John Carter, USA 2012 • 132 Min. • Regie: Andrew Stanton • Drehbuch: Andrew Stanton, Mark Andrews, Michael Chabon • Mit: Taylor Kitsch, Lynn Collins, Ciarán Hinds, Willem Dafoe, Samantha Morton, Mark Strong, Bryan Cranston • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 8.03.2012 • Website
Handlung
John Carter (Taylor Kitsch) aus Virginia ist ein hochdekorierter, aber zugleich auch desillusionierter Held des Bürgerkriegs in den USA. Der Krieg kostete ihm seine Familie. Nun streift er im Wilden Westen auf der Suche nach der mythischen Höhle voller Gold umher. Als er diese durch einen Zufall findet, erwartet ihn allerdings mehr als nur Reichtum. Durch eine nicht gerade freundschaftliche Begegnung mit einem außerirdischen Wesen wird John Carter ohnmächtig und wacht auf dem Mars (oder auch Barsoom genannt in der einheimischen Sprache) auf. Prompt gerät er in Gefangenschaft von 3 Meter großen, vierarmigen, grünen Aliens, den Tharks. Die Unterschiede in der Gravitation zwischen der Erde und dem Mars verleihen John Carter anfangs Probleme, später aber ungeahnte Kräfte. So ist er nun mit unglaublicher Stärke ausgestattet und ist in der Lage, über immense Distanzen zu springen. Durch diese Superkräfte gewinnt er den Respekt der Tharks, wird aber auch bald widerwillig in einen Krieg hineingezogen, der zwischen den beiden humanoiden Rassen von Barsoom herrscht und den Planeten zugrunde richtet. Hinter dem Ganzen steht allerdings eine weitere Partei, die gottähnlichen, allmächtigen Therns, die die Geschicke aus dem Hintergrund manipulieren. Dabei wird es für Carter auch persönlich, denn er verliebt sich in Dejah Thoris (Lynn Collins), die Tochter des Königs von einem der beiden menschlichen Marsvölker. Diese soll aber mit dem Anführer der bösen Zodanganer vermählt werden, damit wieder Frieden herrscht.
Kritik
John Carter – Zwischen zwei Welten hat eine wahrlich lange Entstehungsgeschichte hinter sich. Der mehr für seine andere Schöpfung, den Urwaldhelden Tarzan, bekannte Autor Edgar Rice Burroughs (der als Charakter selbst im Film auftaucht) erschuf die Figur John Carter im Jahre 1912. Zuerst in Buchform publiziert wurden seine Abenteuer im Jahre 1917 unter dem Titel "Die Prinzessin von Mars". Zehn Fortsetzungen folgten, wobei Carter nicht in allen die Hauptfigur war. Die Figur, ein prototypischer Science-Fiction Held, der in fremder Umgebung strandet und einen Krieg führen muss, den er nicht angefangen hat, erfreute sich ziemlicher Beliebtheit, wurde aber von Burroughs bekannterer Kreation immer überschattet. Dennoch übten John Carter und die von Burroughs erschaffene Welt von Barsoom großen Einfluss auf die Science-Fiction-Literatur und Genre-Filme aus. So findet man Anleihen von John Carter in diversen Werken, von Flash Gordon über Star Wars bis hin zu Avatar. Star Wars ist aber wohl der prominenteste Vertreter der großen, epischen Science Fiction Sagen, die sich bei Burroughs reichlich bedient haben. Umso überraschender ist es, dass sein eigentliches Werk nie für das Kino adaptiert wurde. Nicht dass man es in Hollywood nicht versucht hatte. Die Adaption wurde immer wieder in Angriff genommen, wechselte im Laufe der Jahre von MGM über Disney zu Paramount und dann zurück zu Disney. Robert Rodriguez, John McTiernan und Jon Favreau sind nur einige der Namen, die zu bestimmten Zeitpunkten als Regisseure im Gespräch waren. Doch aus verschiedenen Gründen (mal waren es Drehbuchprobleme, mal zu hohe Budgetanforderungen) kam das Projekt nie zustande. Zum 100-jährigen Jubiläum der Figur erblickte John Carter doch das Licht des Filmprojektors.
Disney setzte offensichtlich immense Erwartungen in den Film, denn das $250-Mio-Budget ist eins der höchsten aller Zeiten. Die gute Nachricht ist, dass man dieses Budget auf der Leinwand deutlich sehen kann. Die visuellen Schauwerte stellen zweifelsohne die größte Stärke dieses Films dar. Burroughs Welt wird beeindruckend ins Leben gerufen. Die Kreativität, die man hier auf der Leinwand erblickt, kennt wenig Grenzen. Andrew Stanton, der bereits durch die visuell unglaubliche Welt in seinem Pixar-Werk WALL-E überzeugte, schöpft hier aus seiner größten Stärke. Die insektoid anmutenden, von Solarenergie angetriebenen Kampfschiffe, die verschiedenen photorealistischen Kreaturen, die Barsoom bewohnen, die Schauplätze (Utah musste für die Ödnis von Mars herhalten) und die sich ständig in Bewegung befindenden mechanischen Städte von Mars sind nur einige der zu nennenden Schauwerte, die es wert machen, diesen Film auf der großen Leinwand (oder zumindest auf einer entsprechenden Heimkino-Anlage) zu sehen. Doch es sind insbesondere die Effekte, durch die die Alienrasse der Tharks zum Leben erweckt wurde, die durch ihre Brillanz herausstechen. Die Effekte sind so gut umgesetzt, dass man diesen vierarmigen Riesen die verschiedenen Charaktere abnimmt (was auch durch gutes Voice Acting seitens Samantha Morton und Thomas Haden Church erreicht wird). Nur das 3D lässt etwas zu wünschen übrig, insbesondere wenn man es mit dem kürzlich erschienenen 3D-Meisterwerken wie Hugo Cabret oder Gravity vergleicht.
