Universal stoppt die Oscarkampagne für Cats

Jennifer Hudson in Cats © 2019 Universal Pictures

Quelle: Variety

Reguläre Kinogänger und Filmkritiker sind sich nicht immer einig und stehen gelegentlich – so hat man den Eindruck – fast schon auf Kriegsfuß. Es gibt immer wieder Filme, die in der Kritik zerrissen, von den Zuschauern aber geliebt werden (siehe zum Beispiel die Transformers-Reihe), oder Kritikerlieblinge wie Hereditary und The Witch, mit denen viele Zuschauer wenig anfangen können.

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Doch dann gibt es auch ab und zu Filme, die Kritiker und Kinogänger in ihrer Ablehnung versöhnlich vereinen; cineastische Katastrophen epischer Ausmaße, die fast schon dazu prädestiniert sind, Kultfilme zu werden, weil sie so bizarr und grotesk sind, dass man einfach nicht wegschauen kann, wie bei einer Massenkarambolage.

Selten war es schon seit dem allerersten Trailer so offensichtlich, dass ein solcher Film auf uns zukommt, wie bei der Verfilmung des Musicals Cats. Der Trailer wollte magisch sein, das Ergebnis war gruselig. Die mutierten singenden Katzenmenschen wären in einem Horrorfilm besser aufgehoben als in einem zur Weihnachtszeit veröffentlichten Musical. Daran konnte auch eine Reihe talentierter Darsteller wie Judi Dench, Ian McKellen, Jennifer Hudson und Idris Elba nichts ändern. Es kam wie es kommen sollte. Cats wurde in der Kritik auseinandergenommen und legte eine Bauchlandung an den Kinokassen hin. Auf dem Aggregationsportal RottenTomatoes sind nur 18% der Rezensionen positiv. Die Zuschauerwertung auf IMDb beträgt furchtbare 2,7/10. Universal wird satte finanzielle Verluste einstecken müssen.

Das Studio zieht jetzt die erste Konsequenz und hat still und leise die Oscarkampagne für Cats gestoppt. Der Film wurde von Universals eigens für die "For Your Consideration"-Kampagnen eingerichteter Website entfernt. Weiterhin für die Oscars beworben werden vom Studio Sam Mendes' Kriegsdrama 1917, der hochaktuelle Queen & Slim, der Horrorstreifen Wir sowie die Animationsfilme Drachenzähmen leicht gemacht 3: Die geheime Welt, Pets 2 und Everest. Wenn ein Studio sogar Pets 2 den Vorzug gibt, ist das schon ein bitteres Statement.

Jetzt fragen sich vielleicht einige von Euch: "Moment?! Universal dachte echt, Cats könnte irgendwelche Oscars gewinnen?" Berechtigter Einwand, aber so ist es. Wenn ein Studio ein großes Musical Ende des Jahres mitten während der Oscar-Saison veröffentlicht, erhofft es sich durchaus Beachtung seitens der Preisverleihungen. Vor sieben Jahren ging die Rechnung für Universal mit Les Misérables auf, der für acht Oscars nominiert wurde. Inszeniert wurde der Film vom Cats' Regisseur Tom Hooper. Also versuchte das Studio in der gleichen Konstellation sein Glück erneut. Dass der Film oscartechnisch zum Scheitern verurteilt war, war spätestens klar, als die extrem Musical-affinen Golden Globes ihn nur für den Song nominiert haben. Sogar Kinoflops wie Nine und The Producers wurden von den Globes für jeweils fünf bzw. vier Auszeichnungen nominiert. Wenn sogar sie also Cats die kalte Schulter zeigen, dann hat man ein echtes Problem.

Dass es Probleme gab, zeigte sich auch daran, dass Regisseur Tom Hooper bei der Weltpremiere des Films zugegeben hat, dass die Post Production des Films nur wenige Stunden (!) vor der Aufführung beendet wurde. Doch auch das war nicht genug. Nachdem der Film bereits angelaufen war, wurde eine neue, effekttechnisch nachgearbeitete Version an die Kinos ausgeliefert. Dass Filme von manchen Regisseuren nach dem Kinostart noch umgeschnitten wurden, kam in Vergangenheit bereits vor. Stanley Kubrick tat es bei Shining, Terrence Malick bei The New World. Cats ist jedoch der erste Film, der ein echtes Patch bekommen hat, um problematische bzw. unfertige Effekte auszubessern. Autsch.

Es bedeutet übrigens nicht, dass Cats zwingend keine Oscarnominierung erhalten wird. Irgendwie hat es der Film immerhin in die Vorauswahl für die besten visuellen Effekte geschafft.

Die Darsteller des Films haben auch nach und nach begonnen, sich von dieser "Catastrophe" (sorry, ich konnte nicht widerstehen) zu distanzieren. Taylor Swift, die eine kurze Rolle in dem Film spielt und den Globe-nominierten Song "Beautiful Ghosts" beisteuerte, erklärte, dass sie das Endprodukt von ihrer eigenen Erfahrung trennt: (aus dem Englischen)

Man muss das Endergebnis vom eigenen Erlebnis trennen, und man muss zusagen nur basierend darauf, was man glaubt, das Erlebnis sein wird und ob das Erlebnis einem Dinge beibringen wird, die das eigene Leben bereichern. Also war es genau das, was ich erwartet habe, was bedeutet, dass man mit den besten Tänzern und Performern der Welt zusammenarbeiten kann, dass man live am Set auftreten kann, dass man mit einem der besten Regisseure zusammenarbeiten kann, die großartigsten Produzenten und dem Team von Andrew Lloyd Webber und Choreograf Andy Blankenbuehler. Was könnte ich von einer Erfahrung mehr verlangen? Und das war es, weshalb ich sofort zugesagt habe.

Der britische Comedian James Corden war da sehr viel direkter:

Ich habe es nicht gesehen, ich habe gehört es sei furchtbar.

Wenn Ihr jemals in den Genuss kommt, Cats zu sehen (und allein der Erfahrung wegen kann ich auch nicht davon abraten), dann ruft Euch währenddessen in Erinnerung, dass Tom Hooper den Regie-Oscar im Jahr 2011 (für The King’s Speech) gewonnen hat, und zwar gegen Darren Aronofsky (Black Swan), David Fincher (The Social Network), David O. Russell (The Fighter) und die Coen-Brüder (True Grit), während Christopher Nolan für Inception nicht einmal nominiert wurde.

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