Christopher Nolan plädiert für physische Medien, sieht die Gefahr in Streaming-Exklusivität

Cillian Murphy und Christopher Nolan am Set von Oppenheimer © 2023 Universal Pictures

Quelle: The Washington Post

Immer mehr renommierte Filmemacher unterliegen der Versuchung, ihre Filme für Streaming-Riesen zu inszenieren. Plattformen wie Netflix, Amazon Prime und Apple TV+ locken mit dem Versprechen kreativer Freiheit und riesiger Budgets, mit denen sich alle kühnen Visionen umsetzen lassen. Es mutet auf den ersten Blick vielleicht seltsam an, wenn ein leidenschaftlicher Cineast und Kino-Liebhaber wie Martin Scorsese seine Filme für Netflix oder Apple dreht, doch andererseits hätte kein traditionelles Hollywood-Studios die astronomischen Budgets für The Irishman und Killers of the Flower Moon bereitgestellt. Auch Regie-Visionär David Fincher drehte seine letzten beiden Filme für Netflix. Alfonso Cuarón, Guillermo del Toro, Jane Campion und die Coen-Brüder drehten ihre letzten Filme ebenfalls für Streaming-Anbieter.

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Doch es gibt auch noch einen harten Kern von gefeierten Regisseuren, die dem Lockruf der Streamer nicht folgen und sich auch nicht mit ihrer Kritik daran zurückhalten. Steven Spielberg, James Cameron und vor allem Christopher Nolan sind vehemente Verfechter des traditionellen Kinoerlebnisses. Bei Nolan geht die Ablehnung gegen Streaming-Dienste so weit, dass als Warner Bros. wegen der Pandemie angekündigt hat, alle Filme des Studios 2021 zeitgleich zum Kinostart auch bei HBO Max zu veröffentlichen, der empörte Nolan seine 25-jährige Zusammenarbeit mit dem Studio abrupt beendete und für Oppenheimer ein neues Studios suchte, das ihm ein Kino-Exklusivitätsfenster von mindestens 100 Tagen zusichern würde, Warners Verlust war Universal Gewinn, denn Oppenheimer hat trotz seines R-Ratings und seiner dreistündigen Laufzeit bislang rund $950 Mio weltweit eingespielt.

Wenn es nach Nolan geht, sollte man seine Filme idealerweise in IMAX oder zumindest im Kino erleben. Doch wenn man sie später zu Hause schaut, dann lieber auf einer eigenen DVD oder Blu-ray statt bei einem Streaming-Dienst. Anfang des Monats machte er einen Witz, dass die Leute den Film unbedingt als Disc kaufen sollen, damit kein "böser Streaming-Dienst kommen und ihn stehlen kann."

Wie er in einem weiteren Interview mit Washington Post klargestellt hat, war es höchstens ein halber Witz, denn Nolan sieht eine Gefahr für Filme darin, wenn diese exklusiv als Streaming-Versionen existieren und die Zuschauer damit Streaming-Plattformen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind: (aus dem Englischen)

Es war ein Witz, als ich es gesagt habe. Aber nichts ist ein Witz, wenn es erst einmal im Internet geschrieben steht. Es besteht die Gefahr heutzutage, dass wenn Dinge nur im Stream existieren, sie entfernt werden können. Sie kommen und gehen.

Nolans Kommentare sind hochaktuell, denn gerade dieses Jahr schockierten Streaming-Plattformen wie Disney+ und Paramount+ mit der überraschenden Entfernung zahlreicher eigenproduzierter Titel, um diese steuerlich abzuschreiben. Manche von ihnen sind später zum digitalen Kauf auf anderen Plattformen erschienen, andere sind vorerst mehr oder weniger spurlos verschwunden. Aus diesem Grund gibt es auch viele Filmsammler, die Streaming-Diensten ablehnend gegenüberstehen und weiterhin auf physische Medien setzen.

Zugleich kann man die Vorteile von heutigen Streaming-Plattformen ebenfalls nicht von der Hand weisen. Ja, als Kind der Neunziger denke ich auch immer wieder nostalgisch an die alten Zeiten der Videotheken und der neusten Disc-Releases zurück, doch das Preis-Leistungs-Verhältnis der modernen Streaming-Plattformen, die beträchtliche Geld- und Platzeinsparnisse ermöglichen, sind für mich als ehemaliger leidenschaftlicher Disc-Sammler unschlagbar. Ich verstehe aber auch durchaus die Einwände der anderen Seite, die natürlich neben einer größeren Selbstbestimmung mitunter auch bessere Bild- und Tonqualität bekommen.

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