Was Andrew Stanton angeht, so schafft er hier mühelos den Sprung von Animation ins Realfilm-Geschäft. Es ist bereits der zweite Animations-Regisseur aus Pixars Schmiede, der den Wechsel zu Realfilmen wagte. Stantons Arbeit hier ist nicht so beeindruckend, die Brad Birds Realfilmdebüt Mission: Impossible – Phantom Protokoll, doch das liegt auch teilweise an der leicht trashigen und ausgelutschten Vorlage. Stanton holt trotzdem ziemlich viel aus dem Drehbuch, welches sicherlich unzählige Male umgeschrieben wurde, heraus. Nur in puncto Action bleibt er deutlich hinter Bird zurück. Seine Actionszenen, bis auf den Arenakampf von John Carter gegen die riesigen weißen „Affen“, sind nie so berauschend und spannungsgeladen, wie Birds superb inszenierte Action in Mission: Impossible. In der Tat hinterlässt das große Finale von John Carter einen leicht enttäuschenden Eindruck. Zu schnell geht die finale Schlacht vonstatten und bevor man wirklich in die Action hineingezogen wird, ist es schon vorbei. Dies ist insbesondere verwunderlich, wenn man die insgesamt solide Laufzeit von über 130 Minuten bedenkt.
Die wirklichen Probleme des Films liegen dennoch nicht in der Action, denn diese hat auf jeden Fall einen sehr guten Unterhaltungswert. Das eigentliche Manko liegt, wie bereits angedeutet, beim Drehbuch. Hier wird jedes Genreklischee ausgespielt, das man sich vorstellen kann. Zwar ist es klar, dass es die anderen Werke waren, die sich bei Burroughs in der Vergangenheit bedient haben, doch man kommt trotzdem nicht umhin, den Film als eine Melange zu sehen, die zu gleichen Teilen aus Die Zeitmaschine, Lawrence von Arabien, Avatar und Star Wars besteht. Sicherlich war es auch die Intention von Disney zu versuchen, ein Star-Wars-ähnliches Franchise zu starten, bevor das Studio Lucasfilm erworben hat. Doch fehlt John Carter das Besondere Etwas, um einen solchen Kultstatus zu erreichen. Die Handlung ist hier wirklich unnötig kompliziert, sodass man am Ende die Motivation der manipulativen Therns nur halbherzig erklärt und viele Plotlöcher einfach unter den Teppich gekehrt werden. Außerdem fällt es doch arg auf, dass John Carters (nur dürftig erklärte) Superkräfte im Laufe des Films immens variieren. So hat er anfangs Probleme, normal zu gehen, überwindet diese aber sehr plötzlich. Ferner kann er anfangs Sprünge von einigen Metern machen, ist aber gegen Ende des Films durchaus in der Lage, von einem Gebäude aufs andere zu springen – über die halbe Stadt hinweg. Wechselt vielleicht die Anziehungskraft auf dem Mars mit der Zeit?
Taylor Kitsch macht sich ordentlich in der Hauptrolle. Das dem Charakter aufgezwungene Trauma aus der Vergangenheit ist ein misslungener Versuch, ihm mehr Tiefe zu verleihen. John Carter bleibt immer zweidimensional und etwas blass und hölzern. Doch wenn man einen der größten Sci-Fi Helden aller Zeiten, Luke Skywalker, anschaut, ist eine besondere Tiefe offensichtlich keine Voraussetzung für eine solche Rolle. Kitsch schlägt sich gut in den Actionsequenzen, hat eine solide Chemie mit Lynn Collins und bringt auf den einen oder anderen trockenen Spruch gut über die Lippen. Lynn Collins bringt neben ihren unbestreitbaren optischen Schauwerten auch mehr zu der Rolle als es vielleicht für so einen Charakter typisch wäre und mischt selbst bei den Actionszenen gut mit. Ciarán Hinds und Dominic West werden leider zu generischen Sprüchen und etwas Overacting degradiert. Mark Strong als der hinterlistige Anführer der Therns macht das, was Mark Strong am besten kann – einen finsteren Bösewicht spielen.
John Carter – Zwischen zwei Welten ist ein großes Leinwandspektakel der alten Schule, das absolut nichts Neues auf den Tisch bringt, aber dennoch ziemlich gut unterhält. Ein etwas gestrafftes Drehbuch und aufregendere Charaktere hätten dem Film aber sicherlich gut getan. Interessanterweise gehören die Szenen im Wilden Westen zu den gelungensten im ganzen Film. Vielleicht sollte sich Andrew Stanton demnächst an einem klassischen Western versuchen. Man merkt seine Leidenschaft für das John-Carter-Projekt, aber vielleicht kann man aus dem pulpigen und angestaubten Stoff nicht viel mehr rausholen. Wenn es die ganzen Filme nicht gäbe, die von John Carter in der Vergangenheit gestohlen haben, würde das Ganze vielleicht anders aussehen. Dies ist aber nicht der Fall und die Star Wars/Avatar-Vergleiche werden immer gezogen werden – und in diesen schneidet John Carter einfach nicht so gut ab.
Fazit
John Carter – Zwischen zwei Welten ist großes Kino im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist ein visuelles Erlebnis, das prächtig unterhält, aber dabei weder in seiner Story noch in der Ausführung besonders viel Neues bietet.