Quelle: The Hollywood Reporter
Nach den Oscars ist vor den Oscars und obwohl die nächste Verleihung noch mehr als 11 Monate weit weg ist, gibt es jetzt schon erste Gespräche über eine mögliche gravierende Änderung im Ablauf. Laut dem Industrieblatt The Hollywood Reporter wird ernsthaft erwogen, zu fünf Nominierungen in der Hauptkategorie "Bester Film" zurückzukehren.
Die Oscarwähler der Academy of Motion Picture Arts and Sciences haben im Laufe der Existenz der Institution zahlreiche mehr oder minder kontroverse Entscheidungen getroffen, wenn es um die Verteilung der Oscarnominierungen ging. Jedes Jahr finden sich Fälle, bei denen bestimmte Filme oder Performances übergangen wurden, obwohl sie im Vorfeld noch als recht sicher galten. Für eine besonders große Kontroverse sorgte die Academy im Jahre 2009, als sie weder Christopher Nolans gefeiertes Baman-Epos The Dark Knight noch Pixars Meisterwerk WALL-E in der Kategorie "Bester Film" nominierte, obwohl gerade The Dark Knight im Vorfeld bei fast allen relevanten Oscar-Prädiktoren (Produzentengewerkschaft, Regiegewerkschaft) nominiert war. Stattdessen entschied sich die Academy für das generische Drama Der Vorleser, das nur gemischte Rezensionen erhalten hat und während des Oscar-Rennens kaum präsent war. Dies führte zu Vorwürfen, dass die Academy Filme ignorieren würde, die sich an ein Massenpublikum richten und keinen Draht zu den Kinogängern mehr habe. Außerdem schlagen sich solche Auslassungen natürlich auch in den Einschaltquoten der Oscarverleihung nieder. Es ist kein Zufall, dass die höchsten Zuschauerzahlen die Verleihung hatte, bei der sich der Megahit Titanic unter den nominierten Filmen befand.
Damit sich eine solche Situation nicht wiederholt, leitete die Academy daraufhin eine Regeländerung ein. Ab 2009 wurde die Anzahl der "Bester Film"-Nominees auf zehn erhöht. Doch auch damit war nicht jeder zufrieden, sodass zwei Jahre später eine weitere Änderung vorgenommen wurde – seit 2011 konnte die Anzahl der Nominees zwischen fünf und zehn betragen und würde davon abhängen, wie häufig bestimmte Filme auf Platz 1 der Wähler landen. So musste ein Film mindestens 5% der Platz-1-Stimen haben, um als "Bester Film" in Betracht gezogen zu werden. Das führte dazu, dass es 2011, 2012 und 2013 neun "Bester Film"-Kandidaten gab und 2014 acht.
Doch die Rechnung der Academy ging nicht ganz auf. Anfangs schien es noch vielversprechend, denn es wurden Box-Office-Überflieger wie Avatar, Oben und District 9 nominiert. Im darauffolgenden Jahr waren immerhin Inception und Toy Story 3 dabei. Doch seitdem ist die Anzahl der Blockbuster unter den "Bester Film"-nominierten Filmen wieder gesunken. So war 2011 der erfolgreichste nominierte Film das Drama The Help und aus dem letzten Jahr wurden Box-Office-Hits wie Interstellar und Gone Girl zugunsten kleiner, aber oscarfreundlicher Filme wie Die Entdeckung der Unendlichkeit und Whiplash ignoriert. Das Ergebnis: die Zuschauerzahlen der 87. Oscarverleihung lagen etwa 15% unter dem Vorjahr, ein inakzeptables Ergebnis für die Academy!
Bereits seit der ursprünglichen Äderung, bei der die Anzahl der "Bester Film"-Kandidaten erstmals seit den Vierzigern erhöht worden war, hagelte es Vorwürfe von innerhalb und außerhalb der Academy, dass diese Änderung das Prestige eben dieser Nominierung untergraben würde, denn je größer der Kreis der Auserwählten, desto weniger elitär ist er. The Hollywood Reporter berichtet jetzt exklusiv, dass eine beträchtliche Fraktion innerhalb der Academy auf die Abkehr von der neuen Strategie und die Rückkehr zu fünf Nominees pocht. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen und wird es vor dem 24. März auch nicht sein, denn erst dann tagt das Direktorium der Academy das nächste Mal und wird sowohl die Verleihung vom letzten Monat als auch die Oscar-Saison im Allgemeinen evaluieren. Eine Academy-Quelle von The Hollywood Reporter hat sich zur erhofften Abänderung folgendermaßen geäußert: (aus dem Englischen)
Sie haben es versucht und es hat uns nichts Gutes gebracht
Ich muss an dieser Stelle leider zustimmen. Klar, ein Film wie District 9 wäre vermutlich ohne die Änderung nicht nominiert gewesen und Disneys Die Schöne und das Biest wäre vermutlich bis heute der einzige Animationsfilm, der jemals in der Kategorie nominiert wurde. Doch es ist tatsächlich so, dass eine Oscarnominierung etwas Besonderes ist und das Prestige der Nominierung leidet darunter, wenn es viele Kandidaten sind. Ich stimme auf jeden Fall zu, dass die Academy den Draht zum Publikum gelegentlich verliert, doch man muss etwas an der Mentalität und der Offenheit der Wähler ändern (oder es ändert sich von alleine, wenn neue Generationen die alten ersetzen). Eine Änderung zu erzwingen, indem man die Anzahl der Nominierten erhöht, war in meinen Augen nie eine gute Idee. Ich würde die Rückkehr zu fünf Kandidaten daher stark befürworten. Ob es denn tatsächlich dazu kommen wird, erfahren wir vielleicht sogar schon diesen Monat.