© Lucasfilm
Quelle: The Hollywood Reporter
Ich spüre eine heftige Erschütterung in der Macht. Chris Miller und Phil Lord sind nicht länger die Regisseure des Star-Wars-Spin-Offs über den Weltraum-Schmuggler Han Solo. Das ist ziemlich schockierend. Nicht weil plötzliche Regiewechsel in Hollywood selten sind, sondern weil die Dreharbeiten zum Han-Solo-Film bereits seit genau vier Monaten laufen und mittlerweile eigentlich der Großteil des Films im Kasten sein dürfte. Einen Regiewechsel so spät im Prozess gab es bei einem Blockbuster sehr lange nicht mehr.
Als Grund werden die guten alten "kreativen Differenzen" genannt. Kathleen Kennedy, die Präsidentin von Lucasfilm und Produzentin der Star-Wars-Filme, gab das folgende Statement ab: (aus dem Englischen)
Phil Lord und Christopher Miller sind talentierte Filmemacher, die eine unglaubliche Besetzung und Crew zusammengebracht haben, doch es wurde deutlich, dass wir unterschiedliche kreative Vorstellungen hinsichtlich des Films hatten und wir haben uns dazu entschieden, getrennte Wege zu gehen. Ein neuer Regisseur wird bald bekanntgegeben werden
Im gleichen Ton war auch die Pressemitteilung von Miller und Lord:
Leider passten unsere Vision und unser Prozess nicht zu unseren Partnern bei diesem Projekt. Wir sind normalerweise keine Fans des Begriffs "kreative Differenzen", aber diesmal ist das Klischee wahr. Wir sind wirklich stolz auf die erstklassige Arbeit unseres Casts und unserer Crew.
Ein Grund, weshalb die Erfolgsmaschine Disney in den letzten Jahren so gut läuft, ist, dass obwohl der Riesenkonzern seinen Filmemachern durchaus Freiheiten lässt, den Marvel- oder Star-Wars-Filmen ihren eigenen Stempel aufzudrücken, das Studio in der Regel dennoch sehr klare Vorstellungen von der Vision und der Ausrichtung der jeweiligen Universen hat. Ist man mit dieser Vision nicht d’accord, muss man gehen. Diese Erfahrung hat auch schon Edgar Wright bei Ant-Man gemacht. Nachdem er acht Jahre lang das Projekt als Regisseur und Drehbuchautor entwickelte, musste er es 2014, ein Jahr vor dem geplanten Kinostart, überraschend verlassen, als klar wurde, dass seine Vorstellungen zu denen von Marvel/Disney nicht passten. Es dürfte hier um eine ähnliche Situation handeln. Bloß ist es verwundernswert, dass es so lange gedauert hat, bis alle Beteiligten merkten, wie sehr die Visionen auseinandergehen. Eine solche Entwicklung wirft erst einmal kein gutes Licht auf das Projekt, auch wenn es nicht zwangsläufig bedeutet, dass es eine Entwicklung zum Schlechteren ist. Man wird sich dennoch immer fragen, wie ein Han-Solo-Film von Lord und Miler geworden wäre, genau so sich viele bis heute fragen, was Edgar Wright aus Ant-Man gemacht hätte.
Großen Veränderungen unter der Ägide eines neuen Filmemachers musste sich auch Rogue One: A Star Wars Story in den Nachdrehs unterziehen, bei denen der gesamte letzte Akt des Films von Tony Gilroy (Michael Clayton) überarbeitet wurde. Dennoch bleib bei Rogue One Gareth Edwards der Hauptregisseur. Noch ist nicht bekannt, das komplette bisherige Material von Han Solo verworfen wird und wenn nicht, wie viel von dem, was Miller und Lord gedreht haben, beibehalten werden wird. Ob James Gunn (Guardians of the Galaxy) nicht zufällig Zeit und Lust hat, für das Duo einzuspringen?
Fraglich ist auch, ob Han Solo den anvisierten Starttermin nächstes Jahr (24.05.2018 in Deutschland) einhalten können wird, wenn massive Nachdrehs noch anstehen.
Ich empfinde den Verlust der beiden auf jeden Fall als sehr bitter, denn sie waren der Hauptgrund für mich, mich auf den Film zu freuen. An sich stand ich einem Han-Solo-Film mit einem anderen Darsteller als Harrison Ford in der Titelrolle eher skeptisch gegenüber, doch nachdem die beiden Filmemacher, die aus LEGO-Klötzen und "21 Jump Street" jeweils großartige Komödien bastelten, den Film übernahmen, war ich bereit, alles zu sehen, was sie machen. Mal sehen, ob der neue Regisseur eine ähnliche Begeisterung bei mir auslösen wird.
UPDATE
Laut dem Branchenblatt Variety gingen Miller und Lord nicht auf freien Stücken, sondern wurden von Lucasfilm gefeuert. Angeblich haben sie sich von Anfang an nicht mit Kathleen Kennedy und Drehbuchautor Lawrence Kasdan verstanden und erwarteten mehr künstlerische Freiheit bei der Gestaltung des Films.