Jumanji: The Next Level, USA 2019 • 124 Min • Regie: Jake Kasdan • Mit: Dwayne Johnson, Karen Gillan, Kevin Hart, Jack Black, Danny DeVito, Danny Glover, Awkwafina, Rory McCann • FSK: ab 12 Jahren • Kinostart: 12.12.2019 • Website
Handlung
Ein Jahr nachdem sie ihre lebensgefährlichen Abenteuer im Videospiel Jumanji überstanden haben, sind Bethany (Madison Iseman), Martha (Morgan Turner) und Fridge (Ser’Darius Blain) immer noch gute Freunde und pflegen regelmäßigen Kontakt zueinander. Lediglich der schüchterne Spencer (Alex Wolff) entfernt sich immer weiter von der Gruppe und seiner (inzwischen Ex-)Freundin Martha. Nachdem er im Adonis-Körper des unbesiegbaren Dr. Smolder Bravestone (Dwayne Johnson) stecken durfte, kommt er sich im wahren Leben unzulänglich vor. Als sein Frust den Kipppunkt erreicht, schmeißt er die von ihm heimlich wieder zusammengeschraubte verzauberte Konsole an und verschwindet in das Spiel. Bei der Suche nach ihm kommen seine Freunde schnell dahinter, was er getan hat, sodass ihnen nichts anderes übrig bleibt, als Spencer nach Jumanji zu folgen. Doch das kaputte Spiel lässt sie die Avatare nicht selbst auswählen und zieht versehentlich auch Spencers mürrischen, gebrechlichen Großvater Eddie (Danny DeVito) und dessen ehemaligen Geschäftspartner und zerstrittenen Freund Milo (Danny Glover) hinein. Während Bethany in der realen Welt zurückbleibt und Martha wieder im Körper der taffen Kämpferin Ruby Roundhouse (Karen Gillan) landet, schlüpft Fridge zu seinem Verdruss in das Avatar Shelly Oberon (Jack Black). Die völlig verwirrten Eddie und Milo übernehmen die Avatare Smolder Bravestone und Mouse Finbar (Kevin Hart). Nicht nur die Rollenverteilung ist neu, sondern auch die Mission, die sie erfüllen müssen, bevor sie das Spiel verlassen können. Doch wo steckt Spencer?
Kritik
Es gibt einen einfachen Grund für die unablässige Welle von Reboots und Remakes aus Hollywood und es ist nicht der so häufig unterstellte Mangel an Kreativität. Die Wahrheit ist, dass in dem von allen Seiten geführten Kampf um die kostbaren, begrenzten zeitlichen und finanziellen Ressourcen der Konsumenten, Marken und Franchise-Titel mit hohem Wiedererkennungswert zu den wertvollsten Gütern gehören. Weshalb das Risiko einer unerprobten Geschichte ohne vorige Bekanntheit eingehen, wenn man von einer bereits existierenden Fangemeinde schöpfen kann? Das gilt auch, wenn man eigentlich eine völlig neue und unabhängige Geschichte erzählen will.
Paradox ist zugleich, dass sich in den letzten Jahren eine immer stärkere Aversion gegen Neuauflagen bekannter Stoffe herausgebildet hat. Um dieser Anti-Reboots-Mentalität vorzubeugen, machte Sony Jumanji: Willkommen im Dschungel vorletztes Jahr durch einen beiläufigen Verweis auf Robin Williams' Hauptfigur zum (sehr) losen Sequel des Originalfilms von 1995. Ansonsten hätte der Film seinen Titel einfach austauschen können und hätte mit seinem Vorgänger nicht mehr sonderlich viel gemeinsam. Der neue Jumanji war nicht mehr ein Reboot des alten als Joker ein Reboot von Taxi Driver ist. Und gerade das wirkte sich zum Vorteil des Films aus, denn er war ideenreich, clever, fühlte sich überraschend frisch an und war von jeglichen Franchise-Regeln losgelöst. Der Originalfilm, der wiederum auf dem gleichnamigen Kindebuch von Chris Van Allsburg basierte, bezog seinen Unterhaltungswert vor allem aus unterschiedlichen, als Rätsel präsentierten Gefahren, die das Brettspiel nach jedem Würfelwurf heraufbeschworen hat, und wirkte zuweilen sogar bedrohlich und schaurig. Die Neuauflage war hauptsächlich eine Körpertausch-Komödie, die mit ihrem toll zusammengestellten Cast punktete. Es funktionierte: Entgegen allen Erwartungen wurde Willkommen im Dschungel zum absoluten Publikumsrenner und Kassenhit, sogar in direkter Konkurrenz zum parallel laufenden Star Wars – Die letzten Jedi.
Jumanji: Willkommen im Dschungel hat bewiesen, dass der Film auf ganz eigenen Beinen stehen konnte, sodass sein aktueller Nachfolger nunmehr auf jegliche Referenzen zum allerersten Jumanji verzichtet und auf dem stabilen Fundament seines unmittelbaren Vorgängers aufbaut. Getreu dem bewährten Motto "repariere nicht, was nicht kaputt ist" bringt Jumanji: The Next Level das gesamte Erfolgsteam des letzten Films vor und hinter der Kamera zurück, und vertraut auf die mehr oder weniger gleiche Formel mit kleinen Anpassungen. Das Körpertausch-Gimmick ist hier nicht mehr ganz so erfrischend, auch wenn die Autoren neue amüsante Twists eingebaut haben, die weitere Avatar-Wechsel innerhalb des Spiels ermöglichen. Das gibt einigen Darstellern, allen voran dem herrlich wandelbaren Franchise-Neuling Awkwafina (Ocean’s 8), die Gelegenheit, zwei völlig unterschiedliche Charaktere zu imitieren.
