Kein Studio hat die zweite Hälfte er 2010er so dominiert wie Disney. Mit Marvel, Star Wars, Pixar, einer eigenen erfolgreichen Animationsabteilung und einem langen Katalog an Zeichentrickklassikern, die als Realverfilmungen mit Nostalgie Kasse machten, hatte Disney die Lizenz zum Gelddrucken. Als das Studio dann auch noch 20th Century Fox und damit zahlreiche weitere Franchises, darunter Avatar, X-Men, Alien und Ice Age, schluckte, schien Disneys Stellung als Entertainment-Monopol unangreifbar zu sein.
Doch die perfekte Fassade zeigt zunehmend große Risse. Die früheren Erfolgsgaranten des Studios schwächeln. Nach sehr gemischten Reaktionen auf die Sequel-Trilogie ist Star Wars seit fünf Jahren aus dem Kino verschwunden. Mit Marvel läuft es seit dem Ende von Phase Drei auch nicht mehr rund. Der erste Pixar-Film (Lightyear), der seit Pandemiebeginn in die Kinos und nicht direkt zu Disney+ kam, floppte gewaltig. Elemental wurde letztes Jahr zwar dank Mundpropaganda zu einem Achtungserfolg, warf aber wegen seines riesigen Budgets nicht viel Profit ab. Original-Animationen wie Strange World und Wish konnten das Publikum nicht mehr begeistern.
Bereits 2022 wurden Disneys Probleme deutlich. Zwar hat das Studio das Jahr an den Kinokassen gewonnen und hatte mit Avatar: The Way of Water auch den profitabelsten Film des Jahres in die Kinos gebracht, doch drei der fünf größten Kassenflops von 2022 (Amsterdam, Strange World und Lightyear) kamen ebenfalls aus dem Hause Disney.
Der richtige Einbruch kam letztes Jahr. Trotz des 100-jährigen Jubiläum des Studios hatte Disney 2023 wenig Gründe zum Feiern. Erstmals seit 2015 hat Disney die Spitze der weltweit umsatzkräftigsten Studios des Jahres verpasst. Universal setzte sich dank Oppenheimer und Super Mario Bros. klar durch. Disney hatte nur einen richtig großen Kassenhit letztes Jahr mit Guardians of the Galaxy Vol. 3, dafür jede Menge Flops.
Wie viele und wie groß sie waren, hat Branchenblatt Deadline jetzt in einem ausführlichen Finanzbericht dargelegt. Für die Berechnung der Verluste wurden alle Einnahmen eines Films, einschließlich der Kino- und Heimkinoumsätze sowie der Streaming- und TV-Lizenzen, gegen die Kosten aufgewogen, zu denen neben Produktionskosten auch Beteiligungen der Darsteller und Marketingausgaben zählen. Bei den Einnahmen sollte man nicht vergessen, dass nur ein Teil der Kinoumsätze an das Studio zurückfließt, während der Rest den Kinobetreibern gehört. Wenn ein Film also $200 Mio kostet, aber $300 Mio eingespielt, hat er die Ausgaben des Studios noch lange nicht gedeckt. Da nicht alle Daten von den Studios öffentlich gemacht werden, wurden die Summen zum Teil auch geschätzt.
Gleich vier der fünf größten Kassenflops 2023 gingen auf Disneys Konto. Warners The Flash war der einzige Film eines anderen Studios, der es auf die unrühmliche Liste geschafft hat. Der mit Abstand größte Verlierer war The Marvels, der rund 237 Millionen US-Dollar im Minus lag. Nicht nur war es der größte Kassenflop letzten Jahres, sondern allem Anschein nach auch der größte kommerzielle Misserfolg in der Geschichte von Disney. Das ist umso bemerkenswerter, da der erste Captain Marvel mit mehr als $1,1 Milliarden Einspiel rund 414 Millionen US-Dollar Profit für Disney abgeworfen hat. Die Diskrepanz zwischen den beiden ist enorm. The Marvels trug ein horrendes Produktionsbudget von $270 Mio und spielte weltweit nur $208 Mio ein.
Indiana Jones und das Rad des Schicksals, Wish und Geistervilla waren die anderen drei großen Flops von Disney. Alle fünf Flops haben jeweils mehr als $100 Mio verloren. Letztes Jahr waren nur bei drei Filmen die Verluste so hoch und bei keinem über $200 Mio, wobei Disneys Strange World sehr nah dran war.
Die komplette Liste der größten Kassenflops des letzten Jahres, einschließlich ihrer jeweiligen geschätzten Verluste, könnt Ihr unten nachlesen:
The Marvels – $237 Mio Verlust
The Flash – $155 Mio Verlust
Indiana Jones und das Rad des Schicksals – $143 Mio Verlust
Wish – $131 Mio Verlust
Geistervilla – $117 Mio Verlust
Ein Blick auf die Flopliste verrät einige Trends, die sich letztes Jahr abgezeichnet haben. Comicverfilmungen aus den Häusern Marvel und DC belegten die obersten zwei Plätze. Filme wie Ant-Man and the Wasp: Quantumania, Shazam! Fury of the Gods und Blue Beetle sind zwar nicht drauf, haben aber definitiv auch Geld verloren. Zwei der fünf Filme waren außerdem Sequels (letztes Jahr war keins dabei) und Wish ist der einzige Originalfilm (letztes Jahr waren es vier), was auf Franchise-Ermüdung hindeutet.
Mit Planet der Affen – New Kingdom, Vaiana 2, Deadpool & Wolverine und natürlich dem König-der-Löwen-Prequel Mufasa könnte sich Disney dieses Jahr etwas rehabilitieren. Auf jeden Fall dürfte das letzte Jahr ein Weckruf für das Studio gewesen sein, um die künftigen Filmpläne und das Franchise-Management zu reevaluieren.
Quelle: Deadline
Kassenflop ist ja nicht Gleichbedeutend mit mieser Film. Für mich als Fan war The Marvels das Highlight im Kinojahr 2023. Aber letztlich ist es wie es ist. Wenn das Publikum weg bleibt, hat das Studio den finanziellen Schaden.
Ja, es ist nicht gleichbedeutend, aber das will der Bericht auch gar nicht nahelegen. Es geht ausschließlich um die kommerzielle Bewertung der Performance. Für den anderen Blick gibt es die Filmkritiken.