Guy Pearce findet seine Performance in Memento schlecht

Jeder Filmfan kennt sie: Tolle Darsteller, die jahrzehntelang eine starke Performance nach der anderen abliefern, aber noch nie für einen Oscar nominiert wurden. Schauspieler wie Kevin Bacon, John Goodman, Idris Elba, Steve Buscemi oder Jeff Goldblum wurden noch nie von der Academy für ihre Leistungen anerkannt. Sehr lange gehörte auch der australische Charakterdarsteller Guy Pearce dazu. Obwohl er mit Tödliches Kommando – The Hurt Locker und The King’s Speech in zwei oscarprämierten Filmen mitgewirkt und die Hauptrolle im oscarnominierten Meisterwerk L.A. Confidential gespielt hatte, blieb ihm eine Oscarnominierung lange verwehrt. Das änderte sich erst mit seinem eindrucksvollen Auftritt im diesjährigen dreieinhalbstündigen Oscaranwärter Der Brutalist, der aktuell in deutschen Kinos zu sehen ist. Für seine Nebenrolle als skrupelloser Tycoon Harrison Lee Van Buren wurde er endlich für einen Oscar nominiert, wird ihn aber höchstahrscheinlich gegen Kieran Culkin für A Real Pain verlieren.

Im Laufe seiner mehr als 30-jährigen Schauspielkarriere hat Pearce viele denkwürdige Rollen gespielt, von denen manche nicht so bekannt sind, wie sie sein sollten. Unvergesslich bleibt für mich seine diabolische Performance im unterschätzten Western Brimstone. Doch die Rolle, in der die meisten Cineasten ihn entdeckt haben und nach der seine Karriere hätte eigentlich durchstarten sollen, spielte er in Christopher Nolans Frühwerk Memento. Als ein Mann, der aufgrund einer Verletzung keine neuen Erinnerungen speichern kann, sucht er in dem rückwärts erzählten Film nach dem Mörder seiner Frau. Heutzutage ist Christopher Nolan für aufwendig inszenierte Leinwandspektakel bekannt und hat kein Interesse mehr an effektarmen Produktionen mit geringen Budgets, doch es war sein cleverer kleiner Thriller, mit dem er die Aufmerksamkeit Hollywoods erregt hat. Bis heute gilt Memento als einer von Nolans besten iFlmen.

Für das Drehbuch des Films erhielt Nolan seine erste Oscarnominierung und wurde wenige Jahre später als Regisseur von Batman Begins verpflichtet, mit dem seine Blockbuster-Karriere in Hollywood begonnen hat. Die größten Stärken von Memento liegen sicherlich in seiner Inszenierung und seinem Skript, doch das Herzstück des Films ist Guy Pearce, dessen Charakter zum Prototyp für Nolans typische traumatisierte, komplexe Protagonisten wurde. Zumindest würden das vermutlich die meisten Fans des Films behaupten, doch Pearce selbst würde ihnen vehement widersprechen. In einer überraschenden Enthüllung hat der Schauspieler kürzlich verraten, dass er seine eigene Performance in dem Film hasst, auch wenn er den Film selbst schätzt: (aus dem Englischen)

Ich bin in einer Sinneskrise. Ich habe letztens Memento gesehen und ich bin immer noch deprimiert. Ich bin beschissen in dem Film. Ich habe das nie zuvor gedacht, aber ich habe Anfang des Monats an einem Q&A zu Memento teilgenommen und habe beschlossen, den Film noch mal zu schauen. Und während er lief, wurde mir klar, dass ich hasse, was ich darin gemacht habe.

Ich wollte flapsig wirken, aber es war komplett falsch. John Gielgud hat eins gesagt: "Man kann gut in einem guten Film sein, gut in einem schlechten Film und schlecht in einem schlechten Film, aber nie schlecht in einem guten Film." Und dennoch habe ich Memento geschaut und mir wurde klar, dass ich schlecht in einem guten Film bin. Fuck.

ANZEIGE

Auf die Frage hin, ob er Nolan darauf angesprochen habe, erklärte Pearce:

Nein, weil ich denke, dass er mir zustimmen würde. Es ist lustig, dass die Leute sagen, dass ich für Memento hätte nominiert werden sollen. Jetzt verstehe ich, weshalb ich nicht nominiert wurde.

Es ist kommt gelegentlich vor, dass Schauspieler ihre Performances rückblickend kritisieren. Dass jemand seine eigene Darbietung in einem hochgelobten modernen Filmklassiker dermaßen ablehnt, ist jedoch eine echte Seltenheit und als Fan des Films für mich auch schwer nachzuvollziehen.

Falls Ihr Euch gefragt habt, weshalb Pearce und Nolan nach Memento nie wieder zusammengearbeitet haben, obwohl Nolan gerne immer wieder auf dieselben Schauspieler zurückgreift, so lag es laut Pearce daran, dass ein hohes Tier bei Warner Bros., wo Nolan knapp 20 Jahre lang seine Filme exklusiv drehte, Pearce einfach nicht mochte und kategorisch gegen seine Besetzung war. Inzwischen hat Nolan Warner verlassen und arbeitet mit Universal zusammen, sodass vielleicht ja eine Chance auf eine erneute Zusammenarbeit besteht.

Wie findet Ihr Pearces Performance in Memento?

Quelle: The Times

Weitere Film- und Serien-News

Mehr zum Thema

LEAVE A REPLY

Please enter your comment!
Please enter your name here