Jodie Comer und Ryan Reynolds in Free Guy © 2021 20th Century Studios
Quelle: The Hollywood Reporter
Wenn Ihr Euch die Kino-Jahres-Charts von vor 20 Jahren und von heute anschaut, wird Euch vermutlich eine Sache sofort ins Auge stechen: Die Blockbuster von heute werden von Franchises und Marken dominiert. Jeder einzelne der weltweit zehn erfolgreichsten Hollywood-Filme 2021 war entweder ein Sequel, eine Comicverfilmung oder hatte eine andere literarische Vorlage, wobei letzteres nur auf Dune zutrifft, der immerhin nicht Teil einer etablierten Blockbusterreihe war. Dieser Trend kristallisiert sich schon seit Jahren heraus. Auch in den drei Jahren vor Corona (2017-2019) gab es lediglich einen einzigen englischsprachigen Originalfilm – Bohemian Rhapsody – der es in die weltweite Top 10 seines Jahres geschafft hat. Der Rest: Star Wars, Marvel, DC, Jumanji, Disney-Neuverfilmungen und andere Franchises.
Die Pandemie hat die Entwicklung beschleunigt. Es sind fast nur noch Eventfilme, für die sich Zuschauermassen in die Kinos bewegen und die keine parallele Streaming-Auswertung bekommen und Events gibt es meist, wenn es bereits eine bestehende Fangemeinde gibt. Franchises sind für die Studios eine sichere Bank, deswegen wird es sie immer geben. Gerade weil erfolgreiche Franchises aber so begehrt sind, träumt jedes Studio auch davon, eine neue Filmreihe ins Leben zu rufen, die man noch viele Jahre lang melken kann. Ein erfolgreicher Originalfilm ohne jegliche Buch-, Comic- oder Franchise-Vorlage ist der Goldesel, den die Studios suchen, und Disney fand ihn letztes Jahr mit Free Guy.
Die von 20th Century Studios produzierte Science-Fiction-Actionkomödie mit Ryan Reynolds war der erste Disney-Film seit Beginn der Pandemie, der einen 45-tägigen exklusiven Kinostart in den USA erhalten hat und nicht direkt auch auf Disney+ veröffentlicht wurde. Die Zuschauer waren bereit dafür. Der Film mit Reynolds als ein NPC (non-player character), also Hintergrundcharakter, in einem actionreichen Videospiel, der sich seiner Existenz bewusst wird, traf begeisterte nicht nur Gamer und profitierte weiterhin von Reynolds' Deadpool-Image, von dem er schon seit Jahren zehrt.
Free Guy wurde zu einem waschechten Mundpropaganda-Hit mit einem weltweiten Einspiel von knapp $332 Mio, was für einen Film ohne jegliche Vorlage heutzutage beachtlich ist. Die Kritiken waren positiv, der Film ist aktuell für seine einfallsreichen Effekte für den Oscar nominiert und natürlich lässt sich Disney die Gelegenheit nicht entgehen, Free Guy als brandneues Franchise voranzutreiben. Direkt nach dem Kinostart hat Reynolds verkündet, dass Disney an Free Guy 2 interessiert sei und wies auf die Ironie hin, dass der als kompletter Originalfilm beworbene Free Guy alsbald fortgesetzt werden soll. Regisseur Shawn Levy hat daraufhin bestätigt, dass das Sequel tatsächlich in Arbeit sei.
Seitdem ist bei Netflix mit The Adam Project die zweite Zusammenarbeit von Levy und Reynolds erschienen und Reynolds' neuer Kumpel Levy wurde von Disney als Regisseur von Deadpool 3 verpflichtet. Wann er gedreht werden wird, ist noch unklar, denn auch Free Guy 2 ist aktiv in Arbeit. 20th-Century-Studios-Präsident Steven Asbell hat kürzlich in einem Interview erklärt, dass das Drehbuch zu Free Guy 2 nahezu fertig sei: (aus dem Englischen)
Wir erwarten das Drehbuch, das in wenigen Tagen kommt. Es ist eine fantastische Geschichte.
Matt Lieberman und Zak Penn schrieben das Skript zum ersten Film. Es ist noch unklar, ob sie auch am Sequel arbeiten. Levys Rückkehr als Regisseur ist auch noch unbestätigt, doch ich bezweifle, dass Reynolds den Film ohne seinen Buddy drehen wollen wird. Reynolds' Co-Star Jodie Comer hat im Herbst erklärt, dass sie sehr gerne für einen zweiten Film zurückkehren würde, sollte sie gefragt werden, und da sie als Molotov Girl mein Highlight des ersten Films war, hoffe ich sehr darauf.
Disneys 20th Century Studio wird in den nächsten Jahren den Fokus darauf legen, rund zehn Filme im Jahr direkt für Streaming-Dienste zu veröffentlichen. Lediglich ganz großen Franchises sollen Kinostarts vorbehalten sein und Free Guy gehört jetzt dazu. Nach der Beliebtheit des ersten Films könnten sich die Einnahmen der Fortsetzung steigern.
Mir ging es bei Free Guy genauso wie bei den meisten Filmen von Shawn Levy: Er war harmlos, leichtfüßig, milde unterhaltsam, aber ließ auch viel Potenzial ungenutzt. Ein Film, dessen Details ich bereits wenige Tage nach der Sichtung schon vergessen habe. Das Sequel werde ich mir auch anschauen, die Erwartungen halten sich jedoch in Grenzen.