Quelle: Warner Bros. Pictures
Im Kino ist Clint Eastwood der Prototyp eines echten US-amerikanischen Helden. Also ist es auch irgendwie passend, dass er die späten Jahre seiner Regiekarriere damit verbringt, amerikanischen Helden Denkmäler zu setzen. Wem sich schon beim ersten Hauch des US-amerikanischen Patriotismus oder Pathos in Filmen der Magen umdreht, sollte an dieser Stelle vermutlich umkehren, denn nach seinen großen Kinohits American Sniper und Sully widmet sich Eastwoods neuste Regiearbeit nicht nur weiteren US-Helden, sondern geht sogar so weit, dass sie sich selbst spielen lässt.
Eigentlich war als nächste Regiearbeit von Eastwood die Verfilmung der wahren Geschichte der Entwicklungshelferin Jessica Buchanan vorgesehen, die 2011 von somalischen Piraten entführt und nach drei Monaten in einer wagemutigen Operation von Navy SEALs befreit wurde. Jetzt hat Eastwood jedoch ein anderes Projekt vorgezogen. Normalerweise erfährt man von neuen Projekten der Regisseure von Eastwoods Klasse noch während der Entwicklungsphase und nicht erst zu Beginn der Dreharbeiten, doch dieses scheint der für seine Effizient bekannte 86-jährige Filmemacher sehr zügig auf die Beine gestellt zu haben, sodass Warner Bros. gestern den Drehbeginn von The 15:17 to Paris angekündigt hat. Darin wird der heldenhaft verhinderte Amoklauf an Bord eines Thalys-Zuges von Amsterdam nach Paris geschildert. Beim Zwischenfall haben drei junge, seit ihrer Kindheit befreundete US-Amerikaner, zwei von ihnen Angehörige der US-Armee, ihre Leben riskiert und einen schwer bewaffneten Angreifer überwältigt, bevor er ein Blutbad anrichten konnte. Für die Heldentat wurden die drei sowohl in Frankreich als auch in den USA ausgezeichnet.
The 15:17 to Paris basiert auf dem Buch "The 15:17 to Paris: The True Story of a Terrorist, a Train, and Three American Heroes", das von den drei beteiligten Helden Anthony Sadler, Alek Skarlatos und Spencer Stone sowie dem Schriftsteller Jeffrey E. Stern geschrieben wurde. Newcomerin Dorothy Blyskal schrieb das Drehbuch zum Film, das sie Eastwood vermutlich beim Dreh zu Sully nahebrachte. Sie war als Assistentin am Set des Films mit Tom Hanks tätig.
Nachdem Hollywood-Stars Bradley Cooper und Tom Hanks die Protagonisten seiner letzten beiden Filme spielten, besetzte Eastwood in The 15:17 to Paris kurzerhand Sadler, Skarlatos und Stone selbst in den Hauptrollen, was reichlich ungewöhnlich für die Verfilmung einer wahren Geschichte ist, die nicht gerade von Schauspielern oder Sängern handelt. Judy Greer (Jurassic World) und Jenna Fischer ("The Office") spielen im Film ebenfalls mit.
Ich möchte an dieser Stelle nicht Eastwoods Qualitäten als Regisseur in Zweifel ziehen, dafür hat er bereits reichlich hervorragende Werke abgeliefert. Auch möchte ich nicht die Heldentat der drei US-Amerikaner schmälern, die sicherlich viele Menschenleben gerettet hat. Doch ist es wirklich interessant, einen Film um ein Ereignis herum zu inszenieren, das nur wenige Minuten gedauert hat? Das erinnert mich an Robert Zemeckis' The Walk, der, so unterhaltsam er auch war, eigentlich auf ein zentrales Event hin gearbeitet hat, nur dass dieses bedeutend länger dauerte als die Ereignisse an Bord des Thalys.