Quelle: HBO Max
Unabhängig davon, wie Ihr zu den aktuellen und sehr bald vermutlich weiter verschärften Corona-Maßnahmen steht, sind sich nahezu alle in einem Punkt einig: der Lockdown macht keinen Spaß. Endlose, ätzende Zoom-Meetings, überforderte Eltern, die mitsamt ihrer Kinder im Home-Office stecken, vereinsamte Alleinlebende, das Leben unter dem ständigen Damoklesschwert der potenziellen Ansteckung – es gibt so viele unangenehme Aspekte des Lebens im Lockdown, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Was jedoch die meisten erleben, ist die Monotonie des Alltags, aus der man kaum noch ausbrechen kann. Wer früher noch die ganze Woche mit unterschiedlichen Aktivitäten belegt hatte und mehrere Wochenenden im Voraus schon verplant war, hat jetzt meist eine gähnende Leere im Terminkalender. Jeder Tag ist wie der andere. Was in der ersten Lockdown-Runde für manche noch durchaus entschleunigend war, strapaziert so langsam die Geduld und Belastbarkeit aller. Kürzlich erzählte mir ein Kollege, dass er beschlossen hat, nicht am selben Tag in den Supermarkt und zum Metzger zu gehen, um sich die "Ausflüge" auf zwei Tage einzuteilen.
In Ermangelung der meisten üblichen Freizeitaktivitäten und jeglichen öffentlichen Lebens, holen sich mehr Leute denn je ihre Ablenkung durch Filmen und Serien. Diese bieten eine Flucht in die "normale" Welt, in der Corona (noch) nicht existiert und Menschen sich sorglos in größeren Gruppen treffen können. Also frage ich mich, ob die Leute, die ihr Leben aktuell im Lockdown fristen, wirklich einen Film sehen wollen, in dem es genau darum geht. Locked Down, der von Doug Liman (Edge of Tomorrow) inszenierte und vom "Peaky Blinders"– und "Taboo"-Schöpfer Steven Knight geschriebene Film ist eins der vielen Corona-thematischen Projekte, die letztes Jahr wie Pilze aus dem Boden sprossen. Während die geschmacklose Michael-Bay-Produktion Songbird die Pandemie als Ausgangspunkt für einen Paranoia-Thriller nutzte, ist Locked Down eine Beziehungskiste verpackt in eine Heist-Komödie vor dem Hintergrund des Corona-Lockdowns in London.
Wie Ihr Euch denken könnt, ist das Projekt sehr schnell konzipiert und letzten Sommer unter strengen Sicherheitsvorkehrungen abgedreht worden. Oscarpreisträgerin Anne Hathaway (Interstellar) und Chiwetel Ejiofor (Doctor Strange) spielen in dem Film das Ehepaar Linda und Paxton aus London, das sich eigentlich trennen wollte, als der Lockdown kam und sie zwang, aus Not heraus weiter gemeinsam zu leben. Während Lieferwagenfahrer Paxton zwangsbeurlaubt wird, muss Linda im Auftrag ihres Konzerns Mitarbeiter entlassen, was ihr bereits angeschlagenes Nervenkostüm noch weiter strapaziert. Dann ergibt sich jedoch eine einzigartige Gelegenheit. Durch eine Verkettung von Umständen, erhalten Linda und Paxton Zugang zum Tresor des Londoner Edelkaufhauses Harrod’s, wo ein wertvoller Diamant aufbewahrt wird und schmieden einen tollkühnen Plan, ihn zu stehlen. Der Diamantenraub wird für die beiden auch zu einer Art Paartherapie.
Die Dreharbeiten zu Locked Down dauerten nur 18 Tage und das Budget betrug trotz des Starensembles lediglich $3 Millionen laut Regisseur. Ben Stiller (Tropic Thunder), Stephen Merchant (Logan – The Wolverine), Ben Kingsley (Iron Man 3), Mindy Kaling (Ocean’s 8), Claes Bang ("Dracula"), Dulé Hill ("Suits"), Mark Gatiss ("Sherlock") und Lucy Boynton (Bohemian Rhapsody) treten in dem Film auch auf, die meisten jedoch lediglich in Cameos auf Computerbildschirmen über Zoom. Streaming-Dienst HBO Max hat die Warner-Produktion am 14. Januar in den USA veröffentlicht. Wann und wo der Film hierzulande erscheinen wird, steht noch nicht fest.
Unten könnt Ihr den US-Trailer zu dieser Mischung aus Ocean’s Eleven, Marriage Story und der grimmigen Lockdown-Realität sehen:
Wenn genug Zeit vergangen ist, wird man auf den Film vielleicht anders zurückblicken können, als eine Art Zeitkapsel, ein Relikt aus einer sehr bizarren Phase unserer Weltgeschichte. Doch aktuell wirkt es auf mich eher befremdlich, eine lockere Heist-Komödie zu sehen, die uns zugleich daran erinnert, in was für einer ätzenden Situation wir uns gerade befinden. An sich klingt die Grundidee eines sich streitenden Ehepaares, das zusammen beschließt, Juwelendiebstahl zu begehen, ganz amüsant. Masken, Zoom-Chats und jetzt schon abgedroschene Toilettenpapier-Witze hätten hingegen nicht unbedingt sein müssen. Andererseits ist es wohl unausweichlich, dass die Pandemie auch in Entertainment-Inhalten einen nachhaltigen, bleibenden Eindruck hinterlassen wird.
Ich bin derweil deutlich interessierter an Limans nächstem Projekt, das Tom Cruise und ihn buchstäblich ins Weltall bringen wird.
Weckt bei Euch der Trailer zu Locked Down Interesse an dem Film?
