Vor wenigen Tagen ist Deadpool & Wolverine als umsatzstärkster R-rated-Film aller Zeiten an Joker vorbeigezogen. Das ist eine bemerkenswerte Leistung für einen Film, der seit weniger als einem Monat in den Kinos zu sehen ist. Seinen Vorsprung wird er in den nächsten Wochen deutlich ausbauen, sodass es sehr schwer werden dürfte, den Rekord in absehbarer Zeit einzuholen.
Ohne Deadpool & Wolverine diesen Triumph abzusprechen, sollte man dennoch nicht vergessen, dass der Erfolg von Joker deutlich überraschender und beeindruckender war. Als Teil des erfolgreichsten Filmuniversums aller Zeiten, mit einem Budget von $200 Millionen, zwei der beliebtesten Film-Comichelden überhaupt in den Hauptrollen, frechem Humor, viel Action und einer Großoffensive an nostalgischem Fanservice war Deadpool & Wolverine dazu gemacht, Rekorde zu brechen. Joker war hingegen eine düstere, actionarme Charakterstudie, die mehr mit Dramen von Martin Scorsese als mit modernen Superhelden-Spektakeln gemeinsam hatte und ein bescheidenes Budget von $55 Millionen trug. Nichts an dem Film schrie nach einem Blockbuster und dennoch traf er zielsicher den Zeitgeist einer ganzen Generation und wurde zum meistdiskutierten und kontroversesten Mainstream-Film seines Jahres.
Joker gewann den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig, erhielt elf Oscarnominierungen, von denen er zwei abstauben konnte, und spielte weltweit mehr als eine Milliarde US-Dollar ein, obwohl er nicht einmal in China veröffentlicht wurde. In Deutschland verkaufte Joker mehr Kinotickets als jede DC-Adaption zuvor. Trotz anfänglichen Zögerns von Regisseur Todd Phillips und Hauptdarsteller Joaquin Phoenix konnten beide mit dem Versprechen kompletter kreativer Freiheit und massiver Gagen zu einer Fortsetzung überredet werden. Wenn Joker: Folie à Deux im Oktober in die Kinos kommen wird, werden die Erwartungen an den Film jedoch ganz andere sein als an seinem Vorgänger. Nicht nur, weil das Budget diesmal mehr als das Dreifache des ersten Films betrug und weil Superstar Lady Gaga die weibliche Hauptrolle als Harley Quinn an Phoenix' Seite übernommen hat, sondern weil es sich um das Sequel zu einer der erfolgreichsten und meistgehypten Comicverfilmungen der letzten zehn Jahre handelt.
Ob Folie à Deux den R-rated-Rekord von Deadpool & Wolverine zurückholen wird, ist fraglich, insbesondere weil das Musical-Aspekt einige Fans des ersten Films abschrecken wird. Dass der Film jedoch enormes Hitpotenzial hat, steht außer Zweifel. Gehörte der Kinosommer an den Kinokassen mit Planet der Affen – New Kingdom, Alles steht Kopf 2, Deadpool & Wolverine und Alien: Romulus eindeutig Disney, wird Warner Bros. mit den Fortsetzungen Beetlejuice Beetlejuice und Joker: Folie à Deux den Herbst dominieren.
Doch egal wie erfolgreich Folie à Deux werden wird, einen dritten Teil zieht Phillips nicht in Erwägung. Für ihn ist die Geschichte mit zwei Filmen auserzählt, wie er in einem Interview mit Variety klargestellt hat: (aus dem Englischen)
Es hat Spaß gemacht, in diesem Sandkasten zwei Filme lang zu spielen, aber ich denke, dass wir jetzt alles, was wir in dieser Welt sagen wollten, gesagt haben.
Natürlich wusste Sean Connery schon, dass man niemals nie sagen sollte und Erfolg kann bekanntlich verführerisch sein, doch bei einem wählerischen Schauspieler wie Phoenix ist es schon überraschend, dass er überhaupt für einen zweiten Film zurückgekehrt ist. Auch Phillips hat mit dem endgültigen Abschluss seiner Hangover-Trilogie gezeigt, dass er bereit ist, einem kommerziell erfolgreichen Franchise den Rücken zu kehren, wenn er das Gefühl hat, nichts mehr dazu beitragen zu können.
Joker: Folie à Deux wird am 4. September seine Weltpremiere bei den Filmfestspielen von Cannes feiern, wo er, wie sein Vorgänger, im Wettbewerb laufen wird. Spätestens dann werden wir wissen, ob der Film wieder zu einem Oscarkandidaten werden wird, wie sein Vorgänger. In die deutschen Kinos kommt das Sequel am 3. Oktober. Warner hat kürzlich ein brandneues Poster veröffentlicht, das Ihr unten sehen könnt:
Quelle: Variety
