Quelle: Sundance Film Festival
Noch wurden die 87. Academy Awards nicht verliehen, schon schielen wir auf die 88. Oscars, denn mit dem Ende des Sundance Festivals steht der erste potenzielle Kandidat fest. Obwohl das Sundance Film Festival seit über 30 Jahren existiert und als ein Ort gilt, an dem viele bekannte Filmemacher ihre ersten Erfolge feierten, galt Sundance lange nicht als das Festival, bei dem potenzielle spätere Oscarkandidaten Premiere feiern. Zu "Indie" waren immer die hier gezeigten Filme – zu klein und zu abseits des gehobenen Mainstream-Geschmacks. Doch nachdem über 25 Jahre lang kein Sundance-Preisträger als "Bester Film" bei den Oscars nominiert wurde, änderte sich das in den letzten Jahren schlagartig. Vier der letzten sechs Gewinner des Großen Preises der Jury bei Sundance (die wichtigste Auszeichnung des Festivals) wurden bei den Oscars nominiert: Precious, Winter’s Bone, Beasts of the Southern Wild und Whiplash. Doch was hat sich geändert? Ganz einfach: die Erweiterung der "Bester Film"-Kategorie bei den Oscars auf mehr als fünf Slots ermöglicht nun auch die Berücksichtigung dieser kleinen Perlen, die ansonsten untergegangen wären.
Wenn ein Film nun in Sundance groß gewinnt, muss man ihn für den Rest des Jahres im Auge behalten. Erst Recht, wenn Fox Seachlight die Vertriebsrechte für rekordträchtige $12 Mio erwirbt! Schließlich hat Fox Searchlight seit 2004 11 Filmen zu einer "Bester Film"-Oscarnominierung verholfen und hat dieses Jahr mit Grand Budapest Hotel und Birdman gleich zwei Filme im Rennen.
Beim großen Gewinner handelt es sich um Me and Earl and the Dying Girl, der zudem auch noch den Publikumspreis gewonnen hat. Dies gelang letztes Jahr auch Whiplash. Der Film von Alfonso Gomez-Rejon ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jesse Andrews und klingt zunächst einmal nach ultrakitschiger, klischeehafter Geschichte à la Das Schicksal ist ein mieser Verräter: Der verschlossene High-School-Außernseiter Greg (Thomas Mann) wird von seiner Mutter dazu ermuntert, Zeit mit seiner unheilbar an Leukämie erkrankten Mitschülerin Rachel (Olivia Cooke aus "Bates Motel") zu verbringen. Zunächst tut er das eher widerwillig, doch bald bröckelt seine Fassade und die beiden kommen sich näher. Gemeinsam mit seinem besten Kumpel Earl dreht Greg selbst Szenen aus Filmklassikern nach und muntert die kranke Rachel damit auf. Doch als ihr Zustand sich verschlimmert, kommt Greg damit nicht klar.
Ja, der Film liest sich wie eine Mischung von Michel Gondrys Abgedreht (OT: Be Kind Rewind) und einem klassischen Teenager-hat-Krebs-Filmchen wie Das Schicksal ist ein mieser Verräter, doch wenn man den Rezensionen der Romanvorlage und den Kritiken aus Sundance Glauben schenken darf, ist der Streifen alles andere als abgedroschen und rührselig, sondern aufrichtig, sehr lustig und bewegend in genau den richtigen Mengen. Ich bin interessiert und auch sicher, dass wir von dem Film im Laufe des Jahres noch häufiger hören werden.
Ein weiterer Gewinner von Sundance war das Psychohorror-Drama The Witch über eine Familie in New England des 17. Jahrhunderts, das großen Strapazen und möglicherweise einer böswilligen übernatürlichen Macht ausgesetzt ist. Regisseur Robert Eggers wurde für seine Regie von der Jury ausgezeichnet.
Die komplette Liste der diesjährigen Sieger könnt Ihr hier sehen. Ich bin gespannt, welche dieser Titel bei der Oscarverleihung 2016 eine Rolle spielen werden.