Schauspieler wie Hugh Jackman, Robert Downey Jr. und Chris Hemsworth hatten bei ihren ersten Auftritten als Wolverine, Tony Stark und Thor das Glück, dass noch niemand vor ihnen die Comicfiguren im Kino oder Fernsehen verkörpert hat. Es gab keinen Vergleich, keine Messlatte und sie prägten nachhaltig die Wahrnehmung der Charakter im Massenpublikum.
Wenn David Corenswet nächstes Jahr sein Debüt als Superman im Kino feiern wird, wird er diesen Vorteil nicht haben. Stattdessen wird er an seinen zahlreichen Vorgängern gemessen werden, allen voran am ersten Kino-Superman Christopher Reeve und an seinem unmittelbaren Vorgänger Henry Cavill, insbesondere weil einige Fans den Eindruck haben könnten, Corenswet hätte Cavill als Superman verdrängt, auch wenn er natürlich nichts dafür kann, dass Warner Bros. Cavill übel mitgespielt hat.
Dabei hat alles so gut angefangen. Mit Man of Steel legte Zack Snyder einen nicht makellosen, aber soliden Grundstein für das DC-Kinouniversum und das Publikum war von Cavills Superman begeistert. Dass er danach nie einen weiteren eigenen Film bekommen hat, ist vermutlich der größte Fehler des DCEU gewesen. Bereits in seinem zweiten Film musste er die Bühne mit Batman und Wonder Woman teilen, weil Warner möglichst schnell Disneys MCU einholen wollte. Es folgte ein weiterer Auftritt in Justice League mit dem unrühmlichen CGI-retuschierten Schnurbart und danach hing Cavills Zukunft als Superman jahrelang in der Schwebe. Der erhoffte Gastauftritt in Shazam! kam nicht zustande.
Erst Dwayne Johnson konnte proaktiv über die Köpfe der damaligen DC-Studios-Führung hinweg erwirken, dass Cavills Superman für einen winzigen Gastauftritt in Black Adam zurückgebracht wurde. Einen kurzen Augenblick lange dachte Johnson, er könne das zerfaserte DCEU an sich reißen und es um die Konfrontation von Black Adam und Superman aufbauen. Doch nicht einmal Johnsons Starpower konnte was gegen die neue Warner-Führung unter David Zaslav ausrichten, der beschlossen hat, das bisherige DCEU komplett einzustampfen. Keine zwei Monate nach der Ankündigung seiner Rückkehr, war Cavill als Superman raus.
Doch bevor Johnson seine eigenen Pläne geschmiedet hat, hatte Zack Snyder schon eine Vision für das DCEU. Für ihn war Superman der Anker des gesamten DC-Filmuniversums. Mit ihm hat alles begonnen und mit ihm sollte die auf drei Filme ausgelegte Justice-League-Saga auch enden. Bruce Waynes postapokalyptische Albträume aus Batman v Superman: Dawn of Justice und Zack Snyder’s Justice League haben schon nahegelegt, in welche Richtung es gehen sollte und Snyder hat immer wieder betont, dass seine Justice-League-Sequels auf einen Kampf zwischen den Superhelden und dem galaktischen Eroberer Darkseid hinauslaufen würden.
Im Interview mit dem Magazin GQ hat Snyder weitere Details dazu verraten, wie er Supermans Charakterbogen in seinen unverwirklichten Filmen abschließen wollte:
Er wäre der Anti-Leben-Gleichung erlegen, wäre zerstört worden, hätte die Uhr zurückgedreht und hätte dann seine Gelegenheit zum Kampf gegen Darkseid bekommen. Wenn man es so will, wäre das der Abschluss seiner Trilogie, wie er zu diesem Beschützer wird und hätte ihn gewissermaßen zu seiner Menschlichkeit zurückgebracht.
Für alle, die mit den DC Comics nicht so vertraut sind: Die Anti-Leben-Gleichung, nach der Darkseid bereits in Zack Snyder’s Justice League sucht, ist eine geheime mächtige Formel, mit der Darkseid jedes Lebewesen im Universum seinem Willen beugen kann. Mit ihrer Hilfe manipuliert er Superman und macht ihn zu seiner eigenen Waffe, mit der er die Erde erobert. Zumindest wäre das Snyders Plan gewesen, doch das Scheitern von Justice League und das Snyders Zerwürfnis mit Warner führten dazu, dass diese Vision für immer ein Fall von "Was wäre wenn" bleiben wird.
Snyder kehrte nach seinen Erfahrungen mit Justice League dem Studiosystem den Rücken und dreht inzwischen für Netflix. Für den Streamer inszenierte er den Zombie-Actioner Army of the Dead und den Rebel-Moon-Zweiteiler, den er trotz vernmichtender Kritiken mit vier weiteren Filmen (bzw. zwei Zweiteilern) fortsetzen will.
Quelle: GQ