Ryan O’Connell in "Ein besonderes Leben" © 2019 Netflix
Quelle: The Hollywood Reporter
"Stranger Things", "The Witcher", "Lupin", "Bridgerton", "Haus des Geldes"… Diese und einige andere Netflix-Serien sind in aller Munde, genießen weltweit großen Hype und bedürfen eigentlich keiner zusätzlichen Empfehlung. Aber bei Netflix finden sich auch immer wieder Geheimtipps, kleine Serienjuwele, die vielleicht ohne Staraufgebot, großes Budget oder eine breite Marketingkampagne daherkommen, nicht jahrelang laufen und nur eine kleine Nische bedienen, aber auf jeden Fall einen Blick wert sind. Eine solche Serie, die ich kürzlich erst entdeckt und verschlungen habe, ist "Bonding", bei der ich noch auf eine Verlängerung um eine dritte Staffel sehr hoffe. Eine andere ist "Atypical", die demnächst mit ihrer vierten Season enden wird.
In diese Geheimtipp-Kategorie fällt auch die wenig bekannte Comedyserie "Ein besonderes Leben" (OT: "Special"), die einen Blick auf das alltägliche Leben einer außergewöhnlichen Person wirft. Die Serie stammt von Ryan O’Connell, basiert auf seiner eigenen Autobiografie und er ist nicht nur Showrunner, sondern spielt auch die Hauptrolle. Es ist ein besonderes Leben, und zwar sein Leben. Die Hauptfigur ist ein junger homosexueller Mann, der unter einer milden Form der infantilen Zerebralparese leidet und noch bei seiner Mutter (Jessica Hecht) zu Hause wohnt. Er beschließt, sein Leben endlich in die eigene Hand zu nehmen und seine Träume zu erfüllen, und er fängt damit an, dass er eine unbezahlte Praktikantenstelle bei einer Website annimmt.
"Ein besonderes Leben" ist im April 2019 bei Netflix erschienen und wurde im selben Jahr gleich für vier Emmys nominiert. Falls Ihr die Serie damals gesehen habt und Euch noch fragt, ob sie denn irgendwann weitergehen wird, so haben wir zugleich gute und schlechte Neuigkeiten für Euch. Tatsächlich wurde "Ein besonderes Leben" im Dezember 2019 von Netflix um eine zweite Staffel verlängert. Dass die Verlängerung acht Monate nach Release in Anspruch genommen hat, lag daran, dass O’Connell darauf bestanden hat, dass die Folgen der zweiten Staffel doppelt so lang werden wie bei der ersten. Wie auch bei "Bonding", waren die Episoden der ersten Staffel rund 15 Minuten lang. Netflix ließ sich letztlich darauf ein und es musste ein neuer Vertrag aufgesetzt werden.
Die ersten vier der acht neuen Folgen waren im Kasten, als die Pandemie zugeschlagen und den Dreh aufgehalten hat. Jetzt ist die neue Staffel endlich fertig und wird am 20. Mai bei Netflix erscheinen. Es wird jedoch zugleich auch die letzte Staffel der Serie werden, wie O’Connell selbst verraten hat. Die Entscheidung, die Serie jetzt schon zu beenden, war nicht seine, sondern kam von Netflix. Jedoch wurde er früh genug davon in Kenntnis gesetzt, sodass er einen zufriedenstellenden Abschluss schreiben konnte, wie er im Interview mit The Hollywood Reporter erklärt hat: (aus dem Englischen)
Es dürfte niemanden überraschen, dass es nicht meine Entscheidung war. Netflix hat mir ziemlich früh mitgeteilt, dass es die letzte Staffel werden würde, und ich habe das sehr zu schätzen gewusst, weil ich so eine Staffel machen konnte, die sich sehr nach einer finalen Season angefühlt hat. Die Geschichte wird sich vollständig anfühlen. […]
Ich weiß nicht, wie es zu der Entscheidung kam. Ich nehme an, wir haben ihnen nicht genug Geld eingebracht?! Ich bin auf Netflix zugegangen und habe sehr direkt gesagt, dass ich keine zweite Staffel wollte, deren Folgen nur 15 Minuten lang sind. Es war in kreativer Hinsicht zu schwer bei Staffel 1. Ich wollte den Charakter Kim ausbauen und ihr ihre eigene Geschichte geben. Ich habe gesagt, dass Staffel 2 entweder 30-minütige Folgen haben wird oder ich bin raus, und man muss es ihnen lassen, sie waren damit an Bord. In kreativer Hinsicht waren sie Traumpartner und haben mich genau die Serie machen lassen, die ich machen wollte. Ich würde lieber zwei Serienstaffeln komplett nach meinen Vorstellungen machen als vier Staffeln, bei denen ich das Gefühl hätte, ich muss Kompromisse eingehen. In der Hinsicht fühle ich mich sehr glücklich.
Ein Trostpflaster für die Fans ist, dass die Folgen diesmal tatsächlich rund 30 Minuten lang sein werden, sodass es quasi doppelt so viel von der Serie zu sehen geben wird wie bei Staffel 1. Die erste Season schrieb O’Connell noch komplett alleine, bei der zweiten erhielt aufgrund des deutlich größeren Umfangs Unterstützung von weiteren Autoren.
Während in der realen Welt zwei Jahre zwischen den beiden Staffeln vergangen sein werden, setzt Staffel 2 inhaltlich zwei Monate nach der ersten an. Ryan kämpft mit einer Schreibblockade und redet weiterhin nicht mit seiner Mutter (Jessica Hecht). Außerdem wird Punam Patels Figur Kim eine größere Rolle einnehmen und die Kontrolle über ihre Finanzen und ihr Leben zurückgewinnen.
"Ein besonderes Leben" ist nicht die erste Serie, die Netflix um eine zweite und zugleich finale Staffel verlängert hat. Auch bei ähnlichen Nischenserien "Feel Good" und "Diebische Elstern" (OT: "Trinkets") wurde die zweite Staffel direkt als Abschluss bestellt. Man muss immerhin schon dafür dankbar sein, wenn die Macher dies früh genug im Voraus wissen und sich entsprechend darauf einstellen können.