Viele Regisseure haben ihre Herzensprojekte, die sie jahrelang mit Leidenschaft verfolgen und deren Umsetzung sich aus verschiedenen Gründen schwierig gestaltet. Für Steven Spielberg war es das historische Biopic Lincoln, für Darren Aronofsky sein metaphysischer Trip The Fountain, für Terry Gilliam ist es sein Don-Quixote-Film, den er immer noch nicht aufgegeben hat und für Martin Scorsese ist es Silence, die Adaption des komplexen gleichnamigen Romans von Shûsaku Endô. Seit fast zwei Jahrzehnten trägt Scorsese diesen Film in seinem Kopf und nun darf er ihn endlich verwirklichen, nachdem bereits so viele Anläufe gescheitert sind.
Nachdem Paramount Pictures letztes Jahr die Vertriebsrechte an Silence sicherte, war es nur noch eine Frage der Sicherstellung der Gelder. Man würde meinen, dass ein Regisseur von Martin Scorseses Rang kein Problem haben würde, die Finanzierung für seine Filme zu finden. Schließlich waren die meisten seiner letzten Filme nicht nur Oscarkandidaten, sondern auch solide kommerzielle Hits. Departed – Unter Feinden, Shutter Island und The Wolf of Wall Street spielten weltweit zusammengerechnet fast $1 Milliarde ein und die letzten sechs Filme des Regisseurs wurden für insgesamt 42 Oscars nominiert und gewannen 14 davon. Doch die Geschichte von jesuitischen Priestern, die im 17. Jahrhundert nach Japan reisen und dort als christliche Missionare aufs Schärfste verfolgt werden, ist ein Stoff, bei dem die Investoren nicht jubelnd aufspringen. Vielleicht ist es auch ein Faktor, dass Leonardo DiCaprio diesmal nicht dabei ist. Von den letzten sechs Filmen von Scorsese, war der am wenigsten finanziell erfolgreiche (Hugo Cabret) auch der einzige ohne DiCaprios Beteiligung.
Stattdessen spielen in dem Film Spider-Man-Darsteller Andrew Garfield, Liam Neeson und Adam Driver ("Girls") mit. Ken Watanabe verließ kurzfristig die Produktion und wurde durch Tanadobu Asano (47 Ronin) ersetzt.
Doch alles ist nun endlich geregelt, denn mit Fábrica de Cine und SharpSword hat Scorsese zwei Produktionsfirmen gefunden, die den Film komplett finanzieren werden. Deshalb konnten am 30. Januar in Taiwan die Dreharbeiten zu dem Film beginnen, der in der nächsten Oscar-Saison mit großer Wahrscheinlichkeit zu den stärksten Kandidaten gehören wird.
Leider wurde der Drehbeginn von einem Unglück überschattet. Während der Reparatur eines unsicheren Gerüsts auf dem Gelände des Studios in Taiwan, stürzte die Decke ein, sodass einer der Vertragsarbeiter getötet und zwei verletzt wurden. Hoffentlich ist das letzte Mal, das Unglück über diesem Projekt schwebt. Es ist immer interessant zu sehen, was herauskommt, wenn Regisseure ein Filmprojekt über viele Jahre in ihren Köpfen ausbrüten und dann endlich in die Wirklichkeit umsetzten dürfen.
Einen Starttermin hat Silence noch nicht (November wird angepeilt), doch ich kann mir gut vorstellen, dass er pünktlich zur Oscar-Saison am Jahresende fertiggestellt sein wird.