Quellen: Netflix, Yahoo! Movies
Obwohl der Film phänomenale Kritiken einheimste, Netflix keine Kosten und Mühen für die Werbekampagne scheute und den Film in mehr Kinos laufen ließ als jemals eine Eigenproduktion zuvor, scheiterte Roma doch an der letzten Hürde und verlor den "Bester Film"-Oscar an Green Book. Nichtsdestotrotz ist der Film ein Triumph für den Video-On-Demand-Anbieter und ging mit drei Oscars nach Hause, darunter für "Beste Regie" und als "Bester fremdsprachiger Film".
Die Chance auf den Hauptpreis wird Netflix sehr wahrscheinlich nächstes Jahr wieder haben, und zwar mit dem bislang prestigeträchtigsten und kostspieligsten Filmprojekt des Unternehmens. Martin Scorseses The Irishman, seine heiß erwartete Rückkehr zum Gangsterkino und seine erste Zusammenarbeit mit seinem einstigen Stammdarsteller Robert De Niro seit Casino, wird in der kommenden Oscar-Saison sicherlich für mächtig Trubel sorgen. Neben De Niro spielen in dem Film auch die Schauspiellegenden Al Pacino, Joe Pesci und Harvey Keitel mit, erstmals vereint in einem Film. Jesse Plemons ("Breaking Bad"), Anna Paquin ("True Blood") und Bobby Cannavale ("Boardwalk Empire") füllen den Rest der unglaublichen Besetzung aus.
Wohl wissend um das Potenzial des Films, hat Netflix in einem cleveren Schachzug den ersten Teaser zu The Irishman während der Oscarverleihung ausgestrahlt. Es handelt sich dabei um einen waschechten Teaser, der noch kein einziges Bild aus dem Film zeigt, sondern lediglich Pescis und De Niros Stimmen aus dem Off hören lässt. Allein ihr Austausch zusammen mit den Namen der Darsteller und des Regisseurs reichen aus, um bei allen Cineasten für Gänsehaut zu sorgen. So muss ein Teaser sein!
Der Ankündigungsteaser bestätigt die Vermutung, dass The Irishman im Herbst erscheinen wird, und bestätigt auch eine Kinoveröffentlichung für den Film neben seinem Netflix-Release. Das freut mich ungemein, denn die Vorstellung, keine Möglichkeit zu haben, einen neuen Scorsese-Film im Kino zu sehen, hat mir ganz und gar nicht gefallen.
Abgedreht ist The Irishman bereits seit fast einem Jahr, die umfassende Post-Production sorgt jedoch für eine lange Wartezeit bis zur Veröffentlichung. Grund dafür sind revolutionäre Verjüngungseffekte. Sowohl De Niro als auch Pesci und Pacino sollen ihre Figuren über mehrere Jahrzehnte verkörpern, angefangen ab einem Alter von etwa 30. Wie man in den Trailern zu Captain Marvel sehen kann, ist die Technik bereits so weit, Schauspieler überzeugend um Jahrzehnte zu verjüngen. Das hat jedoch auch seinen Preis und das Budget des Films soll auf $175-200 Mio angewachsen sein. Damit spielt The Irishman in der gleichen Liga wie die meisten Marvel-Blockbuster.
De Niro verkörpert in dem Film den berüchtigten Mafia-Killer Frank "The Irishman" Sheeran, der angeblich den Gewerkschaftsführer Jimmy Hoffa (Al Pacino) im Auftrag des New Yorker Mafiabosses Russell Bufalino (Joe Pesci) ermordet hat. Anna Paquin spielt Frank Tochter, Jesse Plemons stellt Hoffas Freund Chuckie O’Brien dar, und Harvey Keitel den Mafiaboss Angelo Bruno aus Philadelphia.
Wenn man die Beschreibung eines Mafiafilms mit De Niro und Pesci, der sich über Jahrzehnte abspielt, hört, denkt man zwangsläufig an Scorseses Meisterwerk Goodfellas. Doch Scorseses Stamm-Cutterin Thelma Schoonmaker betonte kürzlich in einem Interview, dass The Irishman und Goodfellas sehr unterschiedlich seien: (aus dem Englischen)
The Irishman ist nicht Goodfellas. Es ist das, was die Leute denken. Das ist er nicht. Es ist nicht Goodfellas. Der Film ist ganz anders. Er ist wunderbar. Die Zuschauer werden ihn lieben. Aber denkt bitte nicht, dass es Goodfellas ist, denn das stimmt nicht.
Außerdem verriet sie, dass bislang noch niemand eine komplette fertige Szene mit jüngeren Versionen von De Niro und Pacino gesehen hat:
Wir haben Ausschnitte gesehen, aber wir haben noch keine ganze Szene gesehen, in der sie jung sind, und was ich und was Marty noch sehen müssen, ist: "Welche Auswirkung hat es auf den Rest des Films, wenn man sie jung sieht?"
Neben Avengers: Endgame und Tarantinos Once Upon a Time in Hollywood gehört The Irishman eindeutig zu meinen meisterwarteten Filmen des Jahres und das dürfte vielen Filmfans ähnlich gehen. Im Gegensatz zu vielen anderen Regie-Urgesteinen Hollywoods hat Scorsese in den letzten Jahren nichts von seinem brillanten Touch verloren und war für einige der besten Filme der letzten 15 Jahre verantwortlich, darunter Departed – Unter Feinden, Hugo Cabret und The Wolf of Wall Street. The Irishman klingt nach einer perfekten Passung zwischen Projekt, Regisseur und Darstellern.