Quelle: Screen Actors Guild of America
Nachdem die Producers Guild Awards uns mit Birdmans Triumph eine handfeste Überraschung serviert haben, verlief die Preisverleihung der Schauspielergewerkschaft Screen Actors Guild (SAG) letzte Nacht größtenteils im Rahmen der Erwartungen und entsprach zumindest im Bereich "Film" dem bisherigen Konsens – mit einer kleinen Ausnahme.
Während Julianne Moore (Still Alice), Patricia Arquette (Boyhood) und J.K. Simmons (Whiplash) ihre Positionen als glasklare Oscarfavoriten in ihren Kategorien mit den Siegen hier gefestigt haben, setzte sich Eddie Redmayne mit seiner Tour-de-Force-Performance als Stephen Hawking in Die Entdeckung der Unendlichkeit gegen Michael Keaton durch und liegt damit knapp vor ihm im Oscar-Rennen. Keaton gewann zwar deutlich mehr Kritikerpreise im Vorfeld und triumphierte bei den Critics' Choice Awards, doch die Auszeichnung der SAG ist in Bezug auf die Oscars deutlich wichtiger, da hier auch etliche Academy-Mitglieder abstimmen. Bei den Golden Globes gewannen sowohl Redmayne als auch Keaton, da sie in unterschiedlichen Kategorien eingeordnet waren (jeweils "Drama" und "Komödie/Musical"). Es scheint als wäre das Rezept "Brite + wahre Geschichte + Behinderung" unschlagbar und da Redmayne auch der Favorit für den Sieg bei den bald anstehenden BAFTAs ist, wird er auch als Favorit in die Oscarnacht gehen. Noch nie hat ein Schauspieler sowohl den Golden Globe als auch den SAG Award und den BAFTA gewonnen und hat bei den Oscars verloren.
Ich erinnere mich hier an die Situation von vor sechs Jahren, als Sean Penn sich mit einer starken, aber oscartechnisch "sichereren" Performance in Milk gegen die monumentale Darbietung von Mickey Rourke in The Wrestler durchsetzte. Es wäre sehr schade, wenn Keaton bei den Oscars leer ausgeht, da er nicht nur die mutigere Performance dargeboten hat, sondern auch weil es vielleicht seine einzige Chance ist, von den Oscars anerkannt zu werden. Eine perfektere Rolle wird er wohl kaum jemals spielen.
Nichtsdestotrotz ging Birdman nicht leer aus und gewann den Preis für das "Beste Ensemble", den man auch als die wichtigste Auszeichnung des Abends sehen kann, da sie häufig mit dem Oscar für den "Besten Film" korreliert. In den letzten 20 Jahren kam es lediglich zweimal vor, dass ein Film sowohl von der PGA ausgezeichnet wurde als auch von der SAG für sein Ensemble und bei den Oscars den großen Preis nicht gewann – Apollo 13 (verlor gegen Braveheart) und Little Miss Sunshine (verlor gegen Departed – Unter Feinden). Birdman ist sogar noch besser als die beiden aufgestellt, denn deren größte Schwäche war, bei den Oscars für ihre Regie nicht nominiert gewesen zu sein. Das trifft auf Birdman nicht zu und deswegen wird das Rennen zwischen Birdman und Boyhood nun doch sehr interessant. Zwar sehe ich Boyhood immer noch als Favoriten (er wird vermutlich die Preise der Regiegewerkschaft und der Autorengewerkschaft gewinnen), doch ein Spaziergang wird es für Richard Linklaters Film doch nicht.
Unten könnt Ihr alle Nominierungen und Sieger (in grün) des Bereichs "Film" auf einen Blick sehen
Kino
Bester Hauptdarsteller
Steve Carell (Foxcatcher)
Benedict Cumberbatch (The Imitation Game)
Jake Gyllenhaal (Nightcrawler)
Michael Keaton (Birdman)
Eddie Redmayne (Die Entdeckung der Unendlichkeit)
Beste Hauptdarstellerin
Jennifer Aniston (Cake)
Felicity Jones (Die Entdeckung der Unendlichkeit)
Julianne Moore (Still Alice)
Reese Witherspoon (Wild – Der große Trip)
Rosamund Pike (Gone Girl)
Bester Nebendarsteller
Robert Duvall (Der Richter – Recht oder Ehre)
Ethan Hawke (Boyhood)
Edward Norton (Birdman)
Mark Ruffalo (Foxcatcher)
J.K. Simmons (Whiplash)
Beste Nebendarstellerin
Patricia Arquette (Boyhood)
Keira Knightley (The Imitation Game)
Emma Stone (Birdman)
Meryl Streep (Into the Woods)
Naomi Watts (St. Vincent)
Bestes Ensemble
Birdman
Boyhood
Grand Budapest Hotel
The Imitation Game
Die Entdeckung der Unendlichkeit
Bestes Stunt-Team
Herz aus Stahl
Der Hobbit – Die Schlacht der fünf Heere
Get On Up
Unbroken
X-Men – Zukunft ist Vergangenheit
Waren die Filmpreise gleich verteilt (kein Film gewann mehr als einen), gab es im Bereich "Fernsehen" zwei klare Sieger: Netflix und dessen Serie "Orange is the New Black". "Orange is the New Black" war der einzige Gewinner des Abends mit zwei Auszeichnungen, darunter für das tolle Ensemble und Uzo Aduba als "Beste Darstellerin einer Comedyserie". Ob "Orange" sich wirklich als Komödie qualifiziert, sei dahingestellt, doch ich freue mich sehr über diese zwei sehr verdienten Auszeichnungen, insbesondere nachdem Aduba bei den Golden Globes gegen Joanne Froggatt aus "Downton Abbey" den Kürzeren ziehen musste. Einen weitere Sieg verbuchte Netflix mit der Auszeichnung von Kevin Spacey für "House of Cards" (er gewann kürzlich schon bei den Golden Globes), seine insgesamt dritter SAG Award, nachdem er als Hauptdarsteller und als Teil des Ensembles zwei Preise für American Beauty gewinnen konnte. Zwar ist Spacey zweifelsohne großartig in der Politserie, doch es ist sehr schade, dass "True Detective" abermals leer ausging.
Ein wenig überraschend war der Sieg von "Downton Abbey" für das "Beste Ensemble einer Dramaserie". Es ist bereits die zweite Auszeichnung für "Downton Abbey" in dieser Kategorie, womit sie jetzt mit Serien wie "The West Wing – Im Zentrum der Macht", "Die Sopranos", "Mad Men" und "Six Feet Under" auf gleicher Ebene steht.
Hier sind alle Nominees und Sieger (in grün) im Überblick: