Edward Norton in "Der unglaubliche Hulk" (2008) © Universal Pictures
Quelle: The New York Times
Ob man mit ihren Filmen was anfangen kann oder nicht, was Disney und Marvel mit dem Marvel Cinematic Universe in den letzten elf Jahren auf die Beine gestellt haben ist in der Filmgeschichte beispiellos. Es gibt viele Gründe, weshalb das Marvel Cinematic Universe so erfolgreich ist, darunter natürlich die klare Vision eines Mannes – Kevin Feige. Und auch wenn es innerhalb des MCU durchaus Spielraum für Experimente und Selbstverwirklichung gibt, ohne die wir Guardians of the Galaxy oder Thor – Tag der Entscheidung vermutlich nie bekommen hätten, muss sich jeder letzten Endes Feiges Vision fügen.
Zu den großen Stärken des MCU gehören auch die Besetzungen der Schauspieler in ihren jeweiligen Rollen. In dieser Hinsicht gab es bislang kaum Ausrutscher. Schauspieler wie Robert Downey Jr., Chris Hemsworth oder Chris Pratt sind synonym mit ihren jeweiligen Marvel-Rollen geworden. Doch denkt man an die Anfänge zurück, gab es dabei natürlich einen Fall, bei dem die erste Wahl für Feiges Pläne doch nicht die richtige war. Bevor Mark Ruffalo sich die Hulk-Rolle zu eigen machte, spielte sie Edward Norton in Der unglaubliche Hulk, dem häufig vergessenen "Stiefsohn" des MCU. Der unglaubliche Hulk war nach Iron Man erst der zweite Film aus dem Marvel-Kinouniversum und erschien noch lange bevor man als Außenstehender absehen konnte, zu welchem Phänomen sich das MCU entwickeln würde. Als dann die Zeit für Marvel’s The Avengers vier Jahre später kam, wurde Norton zugunsten von Ruffalo ausgetauscht. Es ist die einzige wirklich große Umbesetzung im MCU gewesen und trotz meiner anfänglichen Zweifel ein absoluter Volltreffer. So sehr ich Edward Norton mag, Ruffalo ist für mich der mit Abstand beste Bruce Banner.
Als Nortons Ausstieg bekannt wurde, war schnell klar, dass der Grund in unterschiedlichen kreativen Vorstellungen lag. Diese hat Norton jetzt in einem Interview mit der New York Times ausführlich erörtert. Er wollte düstere Hulk-Filme à la Nolans Dark-Knight-Trilogie und Marvel hatte andere Pläne: (aus dem Englischen)
Ich habe die "Hulk"-Comics geliebt. Ich glaubte, dass sie sehr mythisch seien. Und was Christopher Nolan mit Batman gemacht hat, ging in die Richtung, in die ich auch wollte: lang, düster und ernst. Wenn es je einen Charakter gab, zu dem das meiner Meinung nach passte, dann war es der Hulk. Es ist buchstäblich der Mythos des Prometheus. Ich habe einen zwei-Filme-Plan vorgeschlagen: Die Ursprünge und dann die Idee von Hulk als bewusster Träumer, der Typ, der den Trip kontrollieren kann. Und sie meinten: Das ist, was wir wollen!" Wie sich aber herausgestellt hat, war es nicht, was sie wollten. Aber ich hatte eine tolle Zeit dabei. Ich habe mich super mit Kevin Feige verstanden.
Zum Zeitpunkt der Umbesetzung begründete Kevin Feige diese mit dem "Bedürfnis nach einem Schauspieler, der die Kreativität und den Geist der Zusammenarbeit der anderen talentierten Cast-Mitglieder verkörpert." Oder anders ausgedrückt: Jemand, der tut, was man ihm sagt. Als Norton auf diese Aussage angesprochen wurde, bezeichnete er sie als unter der Gürtellinie, erklärte aber, dass es kein böses Blut zwischen Marvel und ihm gebe, sondern dass ihre Vorstellungen sehr weit auseinander lagen. Das betraf auch den veranschlagten Zeitaufwand und die Bezahlung:
Ich war ein Versuch, die Marke zu schützen oder so etwas. Letztlich wollten sie nicht lang, düster und ernst sein. Aber das ist egal. Wir hatten positive Gespräche über die Filme und wir haben uns die Zeit angeschaut, die es benötigt hätte, und das wollte ich nicht mitmachen. Ich hätte, ehrlich gesagt, mehr Geld dafür gewollt als das, was sie mir zahlen wollten.
Aber das ist sowieso nicht der Grund, weshalb ich einen weiteren Hulk-Film machen wollen würde. Ich habe all die anderen Dinge gemacht, die ich machen wollte, und was Kevin Feige gemacht hat, war vermutlich die beste Ausführung eines Business Plans in der Geschichte der Unterhaltungsindustrie. Als Disney-Aktieninhaber muss man dafür applaudieren.
Eine Aussage über den aktuellen Stand des Marvel-Filmuniversums wollte er nicht treffen, da er keine List hatte, für die Überschriften von Clickbait-Artikeln herzuhalten (wie beispielsweise Martin Scorsese kürzlich mit seinem Statement über Marvel-Filme):
Kevin hatte eine Idee davon, was man machen könnte, und es war bemerkenswert. Es ist nicht auf dem tonalen oder thematischen Level passiert, auf dem ich meine Zeit gerne verbracht hätte. Daraus aber einen Kampf zu machen oder ein Urteil zu bilden ist grotesk.
Ein sehr ernster und düsterer Hulk-Film hätte an und für sich gut funktionieren können, nur nicht innerhalb des MCU. In diesem Filmuniversum zu arbeiten, bedeutet, absoluter Teamplayer zu sein, denn man ist immer nur ein Rädchen in einer großen Maschine. Für einen eigenwilligen, kreativen Kopf wie Norton war das aber wohl keine Option.