Sinsegye, SK 2013 • 134 Min • Regie: Hoon-jung Park • Mit: Jung-jae Lee, Min-sik Choi, Jeong-min Hwang • FSK: ab 18 Jahren • Verleih: MFA+ Filmdistribution • Heimkino-Start: 4.10.2013
Handlung
Der Anführer von Goldmoon, Koreas größtem Verbrechersyndikat, stirbt plötzlich bei einem Autounfall. Daraufhin entbrennt ein Kampf um die Nachfolge, der primär zwischen der Nummer 2 in der Nachfolge, dem flatterhaften und labilen Jeong Cheong (Jung-min Hwang) und der Nummer 3, Jung-gu (Seong-woong Park), einem berechnenden, gnadenlosen Gangster, ausgetragen wird. Dass die Dinge schnell blutig werden, ist vorprogrammiert. Mittendrin ist Jeong Cheongs bester Freund und rechte Hand, Ja-sung (Jung-Jae Lee). Er wurde vor acht Jahren als junger Polizist undercover in die Organisation eingeschleust und arbeitete sich an der Seite von Jeong Cheong ganz nach oben. Nur drei Personen kennen die Wahrheit, darunter sein Verbindungsmann der Polizei, Chief Kang (Min-sik Choi). Während des Kampfes um die Nachfolge von Goldmoon, wittert Kang die Gelegenheit, durch geschickte Manipulation, die Geschicke zu beeinflussen und so das Goldmoon-Kartell dauerhaft unter Kontrolle zu bringen. Dabei ist Ja-sung für ihn nichts anderes als eine Spielfigur auf dem Schachfeld gegen die organisierte Kriminalität. Die Schlinge um seinen Hals zieht sich immer enger zu und seine Loyalitäten werden auf harte Probe gestellt.
Kritik
Immer und immer wieder hat das asiatische Kino über die letzten 15 Jahre bewiesen, dass es grandiose, hochkomplexe Gangsterfilme hervorbringen kann, wie diese mittlerweile nur noch selten aus Hollywood kommen. Sogar einer der erfolgreichsten und besten US-amerikanischen Mafia-Filme der letzten Jahre, Martin Scorseses oscarprämierter Departed – Unter Feinden, basiert auf einer Vorlage aus Hong Kong, Infernal Affairs. In den letzten Jahren ist es im Westen um diese Genrestreifen aus fernem Osten etwas ruhiger geworden, was sich allerdings mit der Ankunft von New World schlagartig ändern sollte. Hier treffen Johnny Tos Election und Wai-keung Laus/Andy Maks Infernal Affairs in einem hochspannenden Gangsterepos aufeinander, das seinen Vorbildern in nichts nachsteht und mit großer Wahrscheinlichkeit bald zum Ziel eines US-amerikanischen Remakes werden wird. Während die beiden oben genannten Filme der traditionsreichen Filmindustrie von Hong Kong entstammen, ist New World eine südkoreanische Produktion, und zwar wahrscheinlich die beste ihrer Art seit A Bittersweet Life. Von der Hong-Kong-Machart unterscheidet sich New World nicht wesentlich, bringt jedoch eine spezielle kulturelle Note seines Herkunftslandes mit sich. So werden die angespannten Beziehungen zwischen chinesischstämmigen Koreanern und „reinen“ Koreanern währendes des Kampfes um die Nachfolge immer wieder thematisiert.
Doch auch wenn er den Nerv der Zeit trifft, ist New World letztlich kein politischer Film oder ein Film über kulturelle Besonderheiten. Es ist ein spannender, knallharter und wendungsreicher Thriller, bei dem sehr schnell klar wird, dass zwischen Gut und Böse keine klare Grenze liegt. Kein Charakter hier bewegt sich deutlich außerhalb der Grautöne, am wenigsten noch der von Choi Min-sik (bekannt aus Oldboy) mit starker Leinwandpräsenz gespielte Polizeichef, der innerlich unter seinen harten Entscheidungen leidet, aber nicht zögert, wenn ein Menschenleben geopfert werden muss, um seine Strategie voranzutreiben. Auch der Rest der Besetzung überzeugt. Zugegeben, die erste Stunde macht es dem Zuschauer nicht leicht, weil in kürzester Zeit so viele Charaktere und Handlungsstränge geboten werden, dass man sich wirklich sehr konzentrieren und gut aufpassen muss, um noch mitzukommen. Der Film nimmt sich viel Zeit damit, um die Situation, in der sich alle Charaktere befinden, zu etablieren und um alles in die richtige Position zu bringen, bevor die Hölle losbricht. Schafft man es jedoch über diesen zuweilen zähen Anfang hinaus, so wird man umso mehr belohnt. Spätestens wenn mit einer überraschenden Entwicklung in der Filmmitte dem Zuschauer ein gewaltiger Schlag in die Magengrube verpasst wird, steigert sich der Streifen in unglaubliche Höhen und lässt einen bis zum Schluss nicht mehr los. Während anfangs noch Pläneschmieden und Gerede dominieren, entlädt sich ab dem Ende des zweiten Akts die aufgestaute Spannung in einem Blutbad, bei dem nach The Yellow Sea erneut vor Augen geführt wird, dass südkoreanische Gangster mit großer Vorliebe Macheten, Messer und Baseballschläger einsetzen und nur ungerne auf Schusswaffen zurückreifen.
Obwohl es in dem Film kaum an Blut und Gewalt mangelt, werden diese jedoch nie zum Selbstzweck eingesetzt und verdeutlichen nur noch mehr die unangenehme Lage, in der sich unser Protagonist befindet und aus der es scheinbar keinen guten Ausweg gibt. Vergleiche mit Infernal Affairs werden aufgrund der Undercover-Thematik bei diesem Film häufig fallen. Diese sind zwar nicht unrichtig, zum Teil aber auch zu kurz gegriffen. Bei beiden geht es um Menschen in unmöglichen Situationen, doch während Infernal Affairs in puncto Spannung die Nase knapp vorne hat, taucht New World tiefer in die Dilemmata der Charaktere ein. Beide lassen den Zuschauer mit einem unangenehmen Eindruck von der Undercover-Arbeit und noch unangenehmeren Fragen zurück, die sich jeder selbst beantworten muss.
Fazit
New World ist ein knallharter und bis zum Schluss konsequenter Gangster-Streifen, der die Zuschauer mit Fragen nach „richtig“ und „falsch“ zurücklässt und dabei keine einfache Antwort ermöglicht.
Information zur Veröffentlichung
Die deutsche DVD und die BluRay von Ascot Elite Home Entertainment sind ab dem 4.10.2013 im Handel erhältich. Zudem ist der Film als Video-on-Demand verfügbar.
Neben dem ungekürzten Film in der deutschen und koreanischen Sprachfassung (DTS-HD 5.1 auf der BluRay) liegen bei den Veröffentlichungen als Extras leider nur ein Trailer und eine Trailershow vor
(© MFA+ Filmdistribution )
Trailer
https://youtu.be/cO1HQlpcfaw