Quelle: 20th Century Studios
Der schwarzweiße Coming-Of-Age-Film Belfast von Kenneth Branagh gilt als einer der großen Favoriten im diesjährigen Oscar-Rennen und ergatterte bereits sieben Golden-Globe-Nominierungen. Branagh selbst könnte für den Film seine zweite Oscarnominierung als Regisseur (nach Henry V) erhalten. Branagh bezeichnete Belfast als den bisher persönlichsten Film seiner Karriere und drehte ihn vergangenes Jahr. In US-amerikanischen Kinos läuft Belfast bereits seit einigen Wochen, nach Deutschland kommt er voraussichtlich Ende Februar.
Doch noch lange vor Belfast, Ende 2019, drehte Branagh bereits einen anderen Film ab, der bis heute jedoch nicht veröffentlicht wurde. Tod auf dem Nil, sein zweiter Auftritt als Agatha Christies Meisterdetektiv Hercule Poirot, ist einer der am meisten verschobenen Filme im Zuge der Pandemie. Ursprünglich sollte er im Oktober 2020 in die Kinos kommen, dann im Dezember desselben Jahres, dann wurde er bis September 2021 verschoben und schließlich bis Februar 2022. Einschließlich der Startterminänderungen vor dem Corona-Ausbruch hat der von Disney bei der Übernahme von Fox vererbte Film nun insgesamt sechs Startverschiebungen hinter sich.
Die letzte davon war jedoch auch nicht der Pandemie geschuldet, sondern dem Skandal um einen der Hauptdarsteller des Films. Anfang 2021 sind Screenshots von verstörenden Chatverläufen von Armie Hammer aufgetaucht, in denen sich ein augenscheinlich kannibalistischer und gewaltsamer Fetisch abgezeichnet hat. Einige ehemalige Liebschaften des Schauspielers haben daraufhin erklärt, Hammer habe sich ihnen gegenüber gewaltsam und missbräuchlich verhalten. Ausführlich könnt Ihr den Verlauf dieses bizarren Skandals hier nachlesen. Hammer wurde daraufhin prompt von seiner Agentur entlassen und verlor Rollen in der Actionkomödie Shotgun Wedding mit Jennifer Lopez und der Miniserie "The Offer" über die Entstehung des Filmklassikers Der Pate.
Nun stand Disney natürlich vor dem großen Problem, denn Tod auf dem Nil war bereits im Kasten und Hammers Rolle darin so umfangreich, dass den Film mit einem anderen Darsteller nachzudrehen – à la Alles Geld der Welt mit Christopher Plummer statt Kevin Spacey – nicht in Frage kam. Doch wie kann man als familienfreundliches Unternehmen einen Film mit einem Hauptdarsteller rausbringen, dem so unangenehme und vrstörende Dinge vorgeworfen werden? Andererseits haben Hunderte andere Menschen an dem Film gearbeitet, rund 90 Millionen US-Dollar wurden als Budget investiert und der Vorgänger Mord im Orient Express war mit mehr als $350 Mio Einspiel ein großer Hit. Den Film ganz zu streichen war also auch keine Option. Also verschob das Studio Tod auf dem Nil weiter nach hinten, in der Hoffnung, dass die Wogen sich glätten, die Menschen Hammers Skandal vergessen und sich lediglich auf einen neuen Poirot-Fall freuen.
Nun hat Disney einen neuen Trailer zu Tod auf dem Nil veröffentlicht, den insgesamt dritten zu dem Film, und Hammers Screentime darin wird denkbar minimal gehalten, während der Fokus vor allem auf Branagh als Poirot sowie seine Co-Stars Gal Gadot (Wonder Woman) und Emma Mackey ("Sex Education") bleibt:
Deutscher Trailer
Originaltrailer
In Tod auf dem Nil wird Poirot während einer Nil-Kreuzfahrt auf dem luxuriösen Dampfer Karnak von der schönen Millionenerbin Linnet Ridgeway hilfesuchend angesprochen, die sich von ihrer ehemaligen besten Freundin Jacqueline de Bellefort verfolgt und bedroht fühlt, nachdem sie deren ehemaligen Verlobten Simon Doyle geheiratet hat. Gal Gadot spielt in dem Film Ridgeway, Hammer verkörpert Doyle und Mackey de Bellefort. Der Roman wurde bislang zweimal adaptiert – einmal 1978 fürs Kino mit Peter Ustinov als Poirot, und einmal im Rahmen der Serie "Agatha Christie’s Poirot" mit David Suchet. Dass Tod auf dem Nil die nächste Christie-Adaption mit Branagh als Poirot werden würde, deutete schon das Ende von Mord im Orient Express an, an dem Poirot von einem britischen Abgesandten gebeten wird, einen Todesfall auf dem Nil zu untersuchen.
Russell Brand (Männertrip), Rose Leslie ("Game of Thrones"), Annette Bening (American Beauty), Letitita Wright (Black Panther) und Sophie Okonedo (Hotel Ruanda) ergänzen das namhafte Ensemble des Films. Tom Bateman kehrt ins seiner Rolle als Bouc aus Mord im Orient Express zurück.
Am 10.02.2022 soll der Film endlich unsere Kinos erreichen, vorausgesetzt Omikron macht ihm keinen Strich durch die Rechnung. Armie Hammer hin oder her, ich freue mich auf zwei Stunden klassischer, altmodischer Krimi-Unterhaltung mit Kenneth Branagh. Falls Ihr vorher noch die erste Adaption mit Peter Ustinov auf der großen Leinwand erleben wollt, sie wird deutschlandweit einmalig am 4. Januar wiederaufgeführt.
Unten findet Ihr noch zwei Plakate zu dem Film: