Französische Filmlegende Jean-Louis Trintignant ist tot

Jean-Louis Trintignant in Liebe (2012) © X Verleih AG

Quelle: Deadline

Französischer Filmstar Jean-Louis Trintignant, der im Laufe seiner sechseinhalb Jahrzehnte umspannenden Filmkarriere mit einigen der renommiertesten europäischen Regisseure, darunter Costa-Gavras, Claude Lelouch, Claude Chabrol, Bernardo Bertolucci, Sergio Corbucci, Éric Rohmer, François Truffaut, Krzysztof Kieślowski und Michael Haneke, zusammengearbeitet hat, ist am Freitag bei sich zu Hause in Südfrankreich gestorben. Er war 91 Jahre alt. Trintignant, der eine seiner größten Paraderollen vor zehn Jahren in Hanekes oscarprämiertem Cannes-Sieger Liebe (OT: Amour) verkörpert hat, enthüllte 2018 seine Prostatakrebs-Diagnose und kündigte an, auf die Behandlung der Erkrankung zu verzichten.

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Trintignant wurde 1930 als Kind wohlhabender Eltern in Piolenc geboren. Zwei seiner Onkel waren professionelle Rennfahrer und auch Trintignant war ein leidenschaftlicher Amateur-Rennfahrer, der in den Siebzigern und Achtzigern an zahlreichen Rallys teilgenommen hat. Er war deshalb die natürliche Wahl von Regisseur Claude Lelouch für dessen Beziehungsdrama Ein Mann und eine Frau (OT: Un homme et une femme) aus dem Jahr 1966, in dem er einen verwitweten Rennfahrer verkörpert hat, der zaghaft eine neue Beziehung eingeht. Der Film gewann Oscars für sein Drehbuch und als "Bester fremdsprachiger Film" und wurde von Lelouch mit Trintignant und Co-Star Anouk Aimée zweimal fortgesetzt: 1986 mit Ein Mann und eine Frau – 20 Jahre später (OT: Un homme et une femme, 20 ans déjà) und 2019 mit Die besten Jahre eines Lebens (OT: Les plus belles années d’une vie). Letzterer wurde zu Trintignants finalem Filmauftritt, nachdem er eigentlich zuvor schon seinen Ruhestand (zum wiederholten Mal) angekündigt hat.

Zur Schauspielerei kam Trintignant beinahe durch Zufall. Ursprünglich hat er sich für ein Jura-Studium in Aix-en-Provence eingeschrieben, ging aber 1951 nach Paris, um dort an einer Filmhochschule zu studieren. Einen Schauspielkurs belegte er ursprünglich nur um zu lernen, wie man Schauspieler am besten führt, entdeckte aber bei sich selbst die Leidenschaft für die Schauspielerei. Seiner eigenen Aussage nach, zog Trintignant Auto-Rennen zwar vor, wurde aber Schauspieler, weil er in keiner anderen Kunstform talentiert genug gewesen sei. Trintignant führte selbst bei zwei wenig beachteten Filmen – Une journée bien remplie und Der Schwimmeister (OT: Le maître-nageur) – in den Siebzigern Regie, blieb aber ansonsten vor der Kamera tätig.

Sein Theater-Debüt feierte Trintignant bereits 1951, zum Film kam er erst 1955 mit TKX antwortet nicht (OT: Si tous les gars du monde). Nach seinem Durchbruch mit Ein Mann und eine Frau erhielt er bei der Berlinale 1968 für Der Mann, der lügt (OT: L’Homme qui ment) den Silbernen Bären als "Bester Darsteller". Ein Jahr später war er in Costa-Gavras' gefeiertem Politthriller Z in einer seiner bekanntesten Rollen zu sehen. Z wurde zu einem der wenigen nicht-englischsprachigen Filme, die auch als "Bester Film" bei den Oscars nominiert waren. Der Film gewann den Auslands-Oscar und den entsprechenden Golden Globe und Trintignant wurde als "Bester Darsteller" bei den Filmfestspielen von Cannes ausgezeichnet. Es war seine zweite Zusammenarbeit mit Costa-Gavras nach Mord im Fahrpreis inbegriffen (OT: Compartiment tueurs) aus dem Jahr 1965.

Trintignant spielte 1970 die Hauptrolle in Bernardo Bertoluccis erfolgreichem Politdrama Der große Irrtum (OT: Il conformista). Bertolucci wollte Trintignant auch für die Hauptrolle in Der letzte Tango in Paris, der Schauspieler stieg jedoch kurzfristig aus und Marlon Brando kam stattdessen an Bord.

Nach seinen ersten großen Erfolgen im europäischen Kino wollten Francis Ford Coppola und Steven Spielberg Trintignant mit Rollen in Apocalypse Now bzw. Unheimliche Begegnung der dritten Art nach Hollywood locken, doch der Schauspieler lehnte ab. Erst 1983 spielte er in Roger Spottiswoodes Under Fire erstmals in einem komplett englischsprachigen Film mit. Im selben Jahr war er in François Truffauts letzten Film Auf Leben und Tod (OT: Vivement dimanche!) zu sehen. Mit Krzysztof Kieślowski hat er 1994 an Drei Farben: Rot (OT: Trois couleurs: rouge) zusammengearbeitet.

Ab 1998 konzentrierte sich Trintignant, abgesehen von einigen wenigen kleinen Gastauftritten, ausschließlich auf Theater und sein Winzer-Hobby. Erst der österreichische Auteur Michael Haneke konnte ihn erst als Erzähler der französischen Fassung von seinem Goldene-Palme-Sieger Das weiße Band verpflichten und schrieb das Drehbuch zu Liebe speziell für Trintignant und Emmanuelle Riva. In dem Film kehrte Trintignant nach rund einem Jahrzehnt Filmpause auf die Leinwände zurück und obwohl er seinen Ruhestand danach angekündigt hat, spielte er auch in Hanekes Happy End (2017) und Lelouchs Die besten Jahre eines Lebens (2019) mit.

Privat hat Trintignant einige Schicksalsschläge erlitten. Mit seiner zweiten Ehefrau Nadine Trintignant hatte er drei Kinder, von denen das zweite, Pauline, 1969 am plötzlichen Kindstod gestorben ist und die jüngste Tochter Marie, ihres Zeichens erfolgreiche Schauspielerin, 2003 von ihrem eifersüchtigen Partner erschlagen wurde.

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