Quelle: Producers Guild of America
Jetzt ist die Zeit gekommen, in der die ganz großen Industrie-Filmpreise das Oscar-Rennen formen und bestimmen. Nachdem als erste große "Gilde" die Schauspielergewerkschaft Screen Actors Guild bereits im Dezember ihre Nominierungen für die besten schauspielerischen Leistungen von 2014 verkündet hat, hat jetzt die Produzentengewerkschaft Producers Guild of America (PGA) die am besten produzierten Filme von 2014 nominiert – was essentiell ein Äquivalent zum "Bester Film"-Oscar darstellt und diesen deshalb auch recht gut vorhersagt. Seit 1989 prämiert die PGA die besten Filme des Jahres. Wurden früher noch fünf Filme nominiert, passte sich die Gewerkschaft sehr schnell der Academy an, als diese auf zehn Nominierungen umgestellt hat, und nominiert seit 2009 ebenfalls jährlich zehn Filme. Seit der Umstellung gab es kein Jahr, in dem weniger als sieben der PGA-nominierten Filme auch bei den Oscars als "Bester Film" nominiert wurden. Eine komplette 1:1-Übereinstimmung gab es bislang aber auch noch nicht. Am nächsten kamen die PGA Awards noch für das Jahr 2010 dran. Damals wurden neun der hier nominierten Filme auch bei den Oscars nominiert. Lediglich The Town – Stadt ohne Gnade hat es nicht geschafft und wurde durch Winter’s Bone ersetzt.
In den letzten zwei Jahren schlich sich das gleiche Muster ein, was das Verhältnis der PGA-Awards-Nominierungen zu den Oscarnominierungen in der Kategorie "Bester Film" angeht. Zwei Filme haben es 2012 und 2013 von der PGA-Liste auf die Oscarliste nicht geschafft und wurde durch jeweils einen ersetzt – 2012 waren es Skyfall und Moonrise Kingdom, an deren Stelle Liebe von der Academy nominiert wurde und 2013 haben Saving Mr. Banks und Blue Jasmine den Einzug unter die oscarnominierten Filme nicht geschafft, dafür aber Philomena.
Natürlich gibt es keine Garantie, dass es dieses Jahr überhaupt wieder neun "Bester Film"-Kandidaten bei den Oscars geben wird. Die Zahl darf ja mittlerweile zwischen fünf und zehn schwanken. Doch ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das Muster der beiden Vorjahre sich wiederholen wird.
Unten könnt Ihr die Auflistung der diesjährigen Nominees sehen:
Produzent des Jahres bei einem Realfilm
Birdman
Boyhood
Foxcatcher
Gone Girl
Grand Budapest Hotel
Die Entdeckung der Unendlichkeit
The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben
Nightcrawler
Der Scharfschütze
Whiplash
Produzent des Jahres bei einem Animationsfilm
Baymax – Riesiges Robowabohu
Die Boxtrolls
Drachenzähmen leicht gemacht 2
The LEGO Movie
Manolo und das Buch des Lebens
Produzent des Jahres bei einem Dokumentarfilm
The Green Prince
Life Itself
Merchants of Doubt
Particle Fever
Virunga
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Also was fällt auf? Zunächst einmal vermutlich der größte Schocker, seit die PGA ihre Nominierungszahl auf zehn aufgestockt hat – Martin Luther King – Der Marsch von Selma, der eigentlich als einer der stärksten Oscarkandidaten dieser Saison gilt und als einziger wirklicher Konkurrent von Boyhood, wurde nicht nominiert. Auch die Screen Actors Guild schenkte dem Film keine Nominierungen, doch die Erklärung war damals, dass die meisten Wähler den Film nicht rechtzeitig sehen konnten. Das kann jetzt kaum noch greifen. Beunruhigend war schon, als der Film vom Cutter-Verband American Cinema Editors nicht berücksichtigt wurde, doch nicht unter den zehn nominierten Filme der PGA zu landen ist kaum erklärbar, insbesondere da der Film durchweg außerordentlich positive Rezensionen erntet (91/100 auf Metacritic), bei den Golden Globes mehrfach nominiert wurde und gerade im aktuellen politischen Klima der USA eigentlich als Kandidat ein No-Brainer sein sollte. Deswegen kann ich mir das Fehlen des Films wirklich schwer erklären und glaube weiterhin an eine Oscarnominierung. Boyhood ist jetzt jedoch ein noch größerer Favorit geworden.
Eine weitere Auffälligkeit – große Blockbusterfilme fehlen ebenfalls. Gerade die Produzentengewerkschaft hat über die Jahre ein Faible dafür gezeigt, positiv rezipierte Blockbuster zu nominieren. Schließlich geht es den Produzenten ja auch um das Geld und sie lieben erfolgreiche Filme. Daher wurden in Vergangenheit bereits Filme wie Star Trek, Harry Potter und der Stein der Weisen, My Big Fat Greek Wedding und Skyfall von der PGA nominiert, obwohl sie bei den Oscars eigentlich keine Chance hatten. Nichtsdestotrotz vergab die PGA dieses Jahr keine Nominierungen an Kandidaten wie Interstellar oder Guardians of the Galaxy, die durch ihre positiven Kritiken und durch ihre starken Box-Office-Einnahmen geeignet gewesen wären und wählten stattdessen deutlich kleinere Indie-Produktionen wie Foxcatcher und Whiplash.
Diverse der üblichen Verdächtigen haben es natürlich erwartungsgemäß auf die Liste der Nominees geschafft, wie Boyhood, Birdman, Grand Budapest Hotel und Gone Girl. Die größten Nutznießer der Nominierungen sind Nightcrawler, der Sundance-Gewinner Whiplash und Clint Eastwoods Der Scharfschütze, die auch schon von der ACE für ihren Schnitt nominiert wurden und insgesamt im Rennen immer mehr an Fahrt dazugewinnen. Ich bin davon überzeugt, dass mindestens zwei von diesen drei bei den Oscars als "Bester Film" nominiert sein werden. Foxcatcher, der sowohl hier als auch bei den Golden Globes nominiert wurde, sehe ich trotzdem nicht als einen besonders ernstzunehmenden Kandidaten, da er von anderen Filmen überschattet wird.
Interessant ist auch ein Blick auf die Nominees für den "Besten Dokumentarfilm". Hier fehlt der größte Favorit, die Edward-Snowden-Doku CitizenFour, doch das überrascht nicht sonderlich. Die Überschneidung zwischen der PGA und den Oscars beim Doku-Oscar ist gering. So war letztes Jahr keiner der für den Oscar nokminierten Dokumentarfilme zuvor von der PGA nominiert gewesen. Im Jahr davor waren es nur zwei.
Die Gewinner der 26. Producers Guild Awards werden am 24. Januar in Los Angeles bekanntgegeben werden. Wer hier gewinnt, hat auch beste Chancen auf den Oscar. In den letzten 25 Jahren zeichnete die PGA 18-mal den späteren Oscarsieger aus (letztes Jahr gab es erstmals einen Gleichstand, zwischen Gravity und 12 Years a Slave). Das letzte Mal lag die PGA 2006 daneben, als sie Little Miss Sunshine prämierte, später aber Departed – Unter Feinden bei den Oscars gewann.