Leonard Nimoy und William Shatner in "Raumschiff Enterprise" © CBS Television
Quelle: Bulletproof Screenwriting Podcast
Es ist eins der interessantesten "was wäre wenn"-Filmprojekte Hollywoods aus den letzten Jahren, deren Verwirklichung wir vielleicht nie erleben werden: Quentin Tarantinos Star-Trek-Film. Cineasten, Trekkies und Tarantino-Jünger haben nicht schlecht gestaunt, als 2017 plötzlich bekannt wurde, dass der Kultregisseur einen Star-Trek-Kinofilm in Angriff genommen hat. Es ist kein Geheimnis, dass Tarantino selbst ein Trekkie ist, doch er hat nie zuvor mit etablierten Franchises gearbeitet und immer sein eigenes Ding durchgezogen. Die Reaktionen waren gemischt. Einige Filmfans waren von der Vorstellung begeistert, dass Tarantino dem Star-Trek-Universum seinen Stempel aufdrücken würde, andere fanden, dass sein Stil zu Star Trek gar nicht passen würde, und andere wiederum hätten es lieber, dass Tarantino seine Kreativität auf komplett originelle Projekte richten würde.
So schräg wie ein Tarantino-Trek auch klang, die Idee nahm schnell Fahrt auf und fand mit dem Drehbuchautor Mark L. Smith (The Revenant) einen Mitstreiter für Tarantino. Tarantino spielte mit dem Gedanken, selbst Regie zu führen und Star Trek vielleicht zu seinem finalen Film zu machen (da er weiterhin am Vorsatz festhält, nach zehn Filmen aufzuhören). Doch seine anfängliche Begeisterung erlosch allmählich und in seinen jüngsten Interviews betonte er es, dass er es für sehr unwahrscheinliche halte, dass er Star Trek inszenieren würde. Auch Paramount bewegte sich in eine andere Richtung. Nach einem gescheiterten Versuch mit Noah Hawley als Autor und Regisseur wurde nun ein neuer Star-Trek-Kinofilm für Juni 2023 terminiert, mit Matt Shankman ("Game of Thrones") als Regisseur und Geneva Robertson-Dworet und Lindsey Beer als Autorinnen. Anstelle der gewagteren Ansätze von Tarantino und Hawley soll der neue Film eine direkte Fortführung des bisherigen Kelvin-Universums von J.J. Abrams werden.
Man kann also nur mutmaßen, was Tarantino für seine Star-Trek-Vision vorgehabt hätte. Es ist durchgesickert, dass auch wenn Smith und nicht Tarantino der hauptsächliche Autor des Drehbuchs war, der Film dennoch sehr tarantinoesk gewesen wäre und im Gangstermilieu spielen würde. Die "Raumschiff Enterprise"-Episode "Epigonen" (OT: "A Piece of Action"), in der die Enterprise-Crew auf einem Planeten landet, dessen außerirdische Kultur der Gangsterwelt von Chicago der zwanziger Jahre nachempfunden ist, sollte als Inspiration für Tarantinos Idee gedient haben.
In einem Podcast ist Smith kürzlich auf Tarantinos Pläne eingegangen und hat erzählt, wie er zum Projekt hinzugestoßen ist:
Es kam über J.J. Abrams, über Bad Robot, zustande. Ich habe einige Sachen mit ihnen zusammen gemacht. Also bringen sie mir immer Material… Aber Tarantino war es, der es tun wollte. Also haben wir uns alle in einem Raum versammelt und darüber gesprochen, wie wir es machen könnten. Danach haben sie mich einfach angerufen und gesagt: "Hey, willst du es machen? Quentin möchte es mit dir zusammen machen." Und ich meinte: "Yeah". Und das war der erste Tag, an dem ich Quentin getroffen habe, in einem Raum, in dem er eine Szene vorgelesen hat, die er geschrieben hat, und es war diese fantastische, coole Gangsterszene, und er spielte sie durch. Ich habe ihm später gesagt, dass ich so sauer war, dass ich es nicht auf meinem Handy aufgenommen habe. Es wäre so wertvoll gewesen. Es war großartig. Wir haben danach einfach mit der Arbeit begonnen. Ich hing in seinem Haus eines Nachts ab und wir haben uns alte Gangsterfilme angeschaut. Wir haben viele Stunden damit verbracht… Wir haben uns einfach Gangsterfilme angeschaut, über die schlechten Dialoge gelacht, aber auch darüber gesprochen, wie es zu dem passen würde, was wir tun wollten.
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Kirk ist dabei. All die Charaktere sind dabei. Es wäre diese Crew gewesen. Ich schätze, man würde es wie eine eigenständige, unverknüpfte Episode der Serie sehen. Es wäre praktisch eine eigene Episode. Es gab ein wenig Zeitreisen im Plot. Es gab auch viel Anderes… es ist echt abgefahren.
Smith hält es nicht für ausgeschlossen, aber auch nicht für sehr wahrscheinlich, dass Tarantinos Film irgendwann das Licht der Kinoprojektoren erblicken wird:
Ich gebe dem eine zehnprozentige Chance, dass es je zustandekommen wird. Es ist eine dieser Sachen, die nicht einfach für ihn umzusetzen sind, aber wenn er es wirklich will… Er hat diese selbstauferlegten Begrenzungen. Er meinte zu mir: "Tja, ich kann sagen, dass es kein Originalfilm ist, sodass er nicht zu meinen angesagten zehn zählen würde." Ich würde es lieben, wenn der Film gemacht werden würde. Mein Gott, das wäre so aufregend… Ich drücke die Daumen, dass es ihm so langweilig werden wird, dass er es macht.
Smith hat außerdem bestätigt, dass der Film sehr gewalttätig gewesen wäre und ein hartes R-Rating nach sich gezogen hätte – ein Umstand, der einigen Trekkies vermutlich Bauchschmerzen bereitet hätte:
Leute wie Quentin können Sachen machen, die der Rest von uns nicht tun kann. Also werden sie ihm vertrauen, weil sie wissen, dass sie dafür etwas bekommen, worüber man noch in vielen Jahren reden wird. Und so ist es auch. Das Drehbuch, ist so tarantinoesk, und es wäre mit einem harten R-Rating und es ist brutal. Es hat all die großartigen Elemente. Und ich schätze, dass Paramount viele verschiedene Dinge gemacht hat und bei Star Trek die Richtung gewechselt hat. Vermutlich denken sie, dass Tarantino es wert ist, vom üblichen Pfad abzuweichen, zu dem man immer zurückkehren kann.
Glaubt Ihr, dass Tarantino Star Trek gut getan hätte, oder dass er in Gene Roddenberrys Universum fehl am Platze gewesen wäre?