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Quelle: Deadline
Das BAU-Team von "Criminal Minds" hat 15 Staffeln lang Verbrecher zur Strecke gebracht. Jetzt müssen sich die Serienmacher und die Produktionsfirmen der Serie demnächst selbst vor Gericht verantworten. Das California Department of Fair Employment and Housing, ein Ministerium des US-Bundesstaats Kalifornien, dessen Aufgabe darin besteht, die Bürger vor Diskriminierung und Hasskriminalität am Arbeitsplatz und bei der Wohnsituation zu schützen, hat am Kammergericht von Los Angeles eine Klage gegen CBS, ABC und Disney eingereicht, die die im Februar beendete Serie gemeinsam produziert haben, sowie gegen eine Reihe von Executives, darunter auch "Criminal Minds"-Showrunnerin Erica Messer, und die Person, um die sich alles letztlich dreht – Kameramann Gregory St. Johns.
Der Vorwurf der Klage lautet, dass St. Johns 14 Jahre lang systematisch sexuelle Belästigung, Diskriminierung und Vergeltung gegen Crew-Mitglieder am Set ausgeübt haben soll, und sein Verhalten von den Produzenten und den Studios wissentlich und ohne Konsequenzen toleriert wurde. Die Klage wurde im Namen zahlreicher Opfer eingereicht, die in diesem Fall allesamt Männer waren. Das erinnert noch einmal daran, dass wirklich jeder Opfer sexueller Belästigung und Gewalt werden kann.
Die 23-seitige Klageschrift, die man hier nachlesen kann, besagt, dass Gregory St. Johns zahlreiche Männer am Set ohne deren Einwilligung an den Hoden, am Anus, Gesäß und der Brust angefasst haben soll, und sie am Hals, Schultern und Ohren geküsst und gestreichelt haben soll. Sein Verhalten soll er in aller Öffentlichkeit und mit hoher Regelmäßigkeit ausgeübt haben. Wer auf seine Avancen eingegangen ist, wurde von ihm bevorzugt behandelt, gegen andere übte er Vergeltung in Form von Ausgrenzung, öffentlicher Bloßstellung, unfairer Kritik und letztlich Entlassung aus. Mehr als ein Dutzend Männer, die St. Johns zurückgewiesen haben, sollen auf sein Geheiß hin gefeuert worden sein, darunter eine gesamte Elektriker-Crew. Beschwerden über ihn wurden dem Produktionsteam über Jahre vorgebracht, als Reaktion wurden die Betroffenen jedoch entlassen. Laut der Klageschrift führte St. Johns' Verhalten eine bedrohliche, feindselige Arbeitsatmosphäre am Set herbei, und die Produzenten haben ihn bewusst gedeckt, auch als sich Vorwürfe und Beschwerden häuften. Die Klage hebt außerdem Disneys Image als familienfreundliches Unternehmen hervor, das nicht im Einklang damit steht, wie das Studio angesichts der Belästigungsvorwürfe reagiert hat.
Die Vorwürfe und die Klage kommen nicht aus dem Nichts. Bereits 2018 hat Branchenblatt Variety über die Vorwürfe gegen Gregory St. Johns berichtet und über CBS' Entscheidung, ihn trotz allem im Team zu behalten. Erst als Variety im Herbst 2018 dem Sender einen Einblick in einen ausführlichen Enthüllungsbericht über seine Taten gewährt hat, hat der Sender ihn während der Produktion der finalen Staffel entlassen, nachdem sein Verhalten 14 Jahre lang geduldet worden war. Der zweite Kameraassistent Todd Durboraw reichte vor sechs Monaten schon eine Klage gegen CBS und ABC wegen der Duldung von St. Johns' Verhalten ein. Als sich die Stimmen der Opfer mehrten, schritt das Department of Fair Employment and Housing mit einer Klage auf der Ebene des Bundesstaats ein.
Das Schockierende ist, dass Gregory St. Johns nicht gerade ein alter Hase im Film- und Seriengeschäft ist, der aufgrund seines Status "unantastbar" war. Abgesehen von seiner Arbeit an "Criminal Minds", finden sich auf IMDb kaum weitere Einträge in seiner Vita. Bei "Criminal Minds" hat er 2006 als Kameraassistent begonnen und arbeitete sich bereits ein Jahr später zum Director of Photography, dem leitenden Kameramann der Serie, hoch. In dieser Funktion war er für die Bilder von insgesamt 201 Episoden der Serie verantwortlich, während er in all der Zeit offensichtlich seine Mitarbeiter terrorisierte. Nicht falsch verstehen: Solches Verhalten sollte immer gleich geahndet werden, egal wie das Standing oder der Bekanntheitsgrad des Täters sind. Es ist jedoch überraschend, dass CBS und ABC St. Johns nicht schon vor vielen Jahren gefeuert haben, um den jetzigen Skandal zu vermeiden.
Disney hat sich als einzige angeklagte Partei bislang dazu (über deren TV-Produktionsfirma ABC) geäußert und bedauert, dass keine Einigung mit dem Minisetrium erzielt werden konnte:
The Company works hard to maintain a work environment free from discrimination, harassment, or retaliation. In this instance the Company took corrective action. We cooperated with the Department of Fair Employment and Housing during its investigation, and we regret that we were unable to reach a reasonable resolution with the Department. We now intend to defend the asserted claims vigorously.