreicher Action und Charaktermomenten – mit anderen Worten: aus Tony Stark und Iron Man.
Fazit
Das dritte Solo-Abenteuer von Iron Man glänzt durch Shane Blacks wendungsreiches, ironisches Drehbuch und Robert Downey Jr.s süffisantes Spiel, die einen auch einige Längen und inkonsistente Handlungselemente verzeihen lassen. Das Marvel-Universum der Avengers wird im Geiste mit Respekt fortgeführt, ohne jedoch zu vergessen, um wen es hier eigentlich geht.
EVTL LEICHTE SPOILER
Comicverfilmungen sind nicht mein Steckenpferd, sind mir einfach zu doof mit maßlos übertriebener Action, lauer Story und oft platten Charakteren. Iron Man 3 ist ein würdiger Vertreter dieser Zunft. The Avengers war noch ganz gut, hatte mit Loki einen coolen Bad Ass, aber auch diese Chance hat Shane Black vertan, Guy Pearce wurde als makelloser Model-Verschnitt total verschenkt, die Figur ist so platt, da ist die Walze mindestens fünf mal drübergefahren. Ohne einen vernünftigen Antagonisten ist jeder Superheldenfilm für mich ein Fall für die Tonne, da kann Tony noch so viele Sprüche klopfen. Ben Kingsley war das humoristische Highlight des Films, der Rest war so lauwarm. Wer auf den Kram steht, wird aber sicher seine helle Freude haben.
6/10