Auf Ti West bin ich erstmals mit seinem Drittwerk The House of the Devil beim Fantasy Filmfest aufmerksam geworden. Der an den Siebziger-Horror angelehnte Streifen des Regisseurs lief bestach durch seinen sehr langsamen, atmosphärischen Aufbau, der sich in einem explosiven Finale entlud. Dieser Aufbau wurde zum Markenzeichen von Wests Karriere, der sich mit seinen Figuren Zeit lässt, die Zuschauer in ein falsches Gefühl der Sicherheit einlullt, nur um schließlich einen Gewaltausbruch wie ein Eimer eiskaltes Wasser über sie zu ergießen. Wests Filme sind keine Splattergranaten und bei eingefleischten Gore-Fans könnte während der ersten zwei Akte Langeweile aufkommen. Die Gewaltspitzen sind selten, doch wenn es zur Sache geht, dann so richtig. West hält die Kamera drauf und scheut sich nicht vor sehr expliziten Gewaltdarstellungen.
Genau nach diesem Prinzip funktionierten auch seine letzten beiden Filme, die viele Horrorfans (mich eingeschlossen) als bislang größten Triumph seiner Karriere bezeichnen würden. Den sexy Retro-Slasher X und sein Prequel Pearl sollte man nicht wegen der Gewalt schauen, sondern für ihre Ästhetik, Atmosphäre und die großartige Mia Goth in zwei unterschiedlichen, aber gleichermaßen faszinierenden Rollen, die sie endgültig als Queen des modernen Independent-Horrors etabliert haben. Das heißt aber nicht, dass es keine Gewalt in den Filmen gibt und während X noch knapp an einer FSK-18-Altersfreigabe vorbeischrammte, erhielt Pearl hierzulande keine Jugendfreigabe mehr. Ein bisschen wunderte mich das schon, denn in puncto Blut und Gore geben sich beide Filme nicht viel, aber das ist ja auch von der Tagesstimmung des jeweiligen FSK-Komitees abhängig.
Bei Wests (vorläufigem) Abschluss der X-Trilogie befand die FSK ebenfalls, dass der Film für jüngere Zuschauer ungeeignet ist und vergab MaXXXine wieder das rote FSK-18-Siegel. Der Film läuft ab heute in all seiner ungekürzten Pracht in den deutschen Kinos und ist wieder einmal eine grandiose Show für seine Hauptdarstellerin, die diesmal ein deutlich namhafteres Ensemble zur Unterstützung hat, darunter Kevin Bacon ("The Following"), Elizabeth Debicki (Tenet), Lily Collins ("Emily in Paris"), Bobby Cannavale (Ant-Man), Michelle Monaghan (Kiss Kiss Bang Bang), Giancarlo Esposito ("Breaking Bad") und die Sängerin Halsey. Der Film spielt sechs Jahre nach dem texanischen Farmhaus-Massaker aus X, das Goths Maxine Minx als einzige überlebt hat, und folgt ihrer Figur in Hollywood, als sie versucht, den Sprung aus dem Pornogeschäft in die ernsthafte Schauspielerei zu machen. Doch die Vergangenheit holt sie ein und bringt sie auf Kollisionskurs mit einem Serienkiller, der es auf junge Frauen in Hollywood abgesehen hat.
Universal hält jedenfalls deutlich größere Stücke auf MaXXXine als seinerzeit auf Pearl, der letzten Sommer erst neun Monate nach US-Start Deutschland erreicht hat und in lediglich 59 Kinos hierzulande veröffentlicht wurde. MaXXXine ist hingegen ab heute sogar einen Tag vor dem US-amerikanischen Kinostart in 271 deutschen Lichtspielhäusern zu sehen. Wer die Vorgänger mochte, sollte diese Liebeserklärung an Bian De Palma, italienische Giallos und die Achtziger auf keinen Fall verpassen. Hier noch der deutsche Trailer:
Quelle: FSK