© 2015 Pixar/Walt Disney Studios
Was ist Euer liebster Pixar-Film? Auf diese Frage können viele verschiedene Antworten folgen. Manche ziehen Toy Story 2 oder 3 vor, für andere ist Oben das größte Pixar-Meisterwerk, während andere von Die Monster AG verzaubert wurden und andere wiederum WALL-E oder Die Unglaublichen für Pixars Magnum Opus halten. Alle diese Filme sind fantastisch und die schiere Anzahl der möglichen, legitimen Antworten auf die Frage zeigt bloß, wie großartig Pixars Bilanz ist oder zumindest anfangs war. Wie Euch aufgefallen sein könnte, waren die genannten Streifen unter den ersten elf von bislang insgesamt 26 Pixar-Filmen.
Mein persönlicher Favorit – und es ist eine schwierige Wahl – ist Alles steht Kopf (OT: Inside Out), der zugleich auch zu meinem Lieblingsfilm 2015 wurde und einem der wenigen Animationsfilme, die ich als besten Film ihres jeweiligen Jahres nennen würde. Dass Alles steht Kopf nicht in die Fußstapfen von Toy Story 3 und Oben folgte und ebenfalls für den "Bester Film"-Oscar nominiert wurde, kann ich nicht nachvollziehen. Immerhin gab es für ihn den Animationsfilm-Oscar.
Der Blick in den Kopf und ins Gefühlsleben eines elfjährigen Mädchens, das große Veränderungen im Leben durchmacht, ist nicht nur sehr einfühlsam, witzig, mitreißend und emotional, sondern tatsächlich erstaunlich gut wissenschaftlich recherchiert und präsentiert komplexe psychologische Themen verständlich und leicht verdaulich. Alles steht Kopf ist eben ein klassischer Pixar-Film, intelligent, kunstvoll und zugleich zugänglich und unterhaltsam für jede Altersgruppe. Pete Docter bewies sich nach Die Monster AG und Oben mit Alles steht Kopf erneut als Pixars bester Regisseur und seine vierte Regiearbeit Soul gehört ebenfalls zu Pixars besten Filmen.
Alles steht Kopf war eine frische Brise inmitten einer Phase aus Sequels und Prequels für Pixar. Die Qualitäten des Films sind dem Publikum nicht entgangen und mit einem Einspiel von fast $860 Mio wurde er zum zweiterfolgreichsten Originalfilm des Studios nach Findet Nemo. Der Erfolg des Films hat Pixar in dem Vorhaben bestärkt, zu originellen Geschichten zurückzukehren. Ein Jahr nach der Veröffentlichung des Films hat Pixar-Präsident Jim Morris versichert, dass nach Toy Story 4 und Die Unglaublichen 2 zunächst einmal keine weiteren Fortsetzungen aus dem Hause Pixar kommen würden. Doch 2020 hat ausgerechnet Docter, John Lasseters Nachfolger als Pixars Chief Creative Officer, erklärt, dass Originalfilme zwar schön und gut, Sequels für finanzielle Sicherheit aber unerlässlich seien.
Deshalb ist es vielleicht nicht gänzlich schockierend, dass im Rahmen von Disneys D23-Convention vergangenes Wochenende Alles steht Kopf 2 offiziell angekündigt wurde. Dieser wird wieder Riley folgen, diesmal jedoch in ihren Teenager-Jahren und neue personifizierte Emotionen einführen. In die nordamerikanischen Kinos soll der Film am 14.06.2024 kommen. Kelsey Mann wird mit dem Film ihr Langfilm-Regiedebüt feiern, während Alles-steht-Kopf-Co-Autorin Meg LaFauve das Drehbuch zum Sequel schrieb.
Es gibt jedoch einen großen Wermutstropfen für alle Fans von Originalfassungen. Während die Rückkehr von Amy Poehler als Originalstimme von Freude bestätigt wurde, sind Insider-Berichten zufolge Bill Hader und Mindy Kaling als Angst und Ekel raus. Grund dafür soll ein lächerlich niedriges Gagenangebot gewesen sein. Während Poehler $5 Millionen für ihre Rückkehr als Freude bekommen soll, wurden Hader und Kaling jeweils $100.000 ohne jegliche weitere Boni angeboten, also gerade einmal 2% von Poehlers Gehalt. Das fanden die beiden verständlicherweise absurd und sogar als Disney mit einem etwas verbesserten Angeboten auf sie zugekommen ist, lehnten sie ab. Laut dem besagten Insider, sind niedrige Gagen für Sprecher Teil einer neuen Sparpolitik. So sollen die Originalsprecher des Emmy-prämierten Disney+-Films Chip und Chap: Die Ritter des Rechts für ’n Appel und ’n Ei gearbeitet haben. Dass das Studio den Sprechern eines gigantischen Kassenerfolgs für dessen Sequel nicht mehr bieten kann, finde ich ziemlich schwach.
Tatsächlich hat Pixar in der Pandemie etwas Glanz verloren. Fantasygeschichte Onward – Keine halben Sachen startete knapp zwei Wochen vor den weltweiten Kinoschließungen 2020, doch auch ohne diese zeichnete sich wenig Begeisterung für den Film ab. Pixars nächste drei Filme – Soul, Luca und Rot – schickte man ohne Kinoauswertung direkt zu Disney+, zum großen Ärger der Pixar-Animatoren, die ihr Herzblut gerne auf der Kinoleinwand gesehen hätten. Insbesondere bei Rot, der dieses Jahr hätte in die Kinos kommen können und bereits mit Trailern als Kinostart vermarktet wurde, hat die kurzfristige Umentscheidung viele vor den Kopf gestoßen. Kritiker liebten zwar alle drei Filme, doch ohne die Kinostarts verlor Pixar etwas an Prestige. Lightyear sollte die glorreiche Rückkehr der Animationsschmiede in die Kinos werden, doch Kritiker und Kinogänger ließ das Toy-Story-Spin-Off kalt und der Film floppte massiv an den Kinokassen. Es ist also höchste Zeit für Pixar, auf Bewährtes zu setzen und ein Alles-steht-Kopf-Sequel ist finanziell eine sichere Nummer für das Studio. Ich hoffe nur, dass der Nachfolger dem Vermächtnis des ersten Films gerecht werden kann.