Stephen Gaghan am Set von Syriana (2005) © Warner Bros. Pictures
Quelle: AMC
Manchmal verschwinden vielversprechende Talente überraschend von der Bildfläche, dass man sich fragen muss, was zu einer abrupten Pause in der Karriere geführt hat. Manchmal merkt man das aber auch erst rückblickend. So wie jetzt, als angekündigt wurde, dass der Syriana-Regisseur und Oscarpreisträger Stephen Gaghan für AMC, den Heimatsender von "Breaking Bad", "Mad Men" und "The Walking Dead", die Pilotfolge der brisanten geopolitischen Dramaserie "White City" inszenieren wird. Sicherlich eine sehr passende Wahl, wenn man bedenkt, dass die brisante Thematik Gaghan bereits bei seiner zweiten Regiearbeit, Syriana, sehr interessiert hat und auch seine Drehbücher zu Rules – Sekunden der Entscheidung und Traffic waren politisch geladener Stoff. Gleichzeitig ist mir auch bewusst geworden, wie lange man von Gaghan nichts gehört hat.
Mit dem Erfolgen von Rules – Sekunden der Entscheidung und Traffic im Jahre 2000 katapultierte sich Gaghan unter die gefragtesten Autoren Hollywoods, insbesondere nachdem er für Traffic auch den Drehbuchoscar gewann. Fünf Jahre später inszenierte er mit Syriana einen weiteren Erfolg, für den George Clooney seinen Oscar bekommen hat. Doch nach Syriana war vorerst Schluss. Sein einziges Werk war seitdem seine Autorenarbeit an "Call of Duty: Ghosts". Weder im Kino noch im Fernsehen bekam man von ihm etwas zu sehen. Das soll sich nun mit "White City" ändern.
Die Serie ist eine Schöpfung des Romanautors und Journalisten Nick McDonell, der für das TIME Magazine aus Irak und Afghanistan berichtet hat, und des Journalisten John Dempsey, der lange Zeit in Kabul gelebt hat. In dieser Stadt soll "White City" spielen und von der nahezu surrealen Welt der Expats in Afghanistan handeln. Die Hauptfigur ist Jon Liston, ein Kriegsjunkie, der den Großteil des vergangenen Jahrzehnts in Kabul verbrachte und sich stets in der ersten Reihe befand, wenn es um das Gemetzel ging. Im Pilotfilm schießt er über das Ziel hinaus, wenn er versucht, mit den Anführern der Aufständischen in Dialog zu treten – trotz der gegenteiligen Ratschläge von der US-Botschaft, der Stammesführer und der französischen Journalistin, mit der er liiert ist. Seine Handlungen ziehen tragische Folgen nach sich und nun muss er eine neue Rolle für sich in Kabul finden und sich seinen Schuldgefühlen, seiner Frust und seinen Zweifeln stellen, ob es irgendwas Gutes noch für ihn oder andere Westler in Afghanistan zu tun gibt.
Von der Beschreibung her, hat die Serie enorm viel Potenzial zu begeistern, aber auch viel Potenzial, so richtig in die Hose zu gehen, wen man sich eines solch komplexen und hochbrisanten Themas annimmt. Bei Stephen Gaghan sollte das Projekt in guten Händen sein.