Tag drei war von Anfang bis Ende Unterhaltung pur. Was mit der Zombiekomödie Dead Banging (Metalca) nett losging, endete mit dem vollends überzeugenden Drama Miss Zombie (Miss Zombie). Den Bogen spannte mit Gothic Lolita Battle Bear (Nuigurumâ Z) eine total abgedrehte Actionkomödie, die Unmengen Zuschauer ins Studio-Kino lockte und so für eine ausverkaufte Vorstellung sorgte. Ein Wahnsinnstag!
Dead Banging (2013)
(Metalca)Kanna (Naoko Watanabe) hat bereits als kleines Mädchen mit ihrer Plastikgitarre in der Küche gerockt, sehr zum Leidwesen ihrer Eltern. Für sie war klar, dass sie irgendwann auf der großen Bühne stehen will. Doch jedes Mal, wenn sie kurz vor einem Gig steht, bekommt sie Panik und vermasselt den Auftritt. Das ändert sich nach unzähligen gescheiterten Versuchen durch einen Autounfall. Mit ihrer letzten Band fährt sie nachts einen Mann auf der Straße über den Haufen. Als sie ihm helfen wollen, wird klar, dass es sich nicht um einen normalen Menschen handelt, sondern um einen Zombie. Für Kanna und ihre Bandkollegin Manako ist es die Chance, eine Band zu gründen, die es so noch nie gegeben hat: Hanaji (dt.: Nasenbluten), mit Tetsuo (NIY), dem Zombie. Schnell finden sich noch zwei alte Freunde von Manako, die sich der Band anschließen. Während Japan immer weiter durch einen Virus in eine Zombie-Nation verwandelt wird, rockt die Girlband unermüdlich weiter und legt sich dabei sogar mit der Regierung an.
Dead Banging besticht zunächst durch coole Musik, toughe Mädels und einen der skurrilsten Charaktere, die jemals über die Leinwand schlurften: Tetsuo. Der klingt zwar wie ein Ork aus den Herr der Ringe-Filmen, ist aber weitaus sympathischer. Nach einem sehr starken Start à la Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast baut die Stimmung zum Ende hin leider immer mehr ab. Regisseur und Drehbuchautor Eiji Uchida verliert sich dabei zu sehr in moralischen Erbauungen und im Selbstmitleid seiner Charaktere. Dass außer der Hauptdarstellerin Naoko Watanabe den anderen Mädels das Schauspielerische fehlt, ist schnell verziehen. Es handelt sich immerhin um die echten Mitglieder der Band Gacharic Spin. Sie gleichen ihr schauspielerisches Defizit durch das musikalische Talent wieder aus. Dass die Handlung aber so stark abbaut und nur durch wenige Höhepunkte noch am Laufen gehalten wird, ist nicht so leicht zu verzeihen.
3/5 Sterne
Gothic Lolita Battle Bear (2014)
(Nuigurumâ Z)Yumeko (Shôko Nakagawa) ist durch und durch eine Gothic Lolita. Als sie bei ihrer Schwester und deren Tochter aus dem Nichts zu Besuch auftaucht, ahnt sie noch nicht, was sie erwarten wird. Durch einen Zufall entdeckt sie den sprechenden Teddybären Busuke. Er erklärt ihr, dass er unbedingt seinen Freund Takeshi finden muss. Yumeko hilft Busuke bei seiner Mission. Doch Takeshi hat sich zu einem Tyrannen entwickelt, der die Menschheit mit einer Zombiearmee niederstrecken will. Im Angesicht des Todes verbinden sich Yumeko und Busuke zu einem noch nie da gewesenen Superhelden: Nuigurumâ. Ein mit aberwitzigen Fähigkeiten ausgestatter Held aus Plüsch und Wolle, der die Menschheit befreien und die Prinzessin, die zufällig Yumekos Nichte ist, beschützen will. Ein farbenprächtiger Trip, der einem Anime entsprungen sein könnte, beginnt.
Wenn man die Story mit dem Hinweis „based on a song“ beschreibt, dann ist eigentlich schon alles gesagt. Gothic Lolita Battle Bear ist eine Rückblende, zu deren Anfang nicht mehr zurückgekehrt wird. Wie gewohnt hat sich Noboru Iguchi äußerst kreative Gedanken gemacht und einen neuen Superhelden der besonderen Art erschaffen. Der Film splattert hier und da mit digitalen Blutspritzern, ist aber kein Vergleich zu seinen vorherigen Werken Robo Geisha (Robogeisha) und The Machine Girl (Kataude Mashingâru). Der Film ist schrill, bunt und total durchgeknallt. Iguchi schafft es wirklich den gesamten Film über, immer noch einen draufzusetzen: Von löffelwerfenden androgynen Wesen bis hin zu Laserstrahlen abfeuernden Boobs ist alles vertreten. Und mittendrin ein Superheld, der im Namen des Knopfauges für den Schutz der Prinzessin kämpft. Dagegen sind Spider-Man und Bruce Lee ein Witz. Die Schauspieler und der Regisseur haben sichtlich Spaß an ihrem Tun und wissen, wie bekloppt das alles eigentlich ist. Dadurch ist eine luftig-leichte Komödie entstanden, die wenig Tiefgang, aber viel Wolle und Pink zu bieten hat. Sicherlich nicht für jeden was, aber mir hat’s Spaß gemacht.
4/5 Sterne
Miss Zombie (2013)
(Miss Zombie)Im Japan der Zukunft halten sich wohlhabende Familien Zombies als Haushaltshilfen und Dienstmädchen. Sie werden wie Tiere in Käfigen geliefert, zusammen mit einer Anleitung und einer Waffe. Miss Zombie zeigt das Leben einer dieser Wesen (Ayaka Komatsu). Ein Leben, das keines mehr ist. Sie wird mit Steinen beworfen, angegriffen, erniedrigt. Eintönig wandelt sie zwischen Arbeit und Wohnung hin und her. Immer auf die gleiche Weise. Doch als eines Tages der Sohn der Familie stirbt, holt sie ihn als Zombie zurück in die Welt. Mit verheerenden Folgen für die Beziehung zwischen Mutter und Sohn. Denn der wendet sich verstärkt seiner Retterin zu. Das ist nur die Spitze für die langsame Veränderung der Mutter. Denn während die eine durch die Nähe zu dem kleinen Jungen ihren eigenen Träumen nahe kommt, wandelt sich die andere. So wird der Zombie immer menschlicher und die Mutter immer mehr zum Monster. Ein tragisches Ende ist unausweichlich.
Weitaus ernsthafter mit dem Zombie-Thema hat sich Hiroyuki Tanaka, vielen als Sabu bekannt, auseinandergesetzt. Er äußert mit seinem Werk Miss Zombie eine stille, aber ausdrucksstarke Kritik an der Gesellschaft und den Menschen. Die Protagonistin ist ein Zombie erster Stufe und damit eigentlich ungefährlich für die Menschen. Und doch ist sie anders, durch ihre Äußerlichkeiten, ihre Bewegung, ihr Verhalten, ihre gesamte Erscheinung. Ihr Umfeld scheint davon so geblendet zu sein, dass es den Rest ihrer Menschlichkeit nicht mehr wahrnehmen kann, sondern nur das Monster in ihr sieht. Das bekommt sie jeden Tag zu spüren. Mit stupiden Arbeiten im Haus wird sie als funktionierendes Objekt missbraucht. Missbrauch in jeglicher Hinsicht begleitet sie durch den Arbeitstag. Man baut als Zuschauer unwahrscheinlich schnell eine Beziehung zu ihr auf. Das macht die Misshandlungen, die sie allein auf dem Weg von ihrer Wohnung zur Arbeit durchmacht, fast schon unerträglich. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeichnen eine melancholische Welt, in der ein Zombie, der eigentlich mehr Mensch als Monster ist, trotz seiner Träume und Wünsche bereits als Toter wandelt. Tanaka arbeitet sehr gekonnt mit Tempo, Worten und Musik, die sehr präzise und behutsam eingesetzt werden. Erschreckend real zeigt er die Parallelen zu den illegalen Haushaltshilfen in Asien, die wie Sklaven gehalten werden, mit einem stillen Protest. Das Geräusch, das durch das immergleiche rhythmische Wischen des kratzigen Schwamms über den Steinboden entsteht, hat mich bis in die Nacht verfolgt. Ein Meisterwerk und ein absolutes Highlight des Filmfests.