Die Infinity Saga des Marvel Cinematic Universe war ein präzedenzloser Triumph des Blockbuster-Kinos, den wir so vermutlich lange nicht wieder erleben werden. Mehr als 20 Milliarden US-Dollar haben 23 miteinander verbundenen Filme weltweit eingespielt. Keiner der Filme floppte an den Kinokassen, jeder einzelne erhielt überwiegend positive Kritiken, auch wenn die Begeisterung für die einzelnen Filme zum Teil erheblich schwankte. Den Hype für Avengers: Endgame kann niemand wirklich fassen, der ihn damals nicht selbst miterlebt hat. Dass das große Finale der Infinity Saga kurzzeitig zum erfolgreichsten Film aller Zeiten wurde, hatte er der Beliebtheit der MCU-Filme vor ihm zu verdanken. Zugleich gelang Avengers: Endgame auch die Meisterleistung, die meisten Fans trotz himmelshoher Erwartungen zufriedenzustellen. Wie schwierig das sein kann, zeigten im selben Jahr noch die finale "Game of Thrones"-Staffel und Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers.
Wenn Avengers: Doomsday nächstes Jahr in die Kinos kommt, wird er auf deutlich wackeligeren Fundament stehen als Endgame. Den guten Willen, den sich das Marvel Cinematic Universe mit der Infinity Saga aufgebaut hat, hat die Multiverse Saga weitgehend aufgebraucht. Auch hier gab es Highlights wie Guardians of the Galaxy Vol. 3, Spider-Man: No Way Home und Deadpool & Wolverine, allerdings waren sie deutlich seltener und die Enttäuschungen dazwischen häufiger.
Erste Risse zeigte die MCU-Fassade 2021 mit Eternals, der eine ganz neue Gruppe von unsterblichen Superhelden ins Marvel-Filmuniversum eingeführt hat. Marvel hielt große Stücke auf den Film und hatte dafür auch jeden Grund. Regisseurin Chloé Zhao hat im selben Jahr als zweite Frau überhaupt den Regie-Oscar für Nomadland gewonnen, während der Film selbst mit dem Oscar-Hauptpreis ausgezeichnet wurde. Das Ensemble aus etablierten Stars wie Angelina Jolie und Salma Hayek und Shooting Stars wie Barry Keoghan, Gemma Chan, Kit Harington und Richard Madden war sehr vielversprechend und erste Bilder kündigten einen wahren Bilderrausch an. Optisch hat Eternals auch nicht enttäuscht, inhaltlich polarisierte der 157 Minuten lange Epos das Publikum und die Kritiker und Eternals wurde zum ersten MCU-Film mit mehr negativen Kritiken als positiven.
Ob das harte Urteil wirklich gerechtfertigt war oder von zu hohen Erwartungen angesichts der renommierten Regisseurin rührte, sei dahingestellt. In jedem Fall wirkte das MCU plötzlich nicht mehr so unangreifbar. An den Kinokassen lief der Film mit rund $400 Millionen Einspiel angesichts der Pandemie passabel, war aber wegen seines enormen Budgets von $236 Millionen ein Kassenflop. Seitdem verbuchte das MCU natürlich weitere Enttäuschungen wie Ant-Man and the Wasp: Quantumania oder den Megaflop The Marvels, doch es war Eternals, der als Wendepunkt in Marvels Erfolgsbilanz gesehen wird.
Eternals endete mit mehreren losen Enden, einem Cameo von Harry Styles als Thanos' Bruder Eros und Mahershala Alis Stimme als Blade aus dem Off. Nach dem relativen Misserfolg des Films blieb jedoch unklar, ob die Handlungsfäden und die Charaktere des Films noch aufgegriffen werden würden. Captain America: Brave New World nutzte zumindest den versteinerten Celestial Tiamut aus Eternals als Aufhänger für seine Handlung und die Einführung des Metalls Adamantium (mit dem Wolverines Skelett in den Comics überzogen ist) ins MCU, ansonsten wurde Eternals bislang sehr stiefmütterlich behandelt. Bei der kürzlichen Bekanntgabe der Besetzung von Avengers: Doomsday war keiner der Eternals-Darsteller dabei, während mehrere weitere MCU-Helden aus der Multiverse Saga wie Yelena Belova (Florence Pugh) und Shang-Chi (Simu Liu) mit von der Partie sein werden.
Eine Zeitlang wurde gemunkelt, dass Marvel die Fans mit dem offenen Ende nicht zurücklassen und Eternals 2 eine Chance geben würde, doch der Tenor änderte sich nach den ernüchternden Ergebnissen von Quantumania und The Marvels. Hollywood-Insider Daniel Richtman berichtete letztes Jahr, dass Marvel wegen dieser Fiaskos demnächst auf Nummer sicher spielen würde und kein Geld in potenzielle Flops pumpen würde. Laut ihm sollen zuvor geplante Sequels wie Ant-Man 4, Captain Marvel 3 und Eternals 2 auf Eis gelegt worden sein.
Während das jedoch letztlich Spekulationen waren, hat Marvel-Boss Kevin Feige das im Falle des Eternals-Sequels konkret bestätigt. Auf die Frage hin, ob es in absehbarer Zeit ein Wiedersehen mit Sersi, Kingo, Druig und Co. geben würde, antwortete er kurz und knapp: (aus dem Englischen)
Es gibt keine unmittelbaren Pläne für Eternals 2.
Heißt es, dass wir nie erfahren werden, was aus diesen Charakteren geworden ist? Nicht zwingend. Immerhin setzte Captain America: Brave New World die Ereignisse aus Der unglaubliche Hulk nach 17 Jahren noch fort und Doctor Strange in the Multiverse of Madness brachte sogar Anson Mount als Black Bolt aus der gefloppten und verrissenen "Inhumans"-Serie zurück. Das MCU vergisst nichts und niemanden, doch die Chancen von Eternals 2 stehen schlecht. Als Chloé Zhao selbst vorletztes Jahr nach einem Sequel gefragt wurde, kam von ihr lediglich ein nüchternes "kein Kommentar".
Quelle: Inverse