Magic Mike, USA 2012 • 110 Min • Regie: Steven Soderbergh • Drehbuch: Reid Carolin • Mit: Channing Tatum, Alex Pettyfer, Cody Horn, Matt Bomer, Alex Pettyfer, Joe Manganiello, Matthew McConaughey, Olivia Munn, James Martin Kelly, Reid Carolin • Kamera: Peter Andrews • FSK: ab 12 Jahren • Verleih: Concorde Filmverleih • Kinostart: 16.08.2012
Hose runter, Beine breit – Strippen ist ’ne Kleinigkeit! In Steven Soderberghs leichtfüßiger Milieustudie „Magic Mike“ führt Channing Tatum Neuling Alex Pettyfer in die Kunst des erotischen Tanzens ein und bandelt obendrein mit dessen skeptischer Schwester an.
Mike (Tatum) hat so ziemlich alles, was ein Mann sich wünschen kann: Ein attraktives Äußeres, Geld, Charme…und die Begabung, die Ladies auf der Bühne zum Kochen zu bringen. Mike ist Stripper und hat in seinem Leben – abgesehen von ein paar kleinen Jobs auf dem Bau – noch nicht viel anderes gemacht, um seine Brötchen zu verdienen. In seinem Inneren weiss er jedoch, dass irgendwann mal der Zeitpunkt kommen wird, an dem er das Zepter des Sexsymbols an die jüngere Generation abtreten muss. Und Mike hat bereits Pläne für die Zukunft – versucht er sich doch insgeheim daran, aus weggeworfenem Schrott interessantes Wohninventar zusammenzubasteln und zu verkaufen. Was ihm noch fehlt, ist ein Kredit für ein eigenes Geschäft. Auf einer Party lernt er den Neunzehnjährigen Adam (Pettyfer) kennen, den er letztlich dazu überreden kann, als Garderobenhilfe bei seiner nächtlichen Tätigkeit einzuspringen. Wie es der Zufall will, findet sich Adam spät am Abend selbst, bis auf den Schlüpfer entblößt, auf der Bühne wieder und erntet für seine Darbietung jauchzenden Beifall. Auch Mike und Dallas (Matthew McConaughey), der exzentrische Besitzer des Clubs, sehen großes Talent in dem Newcomer schlummern und nehmen ihn als The Kid in ihr Programm auf. Nicht gerade zur Begeisterung von Adams besorgter Schwester Brooke (Cody Horn), die von Mike hartnäckig verlangt, ein wachsames Auge auf ihren manchmal hitzköpfigen Bruder zu werfen. Tatsächlich fühlt sich die junge Frau von dem charismatischen Womanizer angezogen, und auch dem Stripper scheint es mit der neuen Bekanntschaft ernst zu sein. Während Adam völlig in seiner ungewöhnlichen Berufung aufgeht und langsam beginnt, auch die dunklen Seiten des Business auszuloten, ist sich sein Mentor gar nicht so sicher, ob für ihn nicht bereits der Moment gekommen ist, den geplanten Schritt in eine andere Richtung zu wagen …
Bei Steven Soderbergh kann man nie so wirklich wissen, was das nächste Werk mit sich bringt: Von seinen Independent-Wurzeln mit „Sex, Lügen und Video“ (1989) über den experimentellen „Kafka“ (1991) bis zu seinem Oscarerfolg „Traffic – Die Macht des Kartells“ (2000) verfügt der Regisseur über eine unvorhersehbare Bandbreite an Themen, die gern auch mal in lässiger Unterhaltungskost, wie der „Ocean’s“-Trilogie, oder gänzlich schnörkelloser Auf-die-Fresse-Actionware („Haywire“) mündet. Die gesamte Schauspielerriege Hollywoods steht zumindest Schlange, um sich einmal in einer Arbeit des vielbeschäftigten Allrounders (Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Kameramann) zu verewigen. Clooney, Pitt, Damon, Roberts, Garcia, Douglas oder Del Toro – er hatte sie alle, manchmal sogar im selben Film. Nun also „Magic Mike“. Eine relativ unspektakuläre Low Budget-Komödie über Stripper…wenn das mal gut geht. Denn ganz ehrlich: Halbnackten Kerlen beim Rumhampeln zuschauen mag ja für so manche Frau das reinste Vergnügen sein, aber das Ganze ausgedehnt auf fast zwei Stunden Laufzeit…?! Und wie steht es überhaupt mit den männlichen Zuschauern – bietet das Werk auch noch genügend Inhalt und Witz, um diese nicht mit einer bloßen Fleischbeschau zu langweilen?
Gleich vorweg: Nein, „Magic Mike“ besticht sicher nicht durch eine unglaubliche, thematische Tiefe und zeigt unterm Strich wenig bis nichts, was man nicht schon etliche Male zuvor auf der Leinwand gesehen hat. Es ist eigentlich die klassische Geschichte vom Underdog, der ins Geschäft einsteigen will, und dem alten Hasen, der eine neue Möglichkeit sucht, sich selbst zu verwirklichen. Abgeschmeckt mit der obligatorischen Love-Story und gewürzt mit der nötigen Dramatik. Die Mischung passt hier allerdings und macht Spaß. Ein wenig fühlt sich dieser kleine Einblick wie ein Miniurlaub an, bei dem die wirklich schweren Probleme zurück im Büro gelassen wurden: Da kann sich mal jemand anders drum kümmern. Es gibt aber auch diesen Punkt im Film, ab dem die Dinge für die Protagonisten etwas aus dem Ruder laufen und der Ton spürbar von unbeschwert zu nachdenklich wechselt. Es ist keine griechische Tragödie, die Soderbergh dann vor uns ausbreitet, vielmehr verlässt er nur seinen Posten als unauffälliger Beobachter der Szene und steuert den zuvor relativ frei treibenden Kahn mit Hilfe seiner kleinen Triebfedern flink ans triste Ufer. Was wir da sehen, ist nicht sonderlich aufregend: Einen Streit zwischen Männlein und Weiblein. Einen naiven Geist, in dem sich der Teufel eingenistet hat. Eine Entscheidung, die sich eigentlich schon vorher abgezeichnet hat, die aber dann noch auf die Schnelle spruchreif gemacht werden musste. „Magic Mike“ braucht diesen etwas harten Anstoß wenn man den Film nicht einfach mit einem weiteren Auftritt der Crew und einer abschließenden, erklärenden Schrifttafel beenden wollte. Hier ist dann die vielleicht einzige Kritik an dem ansonsten sehr unterhaltsamen und amüsanten Werk: Es funktioniert eigentlich, indem es sich reichlich ziellos – aber auch entspannt – dem Lifestyle seiner Figuren anpasst. Die Story, die hätte auch eine ganze andere sein können. Hätte man diese mitten im Film einfach außer Gefecht gesetzt, es wäre in Anbetracht der Gaudi vielleicht nicht einmal aufgefallen, wenn gerade alles auf der Stelle tritt.
Ob es in dem betreffenden Milieu nun wirklich so zugeht, wie dies Soderbergh und sein Autor Reid Carolin hier schildern, vermag ich nicht zu sagen. Vieles wirkt zu locker, zu glamourös, ohne dass die Schattenseiten je zu bedrohlich ins Blickfeld gerückt werden. Aber hey: Was weiß ich schon aus erster Hand über das Strippen…?! Der Film blendet den Ernst ein wenig aus und zelebriert eine elektrisierende Welt, die sich womöglich leicht unwirklich, aber auf ihre Weise auch erfrischend anfühlt. Nicht, dass man in dieser bis ans Ende seiner Tage verbleiben möchte, aber für einen zweistündigen Abstecher mag man doch reinschauen und miterleben, wie die Männerwelt auch den Frauen mal mächtig einheizt. Vor allem Matthew McConaughey geht dabei in seiner dekadenten Rolle so sehr auf, dass es eine wahre Freude ist.
Vielleicht stellt „Magic Mike“ für manchen Zuschauer ein guilty pleasure dar. Aber ein Vergnügen, das ist er ohne Frage.