Quelle: British Academy of Film and Television Arts
Am Freitag hat die British Academy of Film and Television Arts die Nominierungen für die 69. BAFTAs bekanntgegeben, die britischen Pendants zu den Oscars. Da viele britische Schauspieler in Hollywood tätig sind und die britische Filmindustrie am engsten mit der US-amerikanischen verbunden ist, ist es keine Überraschung, dass die BAFTA-Nominierungen häufig den Oscars in den meisten Kategorien gleichen und daher auch als einer der besten Prädiktoren der Oscars gelten. Der sogenannte "britische Block" innerhalb der Academy ist seit vielen Jahren eine feste Größe, die dafür sorgt, dass britische Filme und Schauspieler bei den Oscars immer gut repräsentiert sind. Gerade in einem knappen Rennen kann diese Fraktion entscheidend für den Sieg eines Films, eines Regisseurs oder eines Schauspielers sein.
Weil viele Mitglieder der BAFTA auch Teil der Academy of Motion Picture Arts and Sciences sind und daher auch über die Oscars abstimmen, stellen die BAFTAs neben den vier großen US-Industrie-Gewerkschaften (SAG, DGA, PGA und WGA) die aussagekräftigsten Prädiktoren im Hinblick auf die Oscarnominierungen dar und haben deutlich mehr Gewicht als die Golden Globes oder andere Kritikerauszeichnungen.
Die diesjährigen BAFTA-Nominierungen haben zwar einige der bekannten Favoriten im Rennen bestätigt, servierten aber auch einige wirklich handfeste Überraschungen, insbesondere was Auslassungen angeht. So kam Mad Max: Fury Road zwar auf ordentliche sieben Nennungen, wurde aber in den wichtigsten Kategorien "Bester Film" und "Beste Regie" nicht nominiert, nachdem er in den USA bislang fast überall abgeräumt hat und sogar von der Produzentengewerkschaft nominiert worden war.
Dafür konnte sich Carol, nach überraschender Abwesenheit bei den PGA-Nominierungen, wieder einmal behaupten und erntete gleich neun Nominierungen. So viele erreichte nur noch Steven Spielbergs Bridge of Spies – Der Unterhändler. The Revenant – Der Rückkehrer folgt mit acht Nominierungen. Eine überraschend schwache Vorstellung lieferte der vermeintliche Oscarfavorit Spotlight ab, der neben der Nominierung als "Bester Film" lediglich in zwei weiteren Kategorien eine Nominierung erhielt ("Bester Nebendarsteller" und "Bestes Originaldrehbuch"), während Regisseur Tom McCarthy gegen Ridley Scott den Kürzeren zog. Dafür wird The Big Short immer stärker und ist neben Bridge of Spies der einzige weitere Film, der Nominierungen als Film und für seine Regie, sein Drehbuch und seinen Schnitt erhalten hat. Die fehlenden Regie-Nominierungen für McCarthy und George Miller sind ein schwerer Schlag für deren Oscarchancen. Es ist zehn Jahre her, dass ein Regisseur (damals Clint Eastwood für Million Dollar Baby) den Oscar gewonnen hat ohne eine vorherige BAFTA-Nominierung. Für ein weiteres Beispiel muss man bis in die Achtziger zurückgehen. Es sieht also ganz so aus, als wären Spielberg, Haynes, Iñárritu, Scott und McKay die Favoriten für den Regie-Oscar dieses Jahr. Ich bezweifle, dass Spielberg ausgerechnet für Bridge of Spies seinen dritten Regie-Oscar gewinnen wird und die Academy wird Iñárritu vermutlich nicht zwei Jahre in Folge prämieren, sodass es bei einem Dreikampf zwischen Haynes, McKay und Scott bleibt, wobei ich eine Überraschung durch McCarthy oder Miller noch nicht ganz ausschließen will (je nachdem, ob sie bei den Nominierungen der Regiegewerkschaft DGA auftauchen werden)
Eine weitere Überraschung ist, dass Sylvester Stallone eine Nominierung für Creed – Rocky’s Legacy verpasst hat. Zwar hat er bei den Kritikerpreisen und den Golden Globes gut abgeschnitten, doch ohne eine BAFTA-Nom und eine SAG-Nom sehen seine Chancen düster aus. Überhaupt keine Erwähnung fand kurioserweise der britische Megahit Spectre, der immerhin zu den erfolgreichsten Filmen aller Zeiten in seiner Heimat gehört. Nicht einmal in einer der technischen Kategorien wurde er nominiert. Auffällig ist auch, dass Helen Mirren, die zur britischen Schauspielelite gehört, nach zwei SAG-Nominierungen und einer Golden-Globe-Nominierung, bei den BAFTAs leer ausging. Ansonsten bleibt noch zu sagen, dass eine Doppel-Nominierung für Alicia Vikander (als Hauptdarstellerin für The Danish Girl und als Nebendarstellerin für Ex Machina) immer wahrscheinlich wird und meiner Ansicht nach auch hochverdient wäre.
Unten findet Ihr die komplette Liste der Nominees: