Kinofest 2022 – Perfekte Gelegenheit, das Kino wiederzuentdecken

Wer dieser Seite seit einiger Zeit schon folgt, dürfte mitbekommen haben, dass ich nicht nur ein Film- und Serienfan, sondern vor allem auch ein leidenschaftlicher Kinofan bin. Die Begeisterung, Filme auf der großen Kinoleinwand zu sehen, entfachte in mir im Sommer 1999 mit Filmen wie Die Mumie und Matrix und hat seitdem nie nachgelassen. Auf dem Höhepunkt meiner Leidenschaft (und weil es da schon mein Beruf war), war ich mehr als 300 Mal im Jahr im Kino. Ja, wirklich. Für mich gibt es keinen schöneren Weg, einen Film, zu erleben als in einem dunklen Kinosaal. Filme zu Hause zu schauen reizt mich, trotz inzwischen stattlicher Sammlung, immer weniger. Die Pandemie-bedingten Kinoschließungen 2020 und 2021 trafen mich hart. Als ich nach dem ersten Lockdown vor zwei Jahren erstmals wieder im Kino saß (bei Kevin – Allein zu Haus), hatte ich Freudentränen in den Augen.

Schmerzhaft war für mich auch, mitzuerleben, wie die Kinos in der Corona-Zeit gelitten haben. Seit Jahren kämpfen viele Kinos schon ums Überleben. Wer großes Geld machen will, macht heutzutage ganz sicher kein Kino auf. Die Pandemie gab den Streaming-Diensten mächtig Auftrieb, während den Kinobetreiber ihre Existenzgrundlage komplett genommen wurde. In meiner Gegend haben alle Lichtspielhäuser überlebt, doch nicht alle Kinos hatten dieses Glück. Unter anderem wurde das Stuttgarter Ufa-Palast, das viertgrößte Multiplex-Kino Deutschlands, im Sommer 2020 geschlossen. Noch im selben Jahr machte mit Metropol ein weiteres, fast 100 Jahre altes Stuttgarter Kino seine Pforten dauerhaft dicht. Natürlich ging es beiden schon vor der Pandemie nicht besonders gut, doch die Krise verpasste ihnen den Todesstoß.

Inzwischen hat sich die Kinoindustrie etwas erholt. Hits wie Keine Zeit zu sterben (6 Millionen Besucher), Spider-Man: No Way Home (4,5 Millionen), Minions 2 (3,6 Millionen) und Top Gun: Maverick (3,4 Millionen) zeigen, dass die Zuschauer durchaus wieder bereit sind, in die Kinos zurückzukehren, wenn die Filme Eventstatus haben. Nichtsdestotrotz leiden die Kinos immer noch, aktuell an einem Mangel frischer Ware aus Hollywood. Vergangenes Wochenende brauchte After Forever nicht einmal 100.000 Zuschauer, um wieder Platz 1 der deutschen Kinocharts zu belegen. Das sind miserable Zahlen. Außerhalb der großen Franchises oder Animationsfilme verschmähen viele Filmfans die Kinos weiterhin.

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Das rasante Wachstum des Streaming-Angebots spielt dabei sicherlich eien große Rolle, kann jedoch nicht der einzige Grund sein. Schließlich schwächen die Besucherzahlen in Deutschland schon seit einigen Jahren, während erst 2018 in Großbritannien das besucherstärkste Kinojahr seit fast 50 Jahren erzielt wurde. Auch in Frankreich und in den USA gilt das Kino als eine deutlich größere kulturelle Institution verglichen zu Deutschland.

Die Ablehnung der Deutschen gegen das Kino hat viele Gründe und ganz unschuldig sind die Verleihe und die Kinos daran auch nicht. So gingen die beharrlichen Versuche, den Zuschauern teure 3D-Vorstellungen bei Blockbustern durch mangelnde Verfügbarkeit der 2D-Aufführungen aufzuzwingen, irgendwann nach hinten los als die Kinogänger keine Lust mehr hatten, den 3D-Aufpreis zu zahlen, ohne dass ein spürbarer Mehrwert dafür geboten wurde. Allgemein werden hohe Preise, minderwertige Technik und nervende MitguckerInnen als häufige Gründe genannt, weshalb viele lieber auf die Heimkinoveröffentlichungen warten.

Um aus der aktuellen Misere herauszukommen und das Kinoerlebnis den Zuschauern wieder schmackhaft zu machen, musste sich die Branche etwas einfallen lassen. Und das tat sie: Kommendes Wochenende, am 10. und 11. September, findet das Kinofest 2022 statt. Im Klartext bedeutet es, dass am Samstag und Sonntag in allen teilnehmenden Kinos – und das sind über 500 bundesweit – alle Tickets auf allen Plätzen zu jeder Uhrzeit nur 5 Euro kosten. Ja, auch bei Überlänge, 3D oder den ansonsten teuren IMAX-Vorstellungen. Günstiger war das Kino seit Jahren nicht mehr! Außerdem werden viele Kinos am Wochenende auch Previews, vergünstigte gastronomische Angebote, Führungen, Verlosungen und weitere Sonderaktionen.

Die Aktion hat internationale Vorbilder. Erst vergangenes Wochenende fanden vergleichbare Events in den USA und in Großbritannien statt. In den USA beschränkte sich die Aktion lediglich auf den Samstag, dafür kostete jedes Kinoticket mickrige drei Dollar. In Spanien findet das Fiesta del Cine zweimal im Jahr statt und an den entsprechendne Wochenenden kosten die Kinotickets in Spanien nur 3,50 Euro. Auch in Frankreich gibt es das günstige Kino-Wochenende zweimal im Jahr – als Printems du Cinéma im März und als Fête du Cinéma im Juli.

Der Hauptverband Deutscher Filmtheater bewirbt die Aktion als erstes Kinofest Deutschlands und schreibt "So etwas gab es in Deutschland noch nie". Doch so ganz stimmt das nicht. Eine sehr ähnliche Aktion fand deutschlandweit bereits von 2001 bis 2003 statt. Sie hieß sogar auch Kinofest! Ich erinnere mich noch sehr gut an die Ausgabe von 2003, als am letzten Juni-Wochenende alle Kinotickets nur drei Euro kosteten. Mit vielen meiner Schulfreunde war ich an dem Wochenende in Bruce Allmächtig im Kino und habe mir am selben Wochenende auch Bulletproof Monk angeschaut. Aus irgendeinem Grund wurde die Aktion jedoch nach 2003 nicht mehr fortgeführt. Es bedurfte eine regelrechte Krise, um sie wieder aufleben zu lassen. Zu behaupten, es sei eine noch nie dagewesene Sache, stimmt einfach nicht.

Wie dem auch sei, bin ich sehr froh, dass die deutschen Kinos der Aktion jetzt wieder eine Chance geben und appelliere an alle Filmliebhaber unter Euch, sie zu nutzen und die Magie des Kinos kommendes Wochenende zu entdecken. Vielleicht wollt Ihr erstmals Premiumsitze in Luxuskinos ausprobieren? Oder endlich Top Gun: Maverick auf der Kinoleinwand nachholen, wo er garantiert am besten seien Wirkung entfaltet? Auch Filme wie Nope und Bullet Train sind sehenswert sowie das überraschend spaßige Horror-Prequel Orphan: First Kill, das am Donnerstag startet. Außerdem findet die Preview des Gerard-Butler-Thrillers Chase in vielen Kinos statt. Empfehlen kann ich den Film aber leider nicht.

Das Kinofest bietet auch die Gelegenheit, die Wiederaufführung von Spider-Man: No Way Home in der um elf Minuten längeren The More Fun Stuff Version zum günstigen Preis, ohne Überlängenzuschlag im Kino zu sehen.

Doch das größte Highlight für viele Kinofans dürfte beim Kinofest die Gelegenheit sein, etwas ältere Fulme und sogar echte Klassiker wieder oder erstmals im Kino zu sehen. So bieten viele Kinos ein Top-Gun-Double-Feature an. Schaue ich mir die Kinos in meiner Umgebung (Köln/Bonn), so sehe ich einige Wiederaufführungen von Hits aus dem letzten Jahr wie House of Gucci, Keine Zeit zu sterben und Dune, aber auch viele Filmklassiker. Das Bonner Kultkino Woki fängt bereits Freitagabend mit günstigen Sondervorstellungen an und zeigt am Kinofest beispielsweise u. a. Pulp Fiction, Mulholland Drive, Machete, Star Trek II – Der Zorn des Khan und Gravity. Das Kölner Rex fährt so richtig auf und zeigt u. a. Originalfassungen von Rambo III, The Toxic Avenger, Top Gun und Sergio Leones Dollar-Trilogie mit Clint Eastwood. Also schaut Euch das Programm von Kinos in Eurer Nähe an und vielleicht findet Ihr das eine oder andere Highlight! Ich werde das Wochenende auf jeden Fall ausnutzen, um einige ältere Filme noch einmal im Kino zu erleben.

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