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Quellen: The-Numbers, The Hollywood Reporter
Es ist kein Geheimnis, dass die Filmindustrie mit dem höchsten jährlichen Output Bollywood ist, und nicht Hollywood. Jedoch gehörte Hollywood seit es entsprechende Aufzeichnungen gibt die Alleinherrschaft über weltweite Einspielergebnisse. Bis 2019 war der umsatzstärkste Film des Jahres ausnahmslos englischsprachig. Jahr um Jahr purzelte Box-Office-Rekorde, teils dank Inflation, teils dank voranschreitender Globalisierung und dem rasanten Wachstum von Märkten wie China, Brasilien oder Südkorea. Erst vorletztes Jahr entthronte Avengers: Engame Avatar nach neun Jahren als einspielstärksten Film aller Zeiten.
Nordamerika (USA und Kanada) blieb bis 2019 unangefochten der umsatzstärkste Kinomarkt, doch China holte schnell auf. Wie viele andere Entwicklungen, wurde auch diese durch die außergewöhnlichen Umstände 2020 mit Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Die Corona-Krise brachte das Kinogeschäft in der ersten Jahreshälfte weltweit zum Erliegen, doch während sich die Kinos im Westen trotz einer kurzen Verschnaufpause im Sommer nie erholt haben und aktuell weitestgehend wieder geschlossen sind, konnten zahlreiche asiatische Märkte wieder das prä-Corona-Niveau nahezu erreichen, zumindest mit heimischen Produktionen, denn aus Hollywood kam ja herzlich wenig Neues auf den Markt.
Im Gegensatz zu den USA und den meisten europäischen Ländern, haben Japan, China, Südkorea und andere Länder Asiens die Krise durch ultrastrenge Regeln und rigoroses Tracking in den Griff bekommen und konnten größtenteils zur Normalität zurückkehren, wie es sie hier nicht einmal im Sommer gab. In Japan, wo bei den meisten Kinovorstellungen nicht einmal mehr Abstände zwischen den Sitzplätzen gelassen werden, bricht der Anime Demon Slayer: Mugen Train aktuell alle Rekorde und hat sogar schon Hayao Miyazakis Chihiros Reise ins Zauberland nach 19 Jahren als erfolgreichsten Film aller Zeiten in dem Land abgelöst. Auch Südkorea und China hatten seit dem Sommer eine ganze Reihe lokaler Riesenhits. Mit insgesamt $2,7 Milliarden Umsatz lag China 2020 erstmals vor Nordamerika, wo die Kinofilme lediglich $2,3 Milliarden erwirtschaftet haben. Verschont geblieben ist das Kinogeschäft in China aber auch nicht und gab um 70% gegenüber dem Vorjahr nach. In Nordamerika betrug der Rückgang heftige 80%.
Die Dominanz Chinas zeigt sich auch anhand der weltweit umsatzstärksten Filme des letzten Jahres. Der historische Kriegsepos The Eight Hundred ist mit rund $483 Mio Einspiel (davon fast alles aus China) zum weltweit erfolgreichsten Film 2020 geworden. Dabei sollte der Streifen, der als erster asiatischer Film überhaupt komplett mit IMAX-Kameras gedreht wurde, bereits im Sommer 2019 erscheinen, wurde aber wegen seiner vermeintlich kritischen Darstellung der Nationalen Armee nach hinten verschoben. Dem Kassenerfolg tat es offenbar keinen Abbruch. The Eight Hundred erzielte dennoch den niedrigsten Umsatz für die weltweite Nummer 1 des Jahres seit 1995, als sich Stirb langsam – Jetzt erst recht mit $366 Mio durchsetzen konnte. 2020 war außerdem das erste Jahr seit 2007, in dem kein Film eine Milliarde US-Dollar weltweit knacken konnte.
Auch der zweiterfolgreichste Film 2020 stammte aus China. Der Episodenfilm My People, My Homeland spielte knapp $433 Mio weltweit ein. Erst auf Platz 3 findet sich mit Bad Boys for Life ($424 Mio) eine Hollywood-Produktion. In Deutschland war Bad Boys for Life mit rund 1,82 Millionen verkauften Tickets der besucherstärkste Film des letzten Jahres. Christopher Nolans Tenet, der einzige große Hollywood-Blockbuster, der während der Pandemie exklusiv in den Kinos veröffentlicht wurde, spielte weltweit $363 Mio ein, was für Platz 4 ausgereicht hat.
Noch kann man nicht sagen, ob und wann sich Hollywood erholen wird, und ob es überhaupt in den nächsten Jahren wieder vergleichbare Einspielergebnisse geben wird, wie in den Jahren vor der Krise. Die positiven Beispiele aus China, Südkorea und Japan zeigen jedoch, dass eine Rückkehr zu früheren Erfolgen möglich ist und die Leute immer noch Lust auf das Kinoerlebnis haben.