Ohne den Neuheitswert des Vorgängers ist der Cast noch viel mehr gefordert, den Film zu tragen. Zum Glück bestehen die Darsteller diese Probe souverän. Die Neu- bzw. Umverteilung der Rollen verlangt von ihnen zum Teil noch mehr Wandelbarkeit als letztes Mal ab und zum Glück ist die Besetzung für jeden auch noch so albernen Spaß zu haben. Ich hätte nie gedacht, dass ich das jemals über einen Film schreiben würde, aber in The Next Level ist es tatsächlich Kevin Hart, der seinen Co-Stars die Show stiehlt. Wirklich! Seine Imitation von Danny Glovers langsamer, bedächtiger Sprechweise (unbedingt im Original anschauen!) ist perfekt und die typischen Hart-Manierismen schraubt er angenehm um 90% herunter. Dwayne Johnsons Danny-DeVito-Nachahmung ist deutlich holpriger, doch das natürliche Charisma (oder "beeindruckende Intensität", wie das Spiel es nennt) des Stars zeigt wieder einmal, wie er zum bestbezahlten Schauspieler der Welt geworden ist. Jack Black spielt wieder Jack Black, wobei er noch mehr Spaß mit der Rolle einer tussigen Teenagerin zu haben schien als mit der einer Sportskanone wie hier. Karen Gillan ist die einzige des Quartetts, die weitgehend die gleiche Rolle verkörpert wie beim letzten Durchlauf des Spiels, hat sich aber auch weiterentwickelt. Die inzwischen deutlich selbstbewusstere Martha fühlt sich in Rubys durchtrainiertem Körper viel wohler und dadurch wird ihr Avatar dem offensichtlichen Vorbild Lara Croft noch ähnlicher als im Vorgänger – einschließlich einer neuen Tanz-Kampfeinlage, diesmal mit Nunchucks. Alles ist cooler mit Nunchucks!
Bevor die actionreiche Nonstop-Achterbahnfahrt innerhalb des Spiels beginnt, traut sich der Film diesmal, mehr Zeit mit den Charakteren in der realen Welt zu verbringen und wirft dabei einige interessante Fragen auf. Lebensgefährliche Situationen schweißen bekanntlich zusammen, doch hält dieses Band auch langfristig an? Und was sind Videospiele, wenn nicht die Möglichkeit, der Realität zu entfliehen und Fähigkeiten zu bekommen, von denen man sonst nur träumen kann? Die Desillusion mit der realen Welt und das daraus resultierende Suchtpotenzial der Spiele – Spencers Flucht nach Jumanji ist nichts anderes als die Suche nach einem Rausch – sind interessante Themen, die sich im ersten Akt des Films andeuten und es sogar halbwegs glaubwürdig machen, dass die Figuren wieder im Spiel landen. Leider verflüchtigen sich diese Fragestellungen, sobald wir in die Welt von Jumanji eintauchen, geht dann es nur noch um den spielerischen Spaß. Lediglich die Zwietracht der alten Freunde Eddie und Milo bleibt als emotionaler Anker innerhalb des Spiels erhalten und führt trotz ihrer recht simplen Auflösung zu überraschend rührenden und menschlichen Momenten. Auch wenn daran mal ein Pferd beteiligt ist.
Die eigentliche Action innerhalb des Spiels wirkt ähnlich austauschbar wie beim Vorgänger. Weder riesige Horden von aggressiven, teilweise mittelprächtig computeranimierten wilden Tieren noch die ausgefallenen Actionsequenzen in der Wüste oder auf morschen Hängebrücken lassen viel Spannung aufkommen, da man sich des Überlebens der Charaktere (innerhalb ihrer im Spiel gegebenen drei Leben) stets sicher ist. In ihren besten Momenten sind diese Szenen kurzweilig, dauern sie jedoch länger an, kommt es einem vor, als würde man jemandem beim Videospielen zuschauen. Andererseits, wenn ich an die sich mir nicht nachvollziehbare Popularität der "Let’s Play"-Szene denke, ist es vielleicht für viele auch kein Manko. Für etwas Abwechslung sorgen immerhin mehrere Landschaftswechsel und ein explosives Finale, das irgendwo zwischen Steampunk und Mittelalter angesiedelt ist. Als neuer eindimensionaler Spiel-Bösewicht Jurgen the Brutal lässt Rory McCann dabei sogar "Game of Thrones"-Erinnerungen wach werden.
Es ist aber letztlich der Mischung aus Herz und Humor und sowie den Charakteren bzw. der Chemie ihrer Darsteller zu verdanken, dass der Spaß bei Jumanji: The Next Level trotz vieler Redundanzen zum Vorgänger nie zu kurz kommt. Eine Szene zu Beginn des Abspanns deutet zudem eine ganz neue (aber zugleich auch vertraute) Ausrichtung für die unausweichliche nächste Fortsetzung an, die tatsächlich sofort Lust auf mehr macht. Also nicht direkt aufspringen und den Saal verlassen!
Fazit
Jumanji: The Next Level wird seinem Titel gerecht und macht Sequel-typisch alles größer, schneller und abgedrehter. Ohne den Neuheitswert des Körpertausch-Gimmicks ist er dennoch nicht ganz so erfrischend und urkomisch wie sein Vorgänger, doch der wunderbare Cast, allen voran Kevin Hart, Karen Gillan und Neuzugang Awkwafina, und einige Twists in der bewährten Formel sorgen dennoch für heiteren, anspruchslosen Popcorn-Spaß über gesamte zwei Stunden Laufzeit.