Jeremy Theobald in Following (1998) © Pandastorm Pictures/Drop-Out Cinema
Quelle: Drop-Out Cinema
Mit der Ausnahme von James Cameron, der jedoch vermutlich bis an sein Lebensende an Avatar-Filmen arbeiten wird, steht kein anderer Filmemacher heutzutage so sehr für großes, bildgewaltiges Kino wie Christopher Nolan. Sogar die Filmbiografie eines Physikers machte er letztes zu einem berauschenden IMAX-Erlebnis. Wenn Nolans Name auf einem Film steht, dann wissen die Kinogänger:innen, dass ihnen für den Eintrittspreis auch etwas auf der Leinwand geboten wird. Auch wenn Oppenheimer tatsächlich sein günstigster Film seit Prestige – Die Meister der Magie vor 17 Jahren war, kostete er immer noch schlappe 100 Millionen US-Dollar. Die Rückkehr zu kleineren, intimeren Filmen wie Memento oder Insomnia hat Nolan auch nicht vor, wie er in einem Gespräch kürzlich bestätigt hat. Als einer der der wenigen Regisseure, denen die Studios aufgrund ihrer Erfolgsbilanz alle Ressourcen bereitstellen, die sie brauchen, spürt er die Verantwortung, sie auch zu nutzen.
Doch wie viele andere große Blockbuster-Regisseure hat auch Nolan mal ganz klein angefangen. Und ich meine wirklich ganz klein. Sein Regiedebüt Following, das 25 Jahre vor Oppenheimer erschienen ist, war ein 70-minütiger, auf 16mm Film gedrehter Schwarzweiß-Film, der sage und schreibe $6.000 kostete. Trotz der kurzen Laufzeit dauerte die Produktion des Films ein Jahr, weil die Schauspieler die noch andere Jobs hatten, nur samstags drehen konnten. Alle Szenen wurden genauestens geprobt, weil Filmmaterial teuer war und Nolan sich nicht mehrere Aufnahmen von Szenen leisten konnte. Nolan war Regisseur, Autor, Produzent, Kameramann und Co-Editor des Films der ursprünglich hauptsächlich auf Festivals lief.
In dem Film spielt Jeremy Theobald einen jungen erfolglosen Schriftsteller, der aus Langeweile unterschiedlichen Menschen auf der Straße folgt, bis er auf einen Serien-Einbrecher trifft. Diese schicksalhafte Begegnung schickt den jungen Autor auf eine gefährliche Odyssee in die kriminelle Unterwelt von London.
Ich habe Following vor vielen Jahren mal zu Hause gesehen und obwohl der Film natürlich Lichtjahre von Nolans späteren Leinwandspektakeln entfernt ist, konnte man bereits einige Markenzeichen des Regisseurs und vor allem sein Talent darin erkennen. Vieles, was Memento später (und besser) gemacht hat, hat Following schon vorbereitet. Es ist wohl auch kein Zufall, dass der Einbrecher in dem Film genauso heißt wie Leonardo DiCaprios Charakter (Cobb) in Inception.
In die deutschen Kinos kam Following erst Anfang 2005, nachdem Nolan mit Memento und Insomnia größere Erfolge gefeiert hatte, lief aber dennoch weitgehend unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit. Im Zuge des Riesenerfolgs von Oppenheimer zeigten dieses und letztes Jahr viele Kinos Nolans frühere Hits wie Dunkirk, Tenet, Interstellar und die Dark-Knight-Trilogie, manche auch Memento und Prestige, doch Following blieb dabei außen vor und dürfte mit Sicherheit der unbekannteste und am wenigsten gesehene Film des Regisseurs sein.
Weil die Neugier auf das Erstlingswerk des baldigen Oscargewinners jedoch groß sein dürfte, wird der Verleih Drop-Out Cinema in Zusammenarbeit mit Pandastorm Pictures Following am 6. Juni in die deutschen Kinos zurückbringen, darunter auch erstmals in der deutsch synchronisierten Fassung. Bereits ab dem 1. März werden ausgewählte Kinos den Film in der englischen Originalfassung (ggf. mit Untertiteln) zeigen. Dis bisherige Liste der teilnehmenden Kinos kann man hier nachlesen. Ich kann den Film allen Cineasten empfehlen, allein schon auf filmhistorischen Gründen, aber auch weil Following trotz seines mickrigen Budgets ein aufrichtig guter Film ist, den ich sogar besser Filme als einige der späteren Nolan-Werke.
Hier noch der Originaltrailer: