Viele Serien glänzen durch einen bestimmten Aspekt oder durch mehrere. Bei einigen wenigen Serien kommt der perfekte Sturm zusammen. Da trifft geniale Regie auf tolle Drehbücher und vielschichtige Charaktere treffen auf Schauspieler in Höchstform. Eine solche Idealsituation mache "True Detective" zu der ultimativen Pflicht-Serie im Jahr 2014. Das Ein-Mann-Team Nic Pizzolatto, zuvor eine im Seriengeschäft völlig unbekannte Figur, injizierte dem angestaubten Krimiserien-Genre eine gewaltige Ladung Adrenalin und brachte es zum neuen Leben und zu ungeahnten Höhen. Philosophie traf auf Horrorelemente, psychische Traumata auf ein mythologisches Konstrukt. Hochspannung wechselte sich mit gut bedachten Charaktermomenten ab. Wie gebannt verfolgten ich und Millionen weitere Fans die acht Folgen und fast zwei Jahrzehnte umspannende Jagd von Woody Harrelson und Matthew McConaughey nach dem König in Gelb von Carcosa. Als die Auflösung am Ende kam, war sie fast schon nebensächlich (und wurde daher von einigen als Enttäuschung empfunden), denn im Grunde ging es in "True Detective" um deutlich mehr als nur die Suche nach einem verrückten Serienkiller. Es war eine Serie über den Sinn und Unsinn des Lebens, aber vor allen Dingen über eine komplizierte Männerfreundschaft, mit ihren Höhen und Tiefen. Rust und Marty haben sich einen Platz in der Fernsehgeschichte als eins der besten Ermittler-Duos aller Zeiten verdient.
Nach dem überragenden Erfolg der Serie war eins klar: es wird weitergehen. In den Monaten nach dem Ende der ersten Staffel im März 2014 schwirrten im Internet endlose Gerüchte über die neue Staffel herum. Manche, die sofort als Humbug abgetan werden konnten, andere, die Fanherzen (meist umsonst) höher schlagen ließen (wie beispielsweise Brad Pitts Beteiligung an der zweiten Staffel). Gefühlt wurde jeder dritte Schauspieler Hollywoods im Alter zwischen 30 und 45 mit einer potenziellen Rolle in der zweiten Staffel in Verbindung gebracht, von Christian Bale über Joaquin Phoenix und Michael Fassbender bis Josh Brolin. Eins sei verraten: niemand von ihnen ist es geworden. Über den Plot der zweiten Staffel ließ der Serienschöpfer Pizzolatto nur einen ominösen Satz fallen: die Season würde von "harten Frauen, bösen Männern und der geheimen okkulten Geschichte des US-amerikanischen Transportsystems handeln". Na wenn das so ist…
Über keine andere Serie haben wir im Sommer und im Herbst vermutlich so viel berichtet, wie über "True Detective". Manche der Meldungen erwiesen sich als falsch, andere bestätigten sich später. Irgendwann verliert man allerdings den Überblick und es fällt zunehmend schwer, zwischen Gerüchten, Vermutungen, Wunschdenken und Fakten zu unterscheiden. Daher werde ich nun alle Fakten zur kommenden Staffel der HBO-Serie geordnet zusammenfassen.
Das Grundgerüst:
"True Detective" funktioniert nach einem Miniserien-Prinzip, vergleichbar mit "American Horror Story", jedoch ohne die gleichen Schauspieler zu verwerten. Die zweite Staffel wird ein neues Setting haben, brandneue Charaktere, neue Darsteller und natürlich einen neuen Mordfall. Gleich bleibt, dass es wieder acht Folgen sein werden.
Die Handlung:
Der Katalysator für die polizeilichen Ermittlungen in der dritten Staffel wird keine Mordserie eines Serienkillers sein, sondern ein ganz bestimmter Mordfall. Das Opfer ist der 52-jährige korrupte Stadtrat einer fiktiven kalifornischen Stadt, Ben Caspar. Seine brutal zugerichtete und mit okkulten Symbolen versehene Leiche wird am Pacific Coast Highway, nahe Big Sur, gefunden und ruft mehrere Behörden auf den Plan. Verdächtigerweise geschah der Mord inmitten des Abschlusses eines potenziell bahnbrechenden Verkehrs-Deals, der das Problem der Autobahn-Staus im Staat dauerhaft lösen würde. Drei verschiedene Strafverfolgungsbehörden aus unterschiedlichen Städten und Zweigen der Regierung bekommen die Aufgabe, den Täter ausfindig zu machen. Sie finden bald heraus, dass das Opfer eine Vorliebe für harten Sex hatte und möglicherweise in etwas Okkultes involviert war. Ihre Ermittlungen haben viel gravierendere und düsterere Implikationen, als sie sich vorstellen konnten.
Wer sind die Hauptcharaktere und wer spielt sie:
Anstatt eines Ermittler-Duos bekommen die Seriengucker diesmal ein Trio von "echten Detectives" serviert – zwei Männer und eine Frau. Colin Farrell, der als erster Schauspieler der Staffel besetzt wurde, spielt Ray Velcoro, dessen Loyalität zwischen seinen korrupten Vorgesetzten und einem Gangster, der über ihn verfügen kann, hin- und hergerissen ist. Sine Figur wird als emotional verkrüppelt beschrieben, mit einem Aggressions- und einem Kokainproblem. Außerdem soll er einmal suspendiert worden sein, weil er einer jungen Frau im Austausch für eine sexuelle Gefälligkeit keinen Strafzettel verpasst hat. Der zweite Mann im Bunde ist der Kriegsveteran und Motorradpolizist Paul Woodrugh, gespielt vom Savages-Star Taylor Kitsch. Er hat bereits viel Gewalt und Zerstörung in seinem Leben gesehen und versucht einer dunklen Vergangenheit zu entkommen sowie einem Skandal, der eigentlich nie passiert ist. Abgerundet wird das Ermittler-Team durch Rachel McAdams als Ani Bezzerides, ein Detective aus Ventura County. Ihr kompromissloses Ethos bringt sie in Konflikt mit anderen und mit dem System, dem sie dient. Ihre problematische Kindheit und Jugend trieben sie zu einem Glücksspiel- und Alkoholproblem.
Doch es gibt auch eine vierte Hauptfigur, einen Antagonisten, gespielt von Vince Vaughn. Der Charakter trägt den Namen Frank Semyon und ist ein ehemaliger Berufskrimineller, der vor dem Verlust seines Imperiums steht, nachdem der Geschäftspartner in seinem legalen Geschäft ermordet wird. Er arbeitet mit dem örtlichen Bürgermeister und seinen politischen Verbündeten zusammen, um den Bau einer Hochgeschwindigkeitszugverbindung voranzutreiben, die den Norden mit dem Süden von Kalifornien verbinden würde. Er hofft durch Bundeszuschüsse und Landkäufe zu profitieren. Angeblich wurde die Figur von Pizzolatto speziell für Vaughn geschrieben, der hier unter Beweis stellen soll, dass er mehr als nur herumblödeln kann.
Außerdem noch dabei:
Mehrere Schauspielerinnen und Schauspieler wurden in Nebenrollen gecastet, darunter zahlreiche junge Frauen. Eine der prominentesten Rollen soll Kelly Reilly (Flight) spielen – Frank Semyons Frau Jordan, eine ehemalige viertklassige Schauspielerin, die seine großen Ambitionen teilt. Abigail Spencer spielt Alicia, Rays Ex-Frau, die noch die Narben eines sexuellen Übergriffs mit sich trägt und mit Ray um das Sorgerecht für ihren gemeinsamen 8-jährigen Sohn kämpft. Leven Rambin (Die Tribute von Panem – The Hunger Games) soll Sophia Woodrugh darstellen, Pauls wunderschöne, aber labile Ehefrau, mit einer Drogen-Vergangenheit.
Pauls Mutter, Nancy Simpson, spielt Lolita Davidovich: Nancy ist ein kettenrauchendes und Margaritas-schlüferndes ehemaliges Showgirl, das dem Verlust ihrer Anziehungskraft auf Männer nachtrauert. Ihre Hoffnungen projiziert sie auf ihren Sohn, der in ihren Augen Gottes Geschenk an die Frauenwelt ist. In einer weiteren Nebenrolle wird Michael Irby zu sehen sein als Elvis Ilinca, der gewissenhafte und pflichtbewusste Partner von Rachel McAdams' Figur. Er soll in fünf bis sechs Folgen der neuen Staffel auftreten. James Frain ("True Blood") wird den skrupellosen Polizisten namens Jeff Hunt spielen.
Die Newcomerin Adria Arjona soll Emily, die Freundin von Taylor Kitschs Figure spielen (Moment, ist er nicht verheiratet?). Michael Hyatt ("The Wire") spielt die ehrgeizige Staatsanwältin Katherine Davis (ja, trotz des Vornamens, ist es eine Schauspielerin). Yara Martinez übernimmt eine wiederkehrende Rolle von Andrea, einer mexikanisch-stämmige Gastwirtin.
Wen haben wir noch? Afemo Omilami übernahm letzten Monat eine Dauerrolle als Polizeichef Holloway. Auf die Seite der Bösen schlägt sich Chris Kerson als Nails, ein loyales Mitglied von Frank Semyons Gang, der seinen Spitznamen bekam, nachdem er einen Angriff mit einem Bolzenschussgerät überlebt hat. Der Makusa-Darsteller aus "Dexter", C.S. Lee, wurde als Richard Geldoss, ein ehrgeiziger Generalstaatsanwalt, besetzt. Jon Lindstrom ("Castle") wird Glenn Ellinger darstellen, einen "patrizischen Geschäftsmann, der seine große Macht nach außen selten zeigt, wie aber sehr gezielt einsetzt".
Zu guter Letzt wurden noch der Musiker Rick Springfield in einer bislang nicht näher beschriebenen Rolle besetzt und die junge Schauspielerin Ashley Hinshaw (Chronicle) als ein Filmsternchen mit Problemen.
Was verraten uns diese Figurenbeschreibungen der Nebenbesetzung? Politik, Geschäfte und das Justizsystem werden offensichtlich eine sehr große Rolle in der zweiten Staffel spielen.
Hinter der Kamera:
Wie schon bei der ersten Staffel, schreibt Nic Pizzolatto wieder im Alleingang alle acht Folgen. Vielleicht hat das ja auch zur Folge, dass die Dreharbeiten deutlich später angefangen haben, als ursprünglich geplant. Übernimmt sich der gute Mann womöglich?
Anders wird es auf dem Regiestuhl aussehen. Inszenierte Cary Joji Fukunaga in der ersten Season noch alle Folgen (und gewann dafür den wohlverdienten Emmy), werden drei oder vier verschiedene Regisseure die zweite Season zum Leben bringen. Doch wer? Angekündigt ist bislang nur der Fast-&-Furious-Regisseur Justin Lin für die ersten beiden Episoden. Da aber die Dreharbeiten zu der Serie schon seit einigen Wochen laufen, müssten doch die anderen auch feststehen, oder? HBO lässt nichts auch außen durchsickern. Regielegende William Friedkin hat in Vergangenheit erzählt, dass er sich mit Pizzolatto wegen eines möglichen Regie-Spots getroffen habe. Außerdem sei HBO wohl an den Diensten von Andrew Dominik (Killing Them Softly) interessiert gewesen, er ist aber zu beschäftigt mit seinen eigenen Projekten.
Wo spielt die zweite Staffel:
Wir sind nicht länger im schwülen Süden, sondern kommen an die kalifornische Küste. Allerdings hat der Macher betont, dass die Staffel nicht in Los Angeles spielen wird, sondern in weniger bekannten Regionen von Kalifornien. Dort möchte der Autor in die "psychosphärische Stimmung" eintauchen, was auch immer das genau bedeuten mag. Von der Psychosphäre spricht übrigens McConaugheys Figur Rust Cohle in der ersten Staffel.
Wann bekommen wir die zweite Season zu sehen:
Das könnte leider noch eine ganze Weile dauern. Die erste Staffel begann ihre Ausstrahlung in den USA im Januar vergangenen Jahres, wer jedoch hofft, dass die zweite ebenfalls in den kommenden Wochen anläuft, wird bitter enttäuscht sein. Die Dreharbeiten, die eigentlich im September anlaufen sollten, fingen erst Ende November oder Anfang Dezember an. Die beste Schätzung ist, dass HBO die zweite Staffel im Sommer ausstrahlen wird, nachdem die fünfte Season von "Game of Thrones" durch ist.
Was wissen wir noch:
Nicht sehr viel. Pizzolatto und HBO sind gut darin, Geheimnisse zu hüten und Informationen den Zuschauern nur in kleinen Dosen preiszugeben. Der HBO-Programmchef Michael Lombardo erzählte vor einigen Monaten, dass die zweite Staffel zwar düster sein wird, aber nicht ganz so düster und grimmig wie die erste. Pizzolato äußerte sich selbst zu den übernatürlichen und mystischen Andeutungen der Serie. Diese will er in der zweiten Staffel etwas zurückschrauben, weil er das Gefühl hatte, dass die Zuschauer sich in der ersten Staffel zu sehr darauf fokussiert waren und es eigentlich nur eine Nebensache sei.
So weit so gut. Wenn wir mehr wissen, werdet Ihr es natürlich bei uns erfahren. Bis dahin hinterlassen wir Euch mit einer der besten Szenen aus der ersten Staffel. Sie war es ohne Zweifel, die den Ausschlag für den Regie-Emmy für Fukunaga gab.