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Quelle: The Hollywood Reporter
Eigentlich könnte sich Bryan Singer aktuell auf dem Höhepunkt seines Erfolgs als Regisseur befinden. Seine Freddie-Mercury-Filmbiografie Bohemian Rhapsody wurde als "Bester Film" bei den Oscars nominiert, gewann vier Goldstatuen und spielte weltweit mehr als $900 Mio ein – mehr als jeder seiner X-Men-Blockbuster! Doch Singer ist in Hollywood zu einer persona non grata geworden, Teil einer immer länger werdenden Liste im Zuge der #metoo-Bewegung. Im Januar veröffentlichte US-Zeitschrift The Atlantic ein belastendes Exposé, in dem vier Männer dem Regisseur vorwarfen, sich an ihnen als Minderjährige vergangen zu haben. Bereits 1997, 2014 und 2017 gab es vergleichbare Vorwürfe, von denen die letzten zwei auch zu Klagen führten. Singer stritt alle Vorwürfe ab und warf dem The-Atlantic-Journalisten Homophobie vor, doch der Schaden war getan.
Nicht geholfen hat auch sein Verhalten am Set von Bohemian Rhapsody, der dazu geführt hat, dass er zwei Wochen vor Drehschluss gefeuert und durch Dexter Fletcher ersetzt wurde. Da er davor aber den Großteil des Films bereits im Kasten hatte, wurde er weiterhin offiziell als alleiniger Regisseur des Films geführt, auch wenn er in so gut wie allen Dankesreden während der Oscar-Saison unerwähnt geblieben ist. Man hätte fast den Eindruck bekommen können, Bohemian Rhapsody sei ohne Regisseur entstanden, eine filmische unbefleckte Empfängnis sozusagen.
Die sich häufender Vorwürfe gegen Singer führten dazu, dass die British Academy of Film and Television Arts seinen Namen als Nominee für Bohemian Rhapsody entfernte. Die Gay & Lesbian Alliance Against Defamation (GLADD), eine Non-Profit-Organisation von LGBT-Aktivisten, zog die Nominierung für Bohemian Rhapsody zurück, mit der Begründung, dass die Vorwürfe gegen Singer zunächst eingehend untersucht werden müssen. Singer wurde von keinem Gericht, sondern von der öffentlichen Meinung verurteilt.
Das kostete ihm auch einen sehr lukrativen Regieauftrag. Letztes Jahr war der Flmemacher im Gespräch für das Red-Sonja-Reboot von Millennium Films, der Produktionsfirma hinter The Expendables und Killer’s Bodyguard. Produzent Avi Lerner wollte auf die Erfolgswelle von Wonder Woman aufspringen und die schwertschwingenden Heldin, die 1985 von Brigitte Nielsen verkörpert wurde, wieder in die Kinos bringen. Ashley Edward Miller (X-Men: Erste Entscheidung) schrieb das Drehbuch und Singer wurde angeblich eine gigantische Gage in Höhe von $10 Mio für die Regie angeboten (das ist mehr als beispielsweise Patty Jenkins' Gage für Wonder Woman 1984). Sogar nach den Vorwürfen hielt Produzent Avi Lerner zunächst zu Singer. Doch der negative Ruf des Regisseurs führte dazu, dass Lerner keinen Vertrieb für den Film in Nordamerika finden konnte. Als Konsequenz ließ er ihn Singer fallen und Red Sonja wurde vorerst vom Plan der Produktionsfirma genommen.
Es wird sicherlich nur ein Stolperstein und nicht das Ende für Red Sonja, doch das Reboot wird wohl nicht so schnell kommen, wie von Lerner zunächst geplant.