Kultregisseur Quentin Tarantino ist immer wieder für eine Überraschung gut doch die neuste dürfte seinen zahlreichen Fans wenig gefallen: Er hat seinen zehnten und letzten Film The Movie Critic, das er seit dem letzten Jahr entwickelt und an dem er zum dritten Mal mit Brad Pitt zusammenarbeiten wollte, kurzerhand abgesagt. Einen besonderen Grund gibt es dafür nicht, er hat es sich einfach anders überlegt und möchte seine Regiekarriere im Kino nicht mit diesem Film beenden. Also fängt er noch mal von vorne an und sucht nach Inspiration für den Film, mit dem er sein Vermächtnis im Kino abschließen will.
Tarantinos ursprüngliche Inspiration für den Film war ein wenig bekannter, zynischer Filmkritiker, dessen scharfsinnigen Rezensionen Tarantino in seiner Jugend in einem zweitklassigen Pornoheft gelesen hat. Der Film sollte in Kalifornien im Jahr 1977 spielen, also in einem ähnlichen Setting wie sein letzter Film Once Upon a Time in Hollywood. Tarantino plante, Szenen aus einigen bekannten Filmen aus der damaligen Zeit komplett nachzudrehen, darunter von Der Mann mit der Stahlkralle. Für einen Gastauftritt wollte Tarantino Superstar Tom Cruise in dem Film haben, der seine zweite Wahl für Brad Pitts Rolle in Once Upon a Time in Hollywood war.
Doch während der Vorbereitung des Films verwandelte sich das Projekt allmählich in ein direktes Prequel oder Sequel zu Once Upon a Time in Hollywood mit Pitt wieder in seiner oscarprämierten Rolle als Stuntman Cliff Booth. Tarantino veröffentlichte 2021 eine Romanadaption seines Drehbuchs zu Once Upon a Time in Hollywood, in der er tiefer in Booths Vorgeschichte und Psyche eingetaucht ist. Der Charakter hat ihn offenbar seitdem nicht losgelassen und The Movie Critic wäre fast das erste Sequel oder Prequel seiner Karriere geworden (wenn man Kill Bill als einen Film betrachtet, wie Tarantino es tut).
The Movie Critic sollte kommenden August einen Tag lang symbolisch in Los Angeles gedreht werden, damit das Projekt sich für einen $20,5 Millionen Förderzuschuss von Kalifornien qualifiziert. Die eigentlichen Dreharbeiten sollten erst 2025 beginnen. Dieser Plan ist jetzt jedoch vom Tisch. In den letzten Wochen beschlichen Tarantino Zweifel an dem Projekt und er hat es schlussendlich ganz verworfen.
Damit ist es wieder völlig offen, mit welchem Film Tarantino seinem Werk die Krone aufsetzen wird und wann wir ihn zu sehen bekommen. Die vor über zehn Jahren selbst auferlegte und zugegebenermaßen arbiträre Begrenzung von zehn Filmen erhöht natürlich ungemein den Druck, dass der finale Film ein Volltreffer werden muss und möglicherweise Tarantinos letzte Chance, endlich den Regie-Oscar zu gewinnen, für den er bereits dreimal erfolglos nominiert war.
Bevor Ihr jedoch den Film betrauert, den Ihr vielleicht nie zu sehen bekommen werdet, solltet Ihr daran denken, dass The Movie Critic nicht der erste Film ist, den Tarantino abgesagt hat. Als sein ursprüngliches Drehbuch zu The Hateful 8 ins Internet durchgesickert ist, war Tarantino über diesen Verrat so erzürnt, dass er den Film auf Eis gelegt hat. Nach extrem erfolgreichen öffentlichen Lesungen des Skripts schöpfte er jedoch wieder Mut, schrieb den Film um und drehte ihn ein Jahr später. Vielleicht wird dasselbe auch mit The Movie Critic passieren. Vielleicht aber auch nicht. In jedem Fall darf man gespannt sein, wann und womit Tarantino sich verabschieden wird.
Quellen: The Hollywood Reporter, Deadline