Peter Dinklage in "Game of Thrones" © 2019 HBO
Quelle: The New York Times
Rein auf Papier war die finale 8. Staffel der Fantasyserie "Game of Thrones" ein rauschender Triumph für ihren US-Sender HBO. Das Serienfinale erzielte mit 13,6 Millionen Zuschauern bei der linearen Erstausstrahlung im Mai 2019 einen neuen Quotenrekord für den Sender und schlug damit sogar "Die Sopranos". Bei den Emmys im selben Jahr räumte "Game of Thrones" sagenhafte zwölf Auszeichnungen ab, darunter als "Beste Dramaserie".
Doch diese Zahlen bilden nicht alles ab, denn es gibt noch eine erwähnenswerte Zahl: Mehr als 1,8 Millionen Menschen haben bis heute eine Petition unterschrieben, die fordert, dass HBO die komplette achte Staffel mit neuen Autoren neu dreht. Diese Forderung ist natürlich absurd, doch sie zeigt die Unzufriedenheit mit der finalen Season. Ja, der Medienrummel und der Hype um den Abschluss des größten Serienevents der letzten zehn Jahre war enorm. Doch kein Serienfinale der letzten Jahre hat so viele Fans auf die Palme gebracht und vor den Kopf gestoßen wie "Game of Thrones". Die gehetzten und zum Teil unplausiblen Plot- und Charakterentwicklungen widersprachen dem sorgfältigen Aufbau der komplexen Figuren über die vorigen sieben Staffeln und führte zu einem Abschluss, den nur die wenigsten aufrichtig zufriedenstellend fanden.
Dazu zählen nicht nur gewöhnliche Zuschauer, sondern auch George R. R. Martin, der Autor der Romanvorlagen "Das Lied von Eis und Feuer". Er bezeichnete die finale Staffel als "nicht vorlagengetreu", wobei man natürlich auf die Fertigstellung der Reihe seinerseits leider auch schon lange vergeblich wartet. Daenerys-Darstellerin Emilia Clarke, deren Figur in der finalen Staffel einen massiven Wandel durchmacht, ist auch nicht gänzlich zufrieden damit, wie die Entwicklung gehandhabt wurde.
Doch es gibt auch eine andere Sichtweise. Tyrion-Darsteller Peter Dinklage, der für die finale Season seinen vierten Nebendarsteller-Emmy gewonnen hat und daher vielleicht weniger Grund zur Klage hat, hat im Interview mit der New York Times kürzlich das Finale verteidigt und die umstrittenen Serienmacher David Benioff und D.B. Weiss in höchsten Tönen gelobt: (aus dem Englischen)
Sie (die Zuschauer) wollten, dass die hübschen weißen Menschen gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten. Übrigens, das ist Fiktion. Darin kommen Drachen vor. Das Leben geht weiter. (lacht) Nein, aber die Serie unterläuft Erwartungen und das liebe ich daran.
Ja, es hieß "Game of Thrones", aber gegen Ende haben mich Leute auf der Straße nur gefragt: "Wer wird auf dem, Thron sitzen?" Ich weiß nicht, weshalb es deren Fokus war, denn in der Serie ging es um viel mehr als das.
Einer meiner Lieblingsmomente war, als der Drache den Thron verbrannt hat, weil es gewissermaßen die gesamte Konversation abgetötet hat, was wirklich frech und auch brillant seitens der Serienmacher war, im Sinne von: "Seid leise, es geht nicht darum." Sie haben das immer gemacht: Wenn man das eine erwartet hat, gaben sie das andere. Alle hatten ihre eigenen Vorstellungen von der Geschichte, während sie die Serie geschaut haben, aber keine davon war so gut wie das, was die Serie abgeliefert hat, denke ich.
Tja, ich denke nicht, dass ich mitgehen kann, und ich glaube auch nicht, dass die größte Unzufriedenheit der Zuschauer darin lag, dass die "hübschen weißen Menschen" am Ende nicht glücklich in den Sonnenuntergang geritten sind, sondern vor allem in den holprigen bis faulen Drehbüchern, die sehr offensichtlich gemacht haben, dass die Macher keinerlei konkrete Vorlage von Martin mehr hatten und auf sich alleine gestellt waren.
Man sollte eine Serie definitiv nicht nach ihrer finalen Staffel alleine beurteilen, denn der Weg ist auch das Ziel, doch es lässt sich nicht leugnen, dass die achte "Game of Thrones"-Staffel einen nachhaltigen bitteren Geschmack hinterlassen hat, vergleichbar mit dem Serienfinale von "Dexter". Diese hat mit dem aktuellen Revival "Dexter: New Blood" eine zweite Chance bekommen, es besser zu machen. Ob auch "Game of Thrones" irgendwann eine Gelegenheit bekommen wird, sich zu rehabilitieren, ist offen. Zunächst einmal kehrt HBO nächstes Jahr mit der Prequelserie "House of the Dragon" nach Westeros zurück.