Quelle: Directors Guild of America
Wie ich bereits mehrfach in meinen Artikeln zum Oscar-Rennen betont habe, besitzen die Preise der vier großen "Gilden" bzw. Gewerkschaften den besten Vorhersagefaktor, was die Oscars betrifft. Im Gegensatz zu den zahlreichen Kritikerpreisen, zu denen die der Hollywood Foreign Press Association (Golden Globes) oder der Broadcast Film Critics Association (Critics Choice Awards) angehören, besteht zwischen den Wählern der Academy (Oscars) und der jeweiligen "Gilden" eine Überschneidung. Im Klartext: es sind zum Teil (!) die gleichen Leute, die abstimmen.
Von den vier großen Gewerkschaften (der Produzenten, der Schauspieler, der Drehbuchautoren und der Regisseuren) sind die Preise der Regiegewerkschaft, also der Directors Guild of America, die ältesten und vielleicht auch die angesehensten. Der Preis wird bereits seit 1948 verliehen und in all dieser Zeit kam es nur siebenmal vor, dass ein Regisseur den DGA Award gewann, nicht aber den Oscar; zuletzt letztes Jahr als Ben Affleck von der Academy nicht einmal nominiert wurde. Andererseits kommt es auch nicht so häufig vor, dass alle fünf DGA-Nominees auch bei den Oscars nominiert werden. Seit 2000 trat dieser Fall nur in einem Jahr (2005) ein.
Unten seht Ihr die Liste der diesjährigen nominierten Regisseure. So könnte auch die Liste in der Kategorie "Beste Regie" bei den Oscars aussehen.
David O. Russell (American Hustle)
Paul Greengrass (Captain Phillips)
Alfonso Cuarón (Gravity)
Steve McQueen (12 Years a Slave)
Martin Scorsese (The Wolf of Wall Street)
Diese Nominierungen entsprechen eigentlich ganz genau dem, was viele bereits seit Monaten in dieser Oscarkategorie vorhersagen bzw. was seit etwaiger Zeit als die fünf stärksten Filme im Rennen gelten. Kurzzeitig hatte ich so meine Zweifel an The Wolf of Wall Street aufgrund der gemischten Rezeption bei den Kinogängern in den USA und den nicht einhellig lobenden Kritiken und dachte, Spike Jonze könnte sich für seine Arbeit an Her an seiner Stelle bei der DGA durchsetzen – aber nein, die DGA vergab Scorsese seine 11. Nominierung (gewonnen hat er zweimal – einmal für Departed – Unter Feinden und einmal für seine Arbeit an der Pilotfolge von "Boardwalk Empire").
Ehrlich gesagt aber, haben die DGA Nominierungen seit dem letzten Jahr etwas vor ihrer Bedeutung für die Regie-Kategorie bei den Oscars verloren. So wurden letztes Jahr nur zwei der DGA-nominierten Regisseure auch von der Academy nominiert – Ang Lee und Steven Spielberg. Tom Hooper (Les Misérables), Ben Affleck (Argo) und Kathryn Bigelow (Zero Dark Thirty) wurden von der DGA nominiert, bei den Oscars aber verrückterweise zugunsten von David O. Russell (Silver Linings), Michael Haneke (Liebe) und Benh Zeitlin (Beasts of the Southern Wild) übergangen. Affleck gewann sogar bei der DGA, während der Oscar an Ang Lee für Life of Pi – Schiffbruch mit Tiger ging.
American Hustle ist übrigens der einzige Film im Rennen, der alle vier großen Nominierungen erhielt (WGA, DGA, PGA und Ensemble bei der SAG) – allerdings ist dies nur der Fall, weil 12 Years a Slave für die WGA Awards nicht zulässig